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SPEZIAL KANZLEIEN
_PROJEKTJURISTEN
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2016
Ein weiterer Vorteil sei auch für so
manchen Projektjuristen selbst die Fle­
xibilität. „Wir haben eine Mitarbeite­
rin, die ist jedes Jahr mehrere Monate
im Ausland – und kann dann, wenn
sie hier ist, problemlos direkt in inte­
ressante juristische Projekte bei span­
nenden Unternehmen einsteigen“, so
der Perconex-Chef weiter. Auch dass
die Arbeitszeit für Projektjuristen klar
festgelegt, begrenzt und deutlich unter
den üblichen Stundenzahlen in Spitzen­
kanzleien liege, werde hochgeschätzt.
„Selbstverständlich gibt es neben
dem Einsatz im dokumentenlastigen
Commodity-Geschäft auch noch andere
Arbeitsgebiete für Projektjuristen“, hebt
Olaf Schmitt hervor. So komme es auch
immer wieder vor, dass Unternehmen
Vakanzen in ihren Rechtsabteilungen
damit überbrücken – bis hin zur Ver­
tretung des Justiziars. Durch die wach­
sende Inanspruchnahme von Elternzeit
gebe es hier einen immer größeren Be­
darf. „Unternehmen fordern öfter ein­
zelne Kollegen an, während Kanzleien
bevorzugt ganze Teams anheuern – da­
für dauern die Einsätze in Unternehmen
in der Regel länger“, so Schmitt weiter.
Arbeitsrechtliche Themen spielen
bei den Projektjuristen durchaus eine
gewisse Rolle. „Ein ganz typischer Fall
in diesem Rechtsgebiet sind Stellenab­
bauprogramme. Auch hier fallen dann
im Rahmen eines ganz klar abgegrenz­
ten Vorhabens sehr ähnliche Vorgänge
– nun eben arbeitsrechtlicher Natur
– in großer Zahl an, etwa die Verein­
barung von Aufhebungsverträgen oder
Kündigungsschutzverfahren“, sagt Olaf
Schmitt. Und dies sei eben die klas­
sische Indikation dafür, sich zusätz­
lichen Sachverstand und zusätzliche
Manpower befristet ins Haus zu holen.
„Document Review“: An der
Schnittstelle von Recht und Technik
Noch deutlich spezialisierter bedient
das Frankfurter Unternehmen Re­
thinklegal das Bedürfnis nach passend
zugeschnittenem technologisch-juris­
tischem Sachverstand für besonders
arbeitsaufwendige rechtliche Routi­
neaufgaben. „Wir verbinden das nötige
juristische Wissen mit dem passenden
technischen Know-how, um zum Bei­
spiel auch sehr umfangeiche Docu­
ment-Review-Aufgaben effizient zu
erledigen“, sagt Clas-Steffen Feuchtin­
ger. Der Rechtsanwalt ist neben dem
Geschäftsführer Stefan Beßling Mit­
gründer des Legal-Tech Unternehmens
und verantwortet unter anderem den
Bereich Recht und Audit bei Rethinkle­
gal. Das Unternehmen besteht seit 2014
und beschäftigt mittlerweile rund 20
Mitarbeiter – Diplom-, Wirtschafts- und
Volljuristen sowie IT-Experten.
„Wir sind keine Anwaltskanzlei“, hebt
Feuchtinger hervor. Man biete auch kei­
ne Rechtsberatung an, sondern man
personalmagazin:
Wo sind Sie als Projekt-
jurist gegenwärtig im Einsatz?
Martin Küper:
Derzeit bin ich bei einem
Automobilhersteller als Projektjurist
tätig und kümmere mich dort um die
arbeitsrechtliche Abwicklung einer
erheblichen Belegschaftsreduzierung
im Rahmen einer Werksschließung.
Dabei kommt es wegen der rechtlichen
Gegebenheiten zu unterschiedlichen
rechtlichen Auffassungen, was die
Abwicklungsmodalitäten
zwischen
Arbeitnehmern und dem Auftraggeber
betrifft.
personalmagazin:
Worin besteht dort ganz
konkret Ihre tägliche Arbeit?
Küper:
Verschiedene Arbeitnehmer
und Arbeitnehmergruppen haben
unterschiedliche Vorstellungen hin­
sichtlich der Rechte und Ansprüche
aus einem geschlossenen Sozialta­
rifvertrag oder Nebenverträgen und
deren Umsetzung. Mir obliegen dabei
schwerpunktmäßig die Aufgaben der
Koordination und rechtlichen Beglei­
tung der Gerichtsverfahren und der
Prozessbevollmächtigten. Hinzu kom­
men die Informationsbeschaffung, die
Risikobewertung, die Koordination
der Abwicklung der Verfahrensergeb­
nisse und auch die Informations- so­
wie Entscheidungskoordination im
Unternehmen. Ich bin dafür zustän­
dig, sämtliche mit der Maßnahme in
Zusammenhang stehenden Gerichts­
verfahren zu betreuen und zu koordi­
nieren.
personalmagazin:
Sie agieren also in
gewisser Weise als Info-Schaltstelle.
Küper:
So kann man das sagen. Denn es
ist wichtig, die Prozessbevollmächtig­
ten mit den für die Vertretung erfor­
derlichen Informationen zu versorgen,
die Details des Einzelfalls herauszuar­
beiten und unsere Rechtsauffassun­
gen und Standpunkte zu erläutern
sowie durchzusetzen. Hierfür müssen
die Prozessbevollmächtigten kontinu­
ierlich auf Stand gehalten und koor­
diniert werden. Die entsprechenden
Schriftsätze sind zu überprüfen und
überarbeiten. Zudem müssen weite­
re Argumente ausgearbeitet und Ide­
en hinzugefügt werden. Wir müssen
ständig prüfen und bewerten, welche
Informationen zweckmäßig oder not­
wendig sind. Hier sind gegebenenfalls
auch taktische Erwägungen mit dem
Auftraggeber abzustimmen und zu ko­
ordinieren.
„Unvoreingenommener externer Blick“
INTERVIEW
Als Projektjurist unterstützt Martin Küper die Rechtsabteilung eines Unternehmens
bei der Belegschaftsreduzierung – und berichtet von seinen Eindrücken.
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