Der Verwalter-Brief 6/2015 - page 2

Wohnen im Hobbyraum –
Unterlassungsanspruch auch nach
Jahrzehnten
Auch wenn die zweckwidrige Nutzung von Sondereigentum über Jahr-
zehnte unbeanstandet bleibt, schützt dies den betreffenden Sonderei-
gentümer nicht vor Unterlassungsansprüchen. In einem vom BGH ent-
schiedenen Fall nutzte ein Sondereigentümer Hobbyräume im Souterrain
seit 1980 zu Wohnzwecken. Zunächst bewohnte er die Räume selbst,
seit 1986 vermietet er sie. Seit 2007 hat er zwei neue Mietverträge
abgeschlossen. Eine 2007 neu in die Gemeinschaft eingetretene Eigen-
tümerin beanstandet die Wohnnutzung und verlangt Unterlassung.
Mit Erfolg. Die Nutzung von Hobbyräumen zu nicht nur vorübergehen-
den Wohnzwecken ist jedenfalls dann nicht gestattet, wenn sie die An-
lage um eine weitere Wohneinheit vergrößert. Solange die zweckwid-
rige Nutzung durch den Eigentümer oder einen Mieter anhält, verjährt
der Unterlassungsanspruch auch nicht.
Auch auf Verwirkung konnte sich der Eigentümer nicht berufen. Ver-
wirkung setzt voraus, dass die Störung, deren Unterlassung verlangt
wird, dauerhaft und ununterbrochen vorgelegen hat. Dies war hier nicht
der Fall, denn zwischenzeitliche Neuvermietung hat der BGH als neue
Störung gewertet.
Die übrigen Wohnungseigentümer haben Anlass, für die Zukunft eine
Nutzung einzufordern, die der Teilungserklärung entspricht. Dies auch
dann, wenn sie zuvor hiervon Abstand genommen haben, etwa aus
Rücksicht auf ein bestehendes Mietverhältnis. (BGH, Urteil v. 8.5.2015,
V ZR 178/14)
!
Weiterführende Informationen:
Unterlassungsansprüche
637307
Kinderlärm rechtfertigt keine
Minderung
Lärmbelästigungen durch einen neu angelegten Bolzplatz oder eine
ähnliche Anlage in der Nachbarschaft begründen nicht ohne Weiteres
einen Mangel der Mietsache, der zur Minderung berechtigt.
Zwar können nachteilige Einwirkungen, die im Lauf des Mietverhält-
nisses auftreten, einen Mangel darstellen. Wenn im Mietvertrag hierzu
nichts Spezielles vereinbart ist, muss der Vermieter aber nicht gewähr-
leisten, dass sich ein bei Vertragsschluss bestehendes Maß an Geräu-
schen vom Nachbargrundstück nicht vergrößert, wenn er dies selbst
gegenüber dem Nachbarn zu dulden hätte.
Eine Pflicht, Kinderlärm aus der Nachbarschaft zu tolerieren, kann sich
etwa aus dem Toleranzgebot des § 22 Abs. 1a Bundesimmissionsschutz-
gesetz ergeben. Demnach sind Geräusche, die von Kindern in Kinder-
gärten, auf Spielplätzen und in ähnlichen Einrichtungen ausgehen, kei-
ne schädliche Umwelteinwirkung und daher hinzunehmen. (BGH, Urteil
v. 29.4.2015, VIII ZR 197/14)
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Weiterführende Informationen:
Nachbarrecht von A-Z
7402186
Lärm (Miete)
625739
Lesen Sie zu diesem Urteil auch den „Standpunkt“ von Dr. Elzer auf Seite 12
Vermieter kann für
Legionelleninfektion haften
Kommt ein Mieter durch eine Legionelleninfektion infolge von verun-
reinigtem Trinkwasser zu Schaden, kann der Vermieter hierfür haften,
wenn er Kontroll- oder Verkehrssicherungspflichten missachtet hat.
In einem vom BGH entschiedenen Fall war ein Mieter 2008 an einer
Lungenentzündung erkrankt, die von Legionellen hervorgerufen wor-
den war. Die Trinkwasserleitungen im Haus waren stark mit Legionellen
kontaminiert, wie anschließende Untersuchungen ergaben.
Zwar bestehe erst seit der Novelle der Trinkwasserverordnung 2011
eine gesetzliche Pflicht, die Trinkwasserversorgung regelmäßig auf
Legionellen untersuchen zu lassen. Ein Pflichtverstoß und damit eine
Haftung des Vermieters komme aber unter dem Gesichtspunkt der Ver-
letzung von Verkehrssicherungspflichten in Betracht, so der BGH.
Auch ein weiterer Punkt aus dem Urteil lässt aufhorchen: Das Oberlan-
desgericht hatte die Schadensersatzklage noch abgewiesen, da nicht
feststehe, dass sich der Mieter die Infektion ausgerechnet über die Was-
serversorgung im Haus zugezogen habe. Auch eine andere Infektions-
quelle komme in Betracht, weil sich der Mieter vor der Erkrankung in
der Öffentlichkeit bewegt habe. Der BGH fand diesen Maßstab an die
erforderliche richterliche Gewissheit zu hoch.
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Weiterführende Informationen:
Trinkwasserverordnung
949807
2
Meldungen
Die Privilegierung von Geräuschen, die von Kindern ausgehen, hat
zur Folge, dass sich Mieter oder Eigentümer insoweit auch nicht auf
Grenzwerte, wie sie z. B. für Sportplätze gelten, berufen können.
Geräusche, die von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen verur-
sacht werden, die z. B. auf einem Bolzplatz Fußball spielen, fallen
nicht unter diese Privilegierung und können als nachteilige Einwir-
kung einen Mangel begründen.
PRAXIS-TIPP:
Spätestens nach diesem Urteil ist klar: Die Sicherstellung von sau-
berem und von Legionellen freiem Trinkwasser gehört zur Verkehrs-
sicherungspflicht von Vermietern und Verwaltern. Insbesondere die
Fristen für die regelmäßigen Kontrollen nach der Trinkwasserver-
ordnung (in der Regel drei Jahre) sollten daher penibel eingehalten
werden. Bei Anhaltspunkten für eine Verunreinigung sind auch Kon-
trollen außerhalb dieses Turnus angezeigt.
PRAXIS-TIPP:
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