Der Verwalter-Brief 6/2015 - page 4

Sanieren und modernisieren –
Technische Baumaßnahmen in
der WEG-Praxis
Andrea Huss, Ebenhausen
Die meisten Wohnhäuser der BRD sind zwischen 1950 und 1980
gebaut worden und damit heute 35 bis 65 Jahre alt. Keiner von
uns würde einen so alten Pkw gerne benutzen, trotz Wartung
und regelmäßigem TÜV. Bei Wohnhäusern gibt es keine TÜV-Pla-
kette für die Bausubstanz. Umso wichtiger ist daher die fachkun-
dige Betreuung des Gebäudes.
Professionelle Vorbereitung von Sanierung und Modernisierung
durch konstruktive Zusammenarbeit von Eigentümern, Beirat,
Hausverwaltung und technischem Planer ist die beste Grundlage
für eine zügige und kostenorientierte Durchführung von Bau-
maßnahmen. Eine produktneutrale Überprüfung der Bausub-
stanz hat den Vorteil, dass erforderliche Instandhaltung und Er-
gänzung des Gebäudes rechtzeitig, fachübergreifend und damit
kostenschonend eingeleitet werden können. Bei technischen
Maßnahmen für WEG-Gebäude ist nachfolgend beschriebene
Vorgehensweise zu empfehlen.
1. Vorbereitung zur ersten WEG-Versammlung
Bereits in der Einladung zur WEG-Versammlung sollte der Tagesord-
nungspunkt der baulichen Maßnahme mit einigen überzeugenden
Argumenten und Fotos angekündigt werden. Die Eigentümer können
ihre Wohnsituation im Hinblick auf die bauliche Maßnahme vorab über-
denken und Argumente, Fragen oder Einwendungen zunächst für sich
selbst klären. Die Beiräte können hierzu im Vorfeld Informationen an
die Beteiligten weitergeben sowie Wünsche und Bedenken sammeln
für die Diskussion vor dem Beschluss.
2. Erste WEG-Versammlung
Die Einführung in die mögliche Baumaßnahme sollte durch einen au-
ßenstehenden neutralen Fachplaner mit Erläuterung der aktuellen
Bausubstanz, erforderlichen Maßnahmen und Wirtschaftlichkeit erfol-
gen. Hierzu ist zur Vorbereitung auf die WEG-Versammlung eine erste
Besichtigung und ggf. Voruntersuchung in ausreichendem Umfang er-
forderlich. Der Planer kann sich über Besonderheiten der kommenden
Baumaßnahme informieren und die konstruktive Kommunikation aller
Beteiligten sehr unterstützen.
Der Verlauf der Bestandsaufnahme und der Planung wird erläutert und
strukturiert. Es folgt der Beschluss der WEG für die Beauftragung eines um-
fassenden planerischen Konzeptes für Gebäudehülle und Anlagentechnik.
3. Bestandsaufnahme und Dokumentation
Der Ist-Zustand des Gebäudes - Gebäudehülle und/oder Anlagentechnik
- ist durch den Fachplaner fachgerecht und ausreichend aufzunehmen,
zu strukturieren und zu bewerten. Gebäudehülle und Anlagentechnik
sind im Zusammenhang zu bewerten und zu bearbeiten. Eine fundierte
Planung kann so die Qualität bei realistischen Baukosten erhöhen. Die
Planung berücksichtigt beim Bauablauf die Besonderheiten der WEG-
Struktur mit unterschiedlichen Bewohnern und Nutzung während der
Bauphase.
Die Beiräte bewohnen das Haus meist schon seit vielen Jahren und
sind deshalb bestens mit der Bewohnerstruktur und den baulichen Be-
sonderheiten des Gebäudes vertraut. Eine Zusammenarbeit mit dem
Planer ist für alle Beteiligten sehr hilfreich. Trotzdem muss geklärt sein,
dass der Planer die Lösung, die Ausführung und damit verbunden auch
die Haftung für die Durchführung der Baumaßnahme übernimmt. Der
Beirat kann beraten und die Kommunikation mit den vielen Beteiligten
steuern und erleichtern. Er kann aber weder Planung noch Bauaufsicht
oder Haftung übernehmen.
Erforderliche Neben-Maßnahmen sowohl zur konkret beabsichtigten
baulichen Maßnahme als auch zum Erhalt der Immobilie und zur künfti-
gen Instandhaltung sollten in der Planung berücksichtigt werden. Die zu
erwartenden Folgekosten sind unbedingt darzustellen, um die zukunfts-
orientierte Entscheidung der WEG zwischen den möglichen Varianten
einer Ausführung zu ermöglichen. Nicht immer ist die Variante mit den
niedrigsten Erstellungskosten die preiswerteste Lösung. Wird die Bau-
qualität über einen längeren Zeitraum von 15 – 20 Jahren betrachtet,
kann sich das nämlich ganz anders darstellen.
4. Zweite WEG-Versammlung
Hier werden die Ergebnisse der Voruntersuchungen in der Versammlung
vorgestellt mit ersten Angaben zu Kostenrahmen sowie Art und Dauer
der Durchführung der aktuell erforderlichen Maßnahmen.
Die Anwesenheit des Planers bei diesem Termin ist unbedingt erforder-
lich: Der Planer stellt sein Konzept vor, beantwortet Fragen, nimmt aber
auch zusätzliche Wünsche und Anforderungen entgegen. Er erläutert zu
den geforderten Baumaßnahmen nach Möglichkeit auch Varianten mit
Vor- und Nachteilen und Kostenunterschieden, sowie mögliche Förder-
mittel, Bauzeit und Bauablauf für einen tragfähigen WEG-Beschluss.
In diesem Zusammenhang sind die Finanzen der WEG, Rücklagen und
Sonderzahlungen mit Hinblick auf mögliche Fördergelder ebenfalls zu
klären.
Die Erfahrung zeigt, dass die ausführliche technische Erläuterung und
die gemeinsam getragene Beschlussfassung in der WEG-Versammlung
die anschließende Bauphase für alle Betroffenen wesentlich erträglicher
machen. Alle Beteiligten sind ausreichend informiert und aktiv an der
Entscheidung beteiligt. Hier wird bereits die erste gute Voraussetzung
für einen erfolgreichen Abschluss geschaffen. Spät in der Tagesordnung,
zu wenig Informationen über die Baumaßnahme, fehlende Kompetenz
der Beteiligten und zu wenig Zeit für Diskussion und Beschluss – das
sind denkbar schlechte Voraussetzungen für die kommende Baumaß-
nahme.
Wichtig ist die korrekte Formulierung der WEG-Beschlüsse. „Haus soll
gedämmt werden“ reicht hier sicher nicht aus. Je mehr konkrete Anga-
ben der Beschluss enthält, desto geringer sind spätere Missverständnis-
se und Anfechtungen. Der Planer bekommt eine klare Anforderung für
die Baumaßnahme mit Angaben zu Kosten und Terminen.
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Verwalterthema
des Monats
Als sehr sinnvoll hat es sich erwiesen, dass Kostenrahmen und die
mögliche Belastung durch eine Sonderzahlung bereits in der Ein-
ladung zur WEG-Versammlung angesprochen werden. Dies führt
sehr häufig dazu, dass mehr Wohnungseigentümer an der WEG-Ver-
sammlung teilnehmen.
PRAXIS-TIPP: EIGENTÜMER SENSIBILISIEREN
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