personalmagazin 1/2016 - page 76

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RECHT
_STREIK
Z
uletzt haben es die Auseinan-
dersetzungen zwischen der
Flugbegleitergewerkschaft Ufo
und der Lufthansa nochmals
klar gezeigt: Eine dauerhafte Streikab-
wehr kann nicht allein im Gerichtssaal
stattfinden. Dennoch bleiben einstweili-
ge Unterlassungsverfügungen ein wich-
tiges Instrument für Arbeitgeber, um die
Streikfolgen einzudämmen.
Zweck der Unterlassungsverfügung
Leitet ein Konzern oder ein Arbeitge-
berverband gerichtliche Schritte gegen
Streikmaßnahmen ein, verfolgt er da-
mit zunächst das Ziel, den Beginn des
Streiks zu verhindern, ihn zumindest
zeitlich zu verzögern oder auch einen
Von
Bernd Pirpamer
laufenden Streik abzubrechen. Die na-
hezu einzige Möglichkeit, vor Gericht
effektiven Rechtsschutz zu erlangen,
ist die Unterlassungsverfügung im ar-
beitsgerichtlichen Eilverfahren. Je nach
Streit- und Streikkultur zwischen den
beteiligten Tarifpartnern sind solche
Unterlassungsverfügungen entweder
wohl bedacht und sehr gut vorbereitet.
Oder sie erfolgen ohne jegliche Hemm-
schwelle massenweise als reflexartige
Reaktion zur Streikabwehr.
Im besten Fall wird in einem solchen
Eilverfahren erreicht, dass der Streik we-
gen rechtlicher Fehler – zunächst – nicht
stattfinden darf, etwa weil der Streik
nicht korrekt angekündigt worden ist
oder das Streikziel nicht klar formuliert
ist. Dann mindert jeder Tag beziehungs-
weise jede Stunde, um die der Streik
verschoben ist, den Streikschaden für
das einzelne Unternehmen oder die
Mitgliedsunternehmen der Verbände.
Vollständig verhindern oder dauerhaft
abbrechen lässt sich ein Streik durch
die Unterlassungsverfügung in der Regel
nicht. Meist kann die zum Streik aufru-
fende Gewerkschaft die formellen Män-
gel schnell beheben, und es fällt sogleich
der Startschuss für den nächsten, dieses
Mal rechtmäßigen Streik.
Praxis: begrenzte Wirkung
Auch wenn formelle Mängel, wie etwa
die fehlende Rechtsklarheit einer Tarif-
forderung oder eines Streikbeschlusses,
natürlich nicht ignoriert werden dürfen,
zeigt die Praxis: Die Einflussnahme auf
den Streikverlauf durch die Unterlas-
sungsverfügung ist stark eingeschränkt.
Die Gerichtsverfahren in der Auseinan-
dersetzung zwischen Ufo und der Luft-
hansa haben dies erneut verdeutlicht. An
mehreren Arbeitsgerichten in Deutsch-
land wurden durch die Lufthansa Unter-
lassungsverfügungen eingereicht. Ein ge-
wonnenes Verfahren am Arbeitsgericht
Düsseldorf verhalf jedoch der Lufthansa
zu keiner Rechtssicherheit, auch an ande-
ren Arbeitsgerichten erfolgreich zu sein.
Im Gegenteil, sowohl das Arbeitsgericht
Darmstadt und sogar eine weitere Kam-
mer des Arbeitsgerichts Düsseldorf beur-
teilten die Fälle abweichend und ließen
die Fortsetzung der Warnstreiks zu. Dies
zeigt: Die unterschiedlichen örtlichen
Mit oder ohne Richter?
INSTRUMENT.
Gegen Streikankündigungen können Unternehmen im Eilverfahren vor
Gericht vorgehen. Manchmal sind jedoch außergerichtliche Maßnahmen wirksamer.
personalmagazin 01/16
Notdienste sollen Schäden bei Dritten
verhindern: Wie Arbeitgeber auf
Streiks reagieren.
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