Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 54

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
D
ie Immobilienwirtschaft wird vom Energieverbraucher
zum Energieerzeuger. Die regulatorischen Leitplan-
ken müssen sich dem Markt öffnen und etwa kosten-
deckende dezentrale Stromerzeugung ermöglichen“,
meint Dr. Constantin Westphal, Geschäftsführer der
Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte. Doch wie sieht
die Realität aus? Zum Teil begründen europäische Richtlinien
einen unabweisbaren Handlungsbedarf für die Immobilienbran-
che. Erschwerend kommt für alle Marktteilnehmer hinzu, dass
verbindliche EU-Vorgaben inDeutschland oftmals verspätet oder
nicht im Verhältnis eins zu eins in nationales Recht umgesetzt
werden. Partiell gibt es jedoch auch deutsche Sonderwege, auf
denen der Real-Estate-Sektor sich orientieren muss.
EIN WEITES FELD
Der Rahmen ist somit abgesteckt: Ihn bilden
politische Klimaschutzziele wie die Reduzierung der Treibhaus-
gasemissionen um 40 Prozent bis 2020 bezogen auf das Basisjahr
1990. Dazu gehören auch politisch initiierte Energieeffizienzziele.
Denn der Gebäudewärmebedarf soll um 20 Prozent abnehmen
bis 2020 bezogen auf das Basisjahr 2008. In diesemRahmen wird
die konkrete Gesetz- undVerordnungsgebung durchgeführt. Da-
bei werden bestehende rechtliche Bedingungen verschärft und
EU-Vorgaben umgesetzt. Doch an dieser Stelle tritt ein ganzes
Knäuel von Maßnahmen zu Tage. Man denke an die Energie-
einsparverordnung (EnEV), das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
(KWKG) und das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G). Dane-
ben treten neue Vorschriften unter dem Sammelbegriff Nationa-
ler Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE). Der NAPE (dazu auch
Grafik Seite 56) stellt unter anderem Forderungen auf, worunter
sich ein gegenwärtigmeist noch imEntwurfsstadiumbefindliches
Bündel weiterer neuer Gesetze und Verordnungen befindet. Wie
also soll sich die Immobilienwirtschaft hierin zurechtfinden?
NEUE ANREIZSYSTEME
Beginnen wir - um Licht in den Dschungel
der Maßnahmen zu bringen – mit den finanziellen Anreizen:
Grundsätzlich ist zwischen Sanierung und Neubau zu unter-
scheiden. Zum 01.07.2015 wurden hierzu die Programme der
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) neu strukturiert und er-
Mieterstrommodelle
in Gefahr
SUMMARY
»
Europäische Richtlinien
begründen vielfältigen Handlungsbedarf in energetischen Fragen auch für die deutsche Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft.
»
Die KfW-Förderungen
wurden in Neubau und Bestand erheblich erweitert.
»
Die
Energiespar-Lücke
entspricht in etwa
der Jahresleistung von 45 Großkraftwerken.
»
Allein die 2. Stufe der
EnEV 2014 wird zu einer weiteren Kostensteigerung von bis zu sieben
Prozent im Neubau
führen.
»
Das
Abschmelzen der Gewinnmargen
führt bei
Energieversorgungsunternehmen
zu einem deutlichen
Ausbau
ihrer immobilienbezogenen Dienstleistungsangebote
. Diese Tendenz wird sich in der Folge des NAPE noch verstärken.
Viele neue Gesetze und Verordnungen haben Bedeutung für die energetische
Bewirtschaftung von Immobilien. Fernwärmenetze sollen privilegiert werden.
Das würde den Ausbau dezentraler Strukturen mit kleineren Blockheizkraftwerken
vor Ort verhindern. Die Gesamtsituation zeigt sich – auch auf den zweiten Blick –
unübersichtlich. Eine kritische Bestandsaufnahme der politischen Zielvorgaben und
ihrer Umsetzung. Der Stand von EnEV, NAPE & Co. zum Jahreswechsel.
ENERGIEGESETZE
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