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TITEL
_DATENSCHUTZ
personalmagazin 01/18
werbungsverhältnis zu arbeiten. Denn
hier kann man regelmäßig davon aus-
gehen, dass eine Beantwortung nicht
freiwillig ist. Der Bewerber möchte ja
den Arbeitsplatz bekommen. Unzuläs-
sig wird es auch weiterhin sein, dass
eine – vielleicht sogar möglichst breit
gefasste – Einwilligungserklärung Teil
des Arbeitsvertrags ist. Denn der Ar-
beitnehmer kann nur den Arbeitsver-
trag unterschreiben oder eben nicht.
Einzelne Dinge kann er aber regelmäßig
nicht herausstreichen. Die Einwilligung
wird sich also künftig nur für bestimm-
te Sachverhalte eignen. Sinnvoll kann es
etwa sein, dass der Arbeitgeber die pri-
vate Nutzung von Internet und E-Mail
nur erlaubt, wenn er sich gleichzeitig
durch eine Einwilligung umfassende
Kontrollrechte sichert. Dies scheint nach
der Neufassung des Gesetzes gerade
möglich. Das beseitigt eine erhebliche
Rechtsunsicherheit der Vergangenheit.
personalmagazin:
Apropos Bewerbung und
Datenschutz: Gibt es hier Neuerungen?
Thüsing:
Im Bewerbungsverhältnis wer-
den die Unternehmen ihre Praxis künf-
tig noch genauer überdenken müssen.
Denn grundsätzlich gilt: Ist eine Einwil-
ligung nicht möglich, dürfen nur erfor-
derliche Daten verwendet werden. Was
aber ist erforderlich? Das zeigt sich an
einfachen Fragen wie dem Googeln von
Bewerberdaten: Nur, weil gewisse Infor-
mationen im Internet vorhanden sind,
bedeutet das nicht, dass sie der Arbeit-
geber seiner Entscheidung über die Ein-
stellung von Arbeitnehmern zugrunde
legen kann. Daher ist es sinnvoll, dass
„Wir sehen nun klarer“
INTERVIEW.
Hohe Bußgeldandrohungen sorgen beim Beschäftigtendatenschutz für ein
neues Bewusstsein in der Praxis. Was sich ändert, erklärt Professor Gregor Thüsing.
personalmagazin:
Ab 25. Mai 2018 gelten
die europäische Datenschutzgrundver-
ordnung, kurz DSGVO, sowie das neu-
gefasste Bundesdatenschutzgesetz. Was
ändert sich dadurch für Personaler?
Gregor Thüsing:
Das neue Recht führt zu-
nächst einmal dazu, dass der Daten-
schutz in der Personalpraxis mehr in das
Bewusstsein rückt. Auch Unternehmen,
die bislang weniger achtsam beim Um-
gang mit den personenbezogenen Daten
ihrer Beschäftigten waren, merken: Hier
tut sich was und hier muss man seine
Praxis gegebenenfalls nachjustieren.
Das ist auch sinnvoll, weil die Rechts-
folgen andere sein werden. Künftig gilt
ein anderer Bußgeldrahmen als bislang,
nämlich bis zu 20 Millionen Euro oder
vier Prozent des weltweiten Umsatzes.
Das sprengt die bisherigen Dimensi-
onen, bei denen es auch bei schweren
Verstößen kaum über die Grenze von
einer Million Euro hinausging. Andere
Rechtsfolgen zeigen sich aber auch im
Kleinen: So wird der immaterielle Scha-
densersatz, also die Verletzung des Per-
sönlichkeitsrechts an sich, künftig un-
eingeschränkt in Geld ersetzbar sein. Es
wird also keine Erheblichkeitsschwelle
mehr geben, die überschritten werden
muss. Daher ist ein neues Bewusstsein
gut.
personalmagazin:
Und was ändert sich
neben den Rechtsfolgen inhaltlich?
Thüsing:
In der Sache ändert sich einiges
alleine deshalb, weil wir nun klarer se-
hen: Bislang wussten wir zum Beispiel
nicht sicher, ob es eine Einwilligung im
Arbeitsverhältnis geben kann, die die
Datenverarbeitung legitimiert. Es gab ei-
nige Landesdatenschutzbeauftragte, die
hier dezidiert anderer Meinung waren.
Sie argumentierten, dass der Arbeitneh-
mer in einem Abhängigkeitsverhältnis
zum Arbeitgeber steht und insofern
eine Freiwilligkeit der Einwilligung
nicht gegeben ist. Künftig sagt das Ge-
setz ausdrücklich: Es ist auch eine Ein-
willigung im Arbeitsverhältnis möglich,
man muss jedoch darauf achten, dass
sie tatsächlich freiwillig ist. Es wird die
Aufgabe der Unternehmen sein, diese
Freiwilligkeit sicherzustellen.
personalmagazin:
Wie kann das gelingen?
Thüsing:
Unzulässig wird es auch wei-
terhin sein, mit Einwilligungen im Be-
PROF. DR. GREGOR THÜSING
ist Direktor
des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der
sozialen Sicherheit an der Universität Bonn.