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ORGANISATION
_GESUNDHEITSMANAGEMENT
personalmagazin 05/17
zum Anstieg der Krankenstände führt.
Aktuell befinden sich vier Generatio-
nen in den Unternehmen. Hier gilt es,
die Relevanz der Themen Gesundheit,
Führung, Arbeitsgestaltung und Kom-
munikation
generationenspezifisch
herauszuarbeiten und entsprechende
Strategien zu entwickeln. Nur so gelin-
gen ein harmonisches Miteinander und
Wissenstransfer.
Modelle zur Work-Life-Balance und
Unterstützung durch Familienservices
Keine Überstunden, gute Vereinbarkeit
von Familie und Beruf, klare Trennung
von Freizeit und Arbeit – für viele Un-
ternehmen ist der Begriff Work-Life-Ba-
lance negativ besetzt. Nichtsdestotrotz
fordern gerade die jüngeren Mitarbei-
ter entsprechende Arbeitszeitmodelle,
um mehr Zeit für Familie und Freizeit
zu haben. Aber es geht auch um Be-
schäftigte, die pflegebedürftige Eltern
betreuen. Diese Doppel- oder Mehrfach-
belastung hat häufig gesundheitliche
Folgen. Seit Jahren wächst das Angebot
an sogenannten „Familienservices“, die
diese und weitere Themen bei Krisen-
situationen abdecken können. Zwar ist
ein solcher Service kein Muss für Unter-
nehmen, jedoch eine lohnende Investi-
tion in den Erhalt der Arbeitsfähigkeit
betroffener Beschäftigter, der zudem die
Verbundenheit zum Unternehmen stär-
ken kann. Auch wenn dies aktuell kein
Trendthema darstellt, ist es für viele Be-
triebe doch bedeutsam.
Psychische Gefährdungsbeurteilung
wird weiter an Bedeutung gewinnen
Die Arbeitswelt ist im Wandel. Begrif-
fe wie Industrie oder Arbeitswelt 4.0
bringen auch Veränderungen in der
Arbeitsorganisation und Arbeitszeitge-
staltung mit sich. Der Arbeitszeitreport
der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin zeigt auf, dass Ar-
beitsverdichtung und zum Teil auch die
Flexibilisierung mit gesundheitlichen
Beschwerden im Zusammenhang stehen.
Dies wirft die Frage auf, wie diese The-
men in einer Gefährdungsbeurteilung
ermittelt und bewertet werden können.
Die Verpflichtung zur Durchführung
der psychischen Gefährdungsbeur-
teilung (psychGB) ist seit 2013 im Ar-
beitsschutzgesetz konkretisiert. Viele
Unternehmen sind bereits in der Um-
setzung, andere prüfen noch die geeig-
nete Methode – sei es eine Befragung
der Beschäftigten oder eine Experten-
beurteilung unter Zuhilfenahme einer
Checkliste. Was häufig jedoch erst bei
der Durchführung oder Erhebung von
Daten festgestellt wird, ist die Schwie-
rigkeit der Grenzwertbestimmung – ge-
sucht wird genau der Punkt, ab dem ein
nicht mehr akzeptables Risiko besteht
und eine Gesundheitsgefährdung sehr
wahrscheinlich ist. Spätestens wenn
diese Schwelle überschritten ist, besteht
dringender Handlungsbedarf für das Un-
ternehmen. Doch längst noch nicht alle
verfügbaren Verfahren zur Erhebung
psychischer Belastungen liefern ein
Auswertungssystem zur Bestimmung
der Grenzbereiche mit, weshalb das The-
ma nach wie vor von hoher Bedeutung
ist und auch 2017 ein Trendthema im
Gesundheitsmanagement und Arbeits-
schutz bleiben wird.
Immer wichtiger: Messbarkeit des
BGM durch Kennzahlensysteme
Einweiterer Trendmit gleichzeitig hoher
praktischer Bedeutung ist der Wunsch
nach Messbarkeit des BGM, um innerbe-
trieblich den Nutzen aufzeigen zu kön-
nen. Neben den Kennzahlen-Klassikern
wie Krankenstand und Unfälle müssen
jedoch auch weitere Indikatoren gefun-
den werden, die einerseits den Status
Quo der Mitarbeitergesundheit, zum an-
deren aber auch die Inanspruchnahme
der angebotenen Maßnahmen abbilden.
Gleichzeitig gilt es, die Schwierigkeiten
einer regelmäßigen, im Idealfall monat-
lichen Erhebung, des Datenschutzes so-
wie einer geeigneten Visualisierung des
Kennzahlensystems zu überwinden.
Fazit: Fernab der Trends entscheidet
der individuelle Bedarf
Die Bandbreite des BGM ist groß, oft
werden Themenfelder des Personalma-
nagements und des Arbeits- und Ge-
sundheitsschutzes diesem zugeordnet.
Ob Trendthemen jedoch auch von hoher
Bedeutung für die Unternehmen sind,
hängt von deren Größe, Branchenzuge-
hörigkeit und letztlich dem individuellen
Bedarf ab. Personalmessen, Netzwerke
und Fachpublikationen bieten eine gute
Möglichkeit, sich über sämtliche Facet-
ten des BGM zu erkundigen und sich
über Partner für die Umsetzung spezifi-
scher Themen zu informieren.
KRISTIN HUNSICKER
ist
BGM-Beraterin und Dozentin
an der Deutschen Hochschule
für Prävention und Gesund-
heitsmanagement und an der BSA-Akademie.
OLIVER WALLE
ist BGM-
Berater und Dozent an der
Deutschen Hochschule für
Prävention und Gesundheits-
management und der BSA-Akademie.
ONLINE
Die Autoren sind auch Referenten der bun-
desweiten BGM-Seminarreihe „Praxiswissen
BGM – Erfolgreiche Gestaltung eines BGM
im Unternehmen“. Weitere Infos finden Sie
im Internet.
Auswertungsysteme,
die die Grenze zwischen
akzeptablem Risiko und
Gesundheitsgefährdung
bestimmen, sind noch
rar – für Unternehmen
aber extrem wichtig.