Der Verwalter-Brief 6/2015 - page 6

Garantie bzw. Gewährleistung
überwachen
Jörg Wirtz, InRaCon GmbH, Eschenlohe
Es passiert schneller als man denkt
Die Beiräte der WEG aus Zwölfkirchen sind wie immer pünktlich in Ihrer
Verwaltung eingetroffen. Nach einer Tasse Kaffee und dem üblichen
Smalltalk ziehen sich die Beiräte zur Belegprüfung in den Bespre-
chungsraum zurück. Ihr für diese WEG zuständiger Mitarbeiter und die
zuständige Buchhaltungskraft stehen für etwaige Fragen der Beiräte zur
Verfügung. Der neue Mitarbeiter, den Sie vor 12 Monaten eingestellt
haben, hat sich sehr gut in Ihre Verwaltung eingefunden und meistert
seine Arbeit anscheinend souverän. Auch die Belegprüfung für die Ge-
meinschaft aus Zwölfkirchen wird er problemlos meistern.
Umso mehr überrascht es Sie, dass es plötzlich an Ihre Tür klopft und
Ihr Mitarbeiter Sie mit deutlichen Zeichen von Nervosität bittet, zur Be-
legprüfung hinzuzustoßen. Dort erwarten Sie die Beiräte mit fragen-
den, teils düsteren Mienen. Der Beiratsvorsitzende stellt Ihnen folgende
Frage: „Wir haben doch erst vor knapp 2 Jahren die Heizungsanlage
komplett erneuert. Wieso wurde dann im letzten Winter diese teure
Reparatur am Brenner bezahlt? Hatten wir denn keine Garantie mehr?
Diese Kosten hätten wir uns doch leicht sparen können!“
Gefahren einer mangelhaften Garantie- und Gewährleistungs-
überwachung
Zur Erklärung: Es soll hier nicht erörtert werden, ob es sich um einen
Garantie- oder Gewährleistungsanspruch handelt oder wie lange der
jeweilige Anspruchszeitraum dauert. Auch das mögliche Einspringen ei-
ner Versicherung soll hier nicht Gegenstand der Erörterung sein. Diese
Fragen klärt besser ein kompetenter Jurist.
In diesem Beitrag soll es ausschließlich darum gehen, solche peinlichen
und für alle Beteiligten vielleicht schädlichen Situationen möglichst zu
vermeiden. Unabhängig von der Schadenshöhe und der Haftungsfrage
geht es hier um das Vertrauen in Ihre Verwaltung. Es entsteht doch der
Eindruck, dass Sie leichtfertig mit dem Geld der WEG umgehen. Das Ver-
trauen in Sie und in die Kompetenz Ihrer Verwaltung kann durch solch
ein Ereignis erheblichen Schaden nehmen. Noch bitterer wird es, wenn
sich ein solcher Fall herumspricht oder möglicherweise in Folge eines
Gerichtsprozesses einer interessierten Öffentlichkeit bekannt wird. Jah-
reslanges Bemühen und Aufbauarbeit zumindest in Ihrem lokalen Um-
feld können mit einem Schlag zunichte gemacht werden. Das Risiko und
die potenziellen Auswirkungen sind in jedem Fall so ernst zu nehmen,
dass wir Ihnen dringend empfehlen, dies in Ihr Risikomanagement auf-
zunehmen (siehe hierzu Artikel im Verwalterbrief März 2015).
Professionalität ist gefragt
Die Herausforderung, die eine leistungsfähige Gewährleistungsüberwa-
chung darstellt, ist nicht zu unterschätzen. Fragen wir in der Praxis nach,
was ein Verwaltungsunternehmen zu diesem Thema unternimmt, er-
halten wir häufig die Antworten, dass man entweder keine Verwalter-
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Organisation
aufgaben für Neubauobjekte übernimmt oder dass bestehende Ansprü-
che bei Neubauten durchaus bekannt wären. Dies träfe im Übrigen auch
für größere Sanierungen und Modernisierungen zu. Insofern habe man
das alles im Griff.
Ist also der oben geschilderte Fall unrealistisch? Wir glauben, eher das
Gegenteil ist der Fall. Unsere jüngere Erfahrung zeigt, dass die Eigen-
tümer zunehmend kritischer sind, was das Geld der WEG betrifft. Das
ist auch verständlich und ihr gutes Recht. Vorliegend sprechen wir nicht
nur von Gewährleistungs- und Garantieansprüchen (im folgenden GGA
genannt) bei Neubauten und großangelegten Sanierungen/Moderni-
sierungen, die Sie als Verwalter verfolgen müssen. Im Gegenteil, bei
annähernd jeglichem Handwerkereinsatz entstehen GGA.
Auch wenn die Erinnerungsfähigkeit einiger Mitarbeiter sehr ausgeprägt
ist, ist es nicht empfehlenswert, sich allein darauf zu verlassen, um GGA
systematisch zu verfolgen. Denn je größer Ihre Verwaltung wird oder
bereits ist, desto schwieriger wird es, alles im Blick zu behalten. Vor
allem folgende Ereignisse erfordern unseres Erachtens die Einrichtung
leistungsfähiger Prozesse, um die GGA zu überwachen:
Störfaktoren
Bei der Übernahme neuer Verwaltungsobjekte müssen bestehende
GGA übernommen und verfolgt werden.
Neues Personal als Ersatz für ausgeschiedene Kräfte übernimmt die
Betreuung eines Teils Ihres Verwaltungsbestands und muss nunmehr
die bestehenden GGA überwachen.
Sie wollen oder müssen Ihr Unternehmen reorganisieren. Durch die
Änderung der Verantwortlichkeiten muss auch die Überwachung der
GGA neu organisiert werden.
Der plötzliche und längere Ausfall eines langjährigen Mitarbeiters
darf ebenfalls nicht dazu führen, dass bestehende GGA und andere
wichtigen Termine übersehen werden.
Wenn wir von Prozessen zur sicheren Überwachung von GGA reden,
dann sind verschiedene Phasen betroffen.
1. Ansprüche erfassen
Um sicherzustellen, dass bei der Integration neuer Verwaltungsobjekte
bestehende GGA nicht übersehen werden, sollte ein entsprechender
Punkt im Arbeitsplan aufgenommen werden.
Gleiches gilt für die Auftragsvergabe. Bei umfangreichen Reparaturen
oder größeren Sanierungsmaßnahmen sollte der Prozessschritt „GGA
erfassen“ unbedingt eingehalten werden. Dasselbe gilt auch für den
einfachen Reparaturauftrag, der für das Gemeinschaftseigentum erteilt
wird. Bei der Mietverwaltung besteht diese Einschränkung selbstver-
ständlich nicht.
Bei Reparaturen, die in Folge von Versicherungsschäden ausgeführt wer-
den, entstehen ebenfalls ganz normal GGA. Dasselbe gilt für Ein- und
Ausbauten, die der Mieter vorgenommen oder veranlasst hat, wenn der
Vermieter die Kosten trägt.
Es stellt sich die Frage, wie eine Erfassung der notwendigen Informa-
tionen sicher und ökonomisch erfolgen kann. Der Objektsteckbrief eig-
net sich nur für die Erfassung und Verfolgung der wenigen größeren
Maßnahmen. Auch die zentrale Ablage und regelmäßige Kontrolle von
Handwerkerbürgschaften ist – für sich alleine betrachtet - kein geeigne-
tes und dazu noch sehr aufwendiges Verfahren.
Die leistungsfähigste Methode ist die elektronische Erfassung der GGA
direkt in Ihrem Verwaltungsprogramm. Auch wenn uns kaum Program-
me bekannt sind, die diese Funktion automatisch beherrschen (bei der
Auftragsvergabe wird das Ende der GGA-Frist automatisch abgefragt
und gespeichert), sollten Sie dennoch zunächst prüfen, ob die verfüg-
baren Stammdaten, Kalender- oder Aufgabenfunktionen Ihres Verwal-
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