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URLAUB AN DIE ERBEN
ZUSAMMENFASSUNG
Der Urlaubsanspruch geht nicht mit dem Tod
des Arbeitnehmers unter. Vielmehr wandelt er sich in einen Ur-
laubsabgeltungsanspruch, den Erben geltend machen können.
RELEVANZ
Noch 2011 bestätigte das BAG: Stirbt ein Arbeitnehmer,
so erlischt der Urlaub, den er bis zu seinem Tod nicht angetreten
hatte. Ein finanzieller Ausgleich an die Erben erfolgt nicht, da sich
der Urlaubs- nicht in einen Abgeltungsanspruch wandelt. Dem ist
nun das Arbeitsgericht entgegengetreten: Erben können sich nach
dem Tod eines Arbeitnehmers dessen Urlaubstage auszahlen lassen.
Dies entspricht der EuGH-Linie, der 2014 entschied: Durch den Tod
geht der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht unter.
ANGEMESSENER NACHTZUSCHLAG
ZUSAMMENFASSUNG
Arbeitnehmer, die nachts arbeiten, können
einen Zuschlag von mindestens 25 Prozent des Bruttostundenlohns
verlangen – soweit keine anderweitigen tarifvertraglichen Regeln
im Unternehmen gelten. Ein Anspruch auf diese Vergütung ergibt
sich direkt aus § 6 Abs. 5 des Arbeitszeitgesetzes.
RELEVANZ
Das BAG hat das Gesetz konkretisiert und feste Grenzen
vorgegeben: Für die Arbeitszeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr sei
regelmäßig ein Zuschlag von 25 Prozent auf den Bruttostundenlohn
oder die entsprechende Anzahl freier Tage angemessen. Durch die
besondere Belastung bei Dauernachtarbeit erhöht sich dieser An-
spruch auf 30 Prozent. Auch interessant: Der Stundenlohn ist für den
Nachtzuschlag nicht relevant und der außerhalb der Nachtzeit (23
bis 6 Uhr) gezahlte Zuschlag nicht anzurechnen, urteilten die Richter.
Quelle
BAG, Urteil vom 9.12.2015, Az. 10 AZR 423/14
Quelle
ArbG Berlin, Urteil vom 7.10.2015, Az. 56 Ca 10968/15
ARBEITER UND ANGESTELLTE
ZUSAMMENFASSUNG
Eine unterschiedliche Behandlung von Arbei-
tern und Angestellten ist möglich, wenn die Ungleichbehandlung
sachlich zu rechtfertigen ist. Im entschiedenen Fall vor dem BAG
ging es um Zuordnung in einer betrieblichen Versorgungsordnung.
RELEVANZ
Die Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten
gehört eigentlich der Vergangenheit an. Teilweise existiert sie noch
in betrieblichen oder tariflichen Regeln. Im Fall ging es um eine
betriebliche Versorgungsordnung, die beide Gruppen unterschiedlich
behandelte. Für das BAG gab es jedoch für Arbeiter und Angestellte
sachliche, auf einem Lebenssachverhalt beruhende Unterschiede.
Daher lag kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.
Quellen
BAG, Urteile vom 10.11.2015, Az. 3 AZR 574/14; 3 AZR 575/14
ZUGANG DER KÜNDIGUNG
ZUSAMMENFASSUNG
Eine Arbeitnehmerin ist auch dann nicht
verpflichtet, sonntags in den Briefkasten zu schauen, wenn sie an
Sonntagen arbeitet. Die an einem Sonntag in den Briefkasten ge-
worfene Kündigung des Arbeitgebers gilt erst am darauffolgenden
Montag als zugegangen.
RELEVANZ
Nicht selten scheitert eine Entlassung – zumindest zum
beabsichtigten Zeitpunkt – schlicht daran, dass der Arbeitgeber die
Kündigungsfrist verpasst. Schnell wird noch auf den letzten Drücker
das Kündigungsschreiben eingeworfen – auch an einem Sonntag.
Das Pikante an diesem Fall: Die Probezeit der Anwaltsgehilfin
endete zwar an einem Sonntag. Sie wehrte sich jedoch gegen die
am Sonntag eingeworfene Kündigung. Wie sich im Prozess zeigte,
hatte die Anwaltsgehilfin wohl ein besseres Judiz als ihr Chef, denn
das LAG stellte fest: Die Kündigung gilt erst als am darauffolgenden
Montag zu der üblichen Briefkastenleerungszeit zugegangen. Zu
diesem Zeitpunkt war die Probezeit jedoch bereits abgelaufen.
Quelle
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.10.2015, Az. 2 Sa 149/15
LOCKERE KLEIDERORDNUNG
ZUSAMMENFASSUNG
Der Betriebsrat eines Gemeinschaftsbetriebs
erstritt vor der Einigungsstelle eine Lockerung von der unterneh-
mensweit geltenden Kleiderordnung. Der Spruch der Einigungsstelle
gelte neben der Gesamtbetriebsvereinbarung, entschied das LAG.
RELEVANZ
Im Verfahren ging es um den Grundsatz der Zuständig-
keitstrennung. Danach kann nur Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat
für die Vereinbarung eines Mitbestimmungstatbestands zuständig
sein. Die LAG-Richter sahen jedoch keine Zuständigkeitstrennung:
Es handle sich nicht um den gleichen Mitbestimmungstatbestand,
der Betriebsrat habe daher die Lockerung in seiner Zuständigkeit
erstritten. Zumal die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die
unternehmensweite Kleiderordnung nicht angezweifelt wurde.
Quelle
LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.10.2015, Az. 4 TaBV 2/15
1...,61,62,63,64,65,66,67,68,69,70 72,73,74,75,76,77,78,79,80,81,...92
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