fachliteratur
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wirtschaft + weiterbildung
05_2018
Die Basis für „Fake News“ und für all die Verschwö-
rungstheorien ist ein „schwaches Denken“. Rolf Ar-
nold verurteilt dieses Denken in aller Deutlichkeit.
Aber er fordert auch dazu auf, sich besser in die
Menschen hineinzuversetzen, die „Fake News“ für
die Wahrheit halten. Neben der Ignoranz der Fak-
tenleugner gäbe es auch noch die Verachtung der
Faktenkenner für alle Dummen oder gesellschaftlich
Abgehängten. Dieses Wertschätzungsproblem ver-
hindere, dass Menschen aus ihrer Unvernunft he-
rausgeführt werden könnten.
Zurück zum Wesentlichen des Buchs: Dem Phäno-
men „Fake News“ tritt Arnold mit sogenannten „me-
tafaktischen Kompetenzen“ entgegen. In zehn Schrit-
ten entwickelt er Maßnahmen, die verhindern sollen,
dass ein Individuum zu „schwachem Denken“ neigt.
Diese zehn Schritte sind mit folgenden Schlagworten
überschrieben: Akzeptanz, Beteiligung, Selbstdistan-
zierung, Uneindeutigkeit, Strukturdeterminiertheit,
Zirkularität, Interesse, Weltbildstatus, Reflexivität
und Kontemplation.
Unter „Beteiligung“ lernen wir, dass ein Anzeichen
für sinnvolle Fakten darin besteht, dass sie allge-
meinverständlich und anschlussfähig präsentiert
werden und nicht mit offen zur Schau getragenem
Überlegenheitsgestus einhergehen. Das ist aber nur
eine sehr oberflächliche Zusammenfassung dieses
zweiten von zehn Schritten. Im Buch selbst erklärt
Arnold ausführlich und wissenschaftlich ausgespro-
chen fundiert, was unter seinen zehn Schritten zu
verstehen ist und was genau gegen „schwaches Den-
ken“ hilft. Dadurch werden viele Seiten allerdings zu
einer sehr anspruchsvollen Lektüre. Der Leser sollte
sich zumindest ansatzweise in Sachen Erkenntnis-
theorie und Konstruktivismus auskennen – zumal
Arnold auch darauf eingeht, dass nicht nur Popu-
listen, sondern auch ganz normale Wissenschaftler
„Fake News“ produzieren können, weil sie viel zu
linear denken und weil sie einfach nicht in der Lage
sind, ihre eigene Form der Beobachtung selbstkri-
tisch zu beobachten!
Gestützt auf seinen umfassenden Überblick über
geistesgeschichtliche, wissenschaftliche und poli-
tische Entwicklungen rät der Autor zum Schluss
jedem Leser, sich gerade in der heutigen Zeit noch
einmal intensiv mit den Errungenschaften der klas-
sischen Aufklärung zu befassen – und sich wie die
Aufklärer in Zweifelsfällen seines eigenen Verstands
zu bedienen.
Rolf Arnold
ist Professor für Pädagogik und
wissenschaftlicher Direktor des
Distance and Independent Stu-
dies Center (DISC) an der TU Kai-
serslautern. Berufliche Schwerpunkte sind die Erwachse-
nenbildung, die systemische Pädagogik, die emotionale
Bildung und die Ausbildung von Führungskräften. Außer-
dem gibt es Lehrtätigkeiten an den Unis Bern, Heidelberg
und Klagenfurt sowie an der PH Luzern.
AUTOR
Fakten werden „gemacht“
ES LEBE DAS ZEITALTER DER AUFKLÄRUNG
Rolf Arnold
Ach, die Fakten! Wider den Aufstand des
schwachen Denkens.
Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2018,
178 Seiten, 29,95 Euro
