Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 49

49
1
2-01.2016
Überwachung der Bauausführung. Diesen
Anspruchmacht er imWege der einstwei-
ligen Verfügung geltend.
Der Antrag hatte keinen Erfolg: Das Ge-
richt stellt klar, dass der fragliche Vertrag
(Überlassung eines noch zu errichtenden
Gebäudes gegen Entgelt auf bestimmte
oder unbestimmte Zeit; so genannte Ver-
mietung vom Reißbrett) als Mietvertrag
zu bewerten ist. Nach § 535 Abs. 1 Satz
2 BGB ist der Vermieter verpflichtet, „die
Mietsache dem Mieter in einem zum
vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten
Zustand zu überlassen“. Jedoch schuldet
FAKTEN:
Im Jahr 2010 schlossen die Par-
teien einen Vertrag, wonach der Grund-
stückseigentümer ein gewerblich zu
nutzendes Gebäude errichten und dem
Nutzungsinteressenten auf Mietbasis zur
Verfügung stellen sollte. Der Nutzungs-
interessent verpflichtete sich zur Zahlung
eines Baukostenzuschusses von acht Mil-
lionen Euro. Vertraglich war vereinbart,
dass er an der „Planung und Bemuste-
rung“ zu beteiligen ist. Der Grundstücks-
eigentümer hat mit der Errichtung des Ge-
bäudes begonnen. Der Nutzungsinteres-
sent begehrt Zutritt zur Baustelle zwecks
Urteil des Monats:
Vermietung vom Reißbrett
Bei der Miete von noch herzustellenden Räumen (sog. Vermietung vom Reißbrett) steht dem Mieter vor der Fertigstellung
der Mietsache weder ein Überlassungsanspruch zu noch hat er ein Besichtigungs- oder Kontrollrecht.
KG Berlin, Beschluss v. 26.03.2015, 8 U 19/15
FAKTEN:
Ein 72 Jahre alter Mieter kam auf dem Kellerflur zu Fall, wodurch er schwer-
wiegende Verletzungen erlitt. Zu dem Unfall kam es, weil der Flur infolge einer voran-
gegangenen Reinigungsmaßnahme feucht und deshalb etwas rutschig gewesen ist. Der
Mieter nimmt den Vermieter auf Schadensersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes
in Anspruch.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich wel-
cher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vor-
kehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Geht die
Gefahr – wie vorliegend – vom Zustand eines Gebäudes aus, so trifft die Verkehrssiche-
rungspflicht grundsätzlich den Gebäudeeigentümer.
Unter Rückgriff auf diese Grundsätze hat das Gericht die Klage des Mieters gleichwohl
abgewiesen. Zwar müsse der Verkehrssicherungspflichtige darauf achten, dass die rut-
schigen Stellen alsbald abtrocknen; eine nach dem Reinigungsvorgang verbleibende
Restfeuchte sei aber nicht zu vermeiden.
FAZIT:
Das Maß der Verkehrssicherung richtet sich nach denUmständen des Einzelfalls,
insbesondere nach der Erkennbarkeit der Gefahr und der Art und der Wichtigkeit eines
Verkehrsweges. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt nicht, dass für alle denkbaren,
auch nur entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen wird. Es
ist nur diejenige Sicherheit zu schaffen, die man üblicherweise erwarten darf.
VERKEHRSSICHERUNGSPFLICHT
Reinigung des Treppenhauses
Die Sicherheitserwartungen eines
Mieters dürfen nicht so weit gehen,
jederzeit einen trockenen Fußboden
zu erwarten. Da sowohl mit einer
planmäßigen Befeuchtung des Bodens
durch Reinigungsmaßnahmen als mit
einer unplanmäßigen durch andere
Nutzer zu rechnen ist, muss der Mieter
sich darauf einstellen und auf etwaige
Gefahrenquellen achten.
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 07.11.2014, 24 U
155/14
der Vermieter die Überlassung erst nach
der Errichtung des Gebäudes. Vor diesem
Zeitpunkt steht dem Mieter weder ein
Überlassungsanspruch zu noch hat er ein
Besichtigungs- oder Kontrollrecht.
FAZIT:
Zwar kann ein Mieter durchaus ein
berechtigtes Interesse an einer Kontrolle
der Bautätigkeit haben, weil es möglich
ist, dass bestimmte Baumängel durch den
Baufortschritt überdeckt werden. Ein sol-
ches Kontrollrecht muss aber vertraglich
vereinbart werden; hierauf sollte beimAb-
schluss des Mietvertrags geachtet werden.
»
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
1...,39,40,41,42,43,44,45,46,47,48 50,51,52,53,54,55,56,57,58,59,...76
Powered by FlippingBook