wirtschaft und weiterbildung 1/2019 - page 64

grundls grundgesetz
Boris Grundl
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wirtschaft + weiterbildung
01_2019
Mit welchem Blick definiert ein Auszubildender
Ziele? Und wie nimmt sein CEO Ziele wahr? Sicher
anders, denn der CEO sollte ein weiter entwickeltes
Bewusstsein für Ziele haben, sonst liefe etwas
falsch. Wie steht es mit „Verantwortung“? Wie beur­
teilen wir die Erziehungsleistung unserer Eltern, so
lange wir selbst keine Kinder haben? Und wie den­
ken wir darüber, wenn wir unsere eigenen Kinder
durch die Irrungen der Pubertät geführt haben? Drit­
tes Beispiel: Haben Sie jemals ein Buch mehrfach
gelesen? Und hat sich dieses Buch – wie von Geis­
terhand – bei jedem neuen Lesen in ein anderes
verwandelt? Was hat sich geändert? Die Art und
Weise, von wo und wie wir auf etwas schauen und
interpretieren! Unser Bewusstsein ist anders. Wir
sind uns in diesem Zusammenhang bewusster
geworden. Wir verstehen tiefer und sehen klarer.
Sicher ist es von Vorteil, wenn der CEO Ziele in
einem größeren Zusammenhang sieht als der Aus­
zubildende. Die grundlegende Unternehmensidee
ist der Fixstern seines Denkens und die Strategie
die Basis für Entscheidungen. Im Idealfall versteht
ein CEO Ziele als Diener menschlicher Entwicklung.
Auszubildende sehen eher Herren statt Diener:
mächtige Anforderungen, die zu bewältigen sind,
jede so hoch wie der Himalaya. Einmal angekom­
men, vergisst der Azubi vor Stolz und Erschöpfung
leicht, dass schon der nächste Berg ruft. Dem CEO
ist das klar.
Ziele, Verantwortung, Budget, Erziehung, Ernährung
oder Bewegung: Je nach entwickeltem Bewusstsein
zum Thema entstehen neue Wahrnehmungen und
damit andere, meist tiefer durchdachte Entschei­
dungen und bessere Ergebnisse. Was gibt es nicht
alles zu lernen! Kaum haben wir in eine Richtung
unser Bewusstsein weiterentwickelt, schon wird
uns klar, dass wir woanders hinterherhinken. Wäh­
rend wir beruflich voranschreiten, ähnelt unser
Privatleben einer Großbaustelle. Kaum haben wir
diese einigermaßen im Griff, meldet sich unser Kör­
per und schreit nach besserer Ernährung und mehr
Bewegung.
Gesundheit, Sport und Ernährung, Agilität und
Resilienz, Natur und Umwelt, Kapital und Mensch­
lichkeit: Alles gute Beispiele dafür, wie stark
Bewusstsein auf das Handeln wirkt. Im Moment
ist die große Bewusstseinsherausforderung die
Digitalisierung. Das Bewusstsein darüber, wie wir
unser Leben durch das „Digitale“ verbessern und
vereinfachen können. Was für eine riesige Chance!
Doch ob das als Fluch oder Segen wahrgenommen
wird, bestimmt nicht das Wissen darüber, sondern
das Bewusstsein. Und genau deswegen gestatten
Sie zum Abschluss eine Frage: Auf was wird es in
Zukunft mehr ankommen? Menschen zu führen,
oder das Bewusstsein für Führung in
einem Menschen zu entwickeln?
So könnte ein Mensch zum Thema
Respekt folgendes Bewusstsein entwi­
ckeln: Den Respekt sich selbst, seinen
Talenten und Möglichkeiten gegenüber.
Den Respekt vor den Talenten und Möglichkeiten
anderer. Den Respekt vor dem Arbeitsplatz, dem
Mitarbeiter und dem Mitbewerber. Den Respekt vor
der Vielfältigkeit, den unterschiedlichen Weltan­
schauungen und den Ressourcen unseres Planeten.
Oder kurz: den Respekt vor dem Leben. Ich weiß,
das ist eine Mammutaufgabe. Fangen wir einfach
an und leben und führen wir jeden Tag immer ein
bisschen bewusster. Los geht’s!
Paragraf 71
Entwickle jeden Tag
dein Bewusstsein
Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber der Grundl Leadership Akademie, die Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden.
Er gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein jüngstes Buch heißt „Verstehen heißt nicht einverstanden sein“ (Econ
Verlag, Oktober 2017). Boris Grundl zeigt, wie wir uns von oberflächlichem Schwarz-Weiß-Denken verabschieden. Wie wir lernen, klug hinzuhören, differenzierter
zu bewerten, die Perspektiven zu wechseln und unsere Sicht zu erweitern.
Bei vielen fehlt das Bewusstsein
darüber, wie wir unser Leben durch die
Digitalisierung verbessern können.
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