Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 46

46
VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
bereits erbracht haben. Angesichts die-
ses Haftungsrisikos kommt es zunächst
maßgeblich auf den Zweck des Darlehens
an. Bei Instandhaltungsmaßnahmen ist
zu differenzieren: Je dringlicher sie sind,
desto eher treten andere Nachteile einer
Finanzierung durch Darlehen bei der Ab-
wägung zurück.
Ist angesichts der Höhe der Belastung und
bereits bestehender Wohngeldausfälle
oder aufgrund anderer Umstände ab-
sehbar, dass die Eigentümergemeinschaft
nicht in der Lage ist, den Kredit sicher
zu bedienen, entspricht eine Darlehens-
aufnahme aufgrund des Risikos für die
übrigen Eigentümer grundsätzlich nicht
ordnungsmäßiger Verwaltung.
Der Beschluss über die Darlehensauf-
nahme hatte vorliegend den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Verwaltung widerspro-
FAKTEN:
Im Zuge erforderlicher Fassa-
densanierung mit Wärmedämmung be-
schlossen die Eigentümer die Aufnahme
eines KfW-Förderkredits in Höhe von ca.
1.320.000 Euro. Dieser Beschluss wurde
erfolgreich von einem Eigentümer ange-
fochten.
Die Richter stellten klar, dass auch die Auf-
nahme eines langfristigen, hohen Kredits
durch die Eigentümergemeinschaft ord-
nungsmäßiger Verwaltung entsprechen
kann. Allerdings müssen die besonderen
Haftungsrisiken berücksichtigt werden.
So droht im Innenverhältnis zur Eigentü-
mergemeinschaft eine Nachschusspflicht
bei Zahlungsausfällen von Eigentümern.
Sie wäre theoretisch unbegrenzt und wür-
de auch die Eigentümer treffen, die den
nach demVerhältnis ihres Miteigentums-
anteils zu zahlenden Teil des Darlehens
Urteil des Monats:
Gemeinschaft kann auch langfristige Kredite aufnehmen
Auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Eigentümergemeinschaft kann ordnungsmäßiger
Verwaltung entsprechen. Voraussetzung ist allerdings, dass das Risiko einer Nachschusspflicht der Eigentümer vor der
Beschlussfassung erörtert wurde; dies muss aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung hervorgehen.
BGH, Urteil v. 25.09.2015, V ZR 244/14
FAKTEN:
Die Eigentümer hatten einen Schornstein zum Betrieb eines Kaminofens er-
richtet. Sie begehrten die nachträgliche Genehmigung der Installation. Dieser Antrag
wurde allerdings mehrheitlich abgelehnt. Die Ablehnenden verlangten den Rückbau des
Schornsteins ohne Erfolg. Die Eigentümer waren nicht berechtigt, einen Schornstein
zu errichten. Diese Errichtung hätte eines Genehmigungsbeschlusses der Eigentümer-
versammlung bedurft. Nicht ausreichend ist, dass die erforderlichen Zustimmungen,
so wie hier, informell eingeholt werden. Eine Zustimmung kann nur in Gestalt einer
förmlichen Beschlussfassung erfolgen.
FAZIT:
Ob die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung nur durch entsprechenden
Beschluss erteilt werden kann, ist umstritten. Der Meinung des LG Hamburg und des
AGHamburg-Barmbek hat sich zwischenzeitlich auch das LGMünchen I angeschlossen.
Der Eigentümer sollte nicht darauf verwiesen werden, die Zustimmungen der übrigen
Eigentümer formlos und informell einzuholen. Denn falls einer der Eigentümer erfolg-
reich auf Beseitigung klagt, drohen Schadensersatzpflichten des Verwalters.
BAULICHE VERÄNDERUNG
Zustimmung nur durch
Beschluss
Die Errichtung eines Schornsteins
stellt eine allzustimmungspflichtige
bauliche Veränderung dar. Über diese
muss in der Eigentümerversamm-
lung beschlossen werden. Lediglich
eine bloße formlose bzw. informelle
Zustimmung der Eigentümer reicht
nicht aus.
AG Hamburg-Barmbek, Urteil. v. 14.01.2015,
882 C 17/14
chen. Bei der Beschlussfassung hatten die
Eigentümer jedenfalls ihren Ermessens-
spielraum deshalb überschritten, weil
sie ihre Entscheidung auf einer unzurei-
chenden Tatsachengrundlage getroffen
haben. Dem Protokoll der Eigentümer-
versammlung lässt sich nicht entnehmen,
dass über das Risiko einer Nachschuss-
pflicht bei Zahlungsunfähigkeit von Ei-
gentümern unterrichtet worden ist.
FAZIT:
Zu Recht stellt der BGH an die
Ordnungsmäßigkeit einer langfristigen
Darlehensaufnahme durch die Eigentü-
mergemeinschaft hohe Anforderungen.
Konkret sollte vorliegend ein Förderkre-
dit nach dem KfW-Förderprogramm Nr.
152 beantragt werden. Der Kredit sollte
am Ende der Laufzeit vollständig zurück-
gezahlt sein.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
1...,36,37,38,39,40,41,42,43,44,45 47,48,49,50,51,52,53,54,55,56,...76
Powered by FlippingBook