wirtschaft und weiterbildung 7-8/2016 - page 59

wirtschaft + weiterbildung
07/08_2016
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zum HR-Risikomanagement eingebunden
sein in die Unternehmensstrategien. Statt
um Shared Services geht es jetzt um Ope-
rational Partner Services.
Jochmanns Keynote: den
Businesspartner beerdigt
Durch das neue teilnehmeraktivierende
Format blieb angenehm wenig Zeit für
Keynote-Berieselungen im großen Ple-
numszelt. Drei Hauptredner waren es –
und alle drei Vorträge waren spannend:
Kienbaum-Geschäftsführer Walter Joch-
mann gab den Überblick, wohin es die
HR-Zunft bewegen wird. Siemens-Perso-
nalvorstand Janina Kugel berichtete über
die positiven Erlebnisse und Hürden im
Veränderungsprozess. Und Kyberneti-
ker Kevin Warwick von der Universi-
tät Reading gab einen Einblick über die
mögliche Leistungssteigerung, wenn der
Mensch sein Nervensystem mit Compu-
terchips aufpeppt.
Jochmanns Rede zur Lage der HR-Nation
– treffend der deutsche Adler mit Loriot-
Kopf auf dem Chart – beerdigt den Busi-
ness Partner und ersetzt ihn durch ein
neues Rollenmodell, das den Experten
mit dem Berater, den Administrator mit
dem Digitalisten verknüpft. Er setzt auf
„Retrobegriffe wie Leidenschaft und un-
ternehmerischen Hunger“ und definiert
die Kernaufgabe für die Wirtschaft 4.0:
„HR-Manager müssen die Mitarbeiter auf
die Digitalisierung vorbereiten – durch Ta-
lentmanagement und Bildungsplanung.“
Unverkennbar, dass Jochmann digi-affin
ist. Genau wie Janina Kugel, die offen-
bar kein Führungskräftewerkzeug unhin-
terfragt lässt. „Big Data ist neutraler als
Menschen mit all ihren Bias im Kopf“,
sagt Kugel. Solche kognitiven Verzerrun-
gen durch Erfahrungen und Vorurteile
möchte sie auch mit einer diskursiven
Unternehmenskultur mindern.
Für die Vorstandsfrau beschreibt das
Wagnis, Vielfalt zuzulassen: „Aber die
Kontrolle zu verlieren bedeutet eben
auch, sich ganzheitlich zu einigen.“ Der
Personaler soll Mediator und Coach, Kol-
lege und Chef, Mentor und Berater sein.
Die Zuhörer glauben ihr aufs Wort, wenn
sie sagt: „Wir geben Guidelines, sind aber
nicht die Babysitter.“ Und ein bisschen
streichelt Janina Kugel die Seele, wenn sie
fordert: „Wer bei HR arbeitet, um geliebt
zu werden, ist falsch. Respektiert werden
ist das Ziel.“
Keynote Speaker Warwick:
Begeisterung und Grusel
Weil auf der Tagung erwartungsgemäß so
viel über Umdenken gesprochen wurde,
war es nur logisch, dass Kienbaum zur
Abrundung Kevin Warwick einlud, der
vorführte, wozu der Mensch-Maschine-
Hybrid Cyborg schon heute fähig ist. Der
Professor der Universität Reading ließ
sich bereits vor mehr als 15 Jahren erst-
mals einen Chip implantieren, mit dem
er eine Roboterhand steuern konnte.
Seine Vision, die Grenzen zwischen
Mensch und Maschine zu überwinden
und Anwendungsgebiete von der Medi-
zin bis zum Bankgeschäft über Minichips
zu steuern, generiert Begeisterung und
Grusel. Die Dias seiner wissenschaftli-
chen Mitarbeiter, denen die Chips eben-
falls unter die Haut gehen, schlagen den
Bogen zur Personalverantwortung – und
damit zum Publikum.
Ruth Lemmer
Szenerie.
Auch der Veranstaltungsort, die malerische Malteser Kommende in
Ehreshoven bei Köln, war derselbe wie in den Jahren zuvor.
Keynote Speaker.
Kevin Warwick, Cyborg-Experte von der Universität Reading
(links), im Gespräch mit Kienbaum-Geschäftsführer Walter Jochmann (rechts).
Info.
Die Jahrestagung der HR-
Beratungsgesellschaft Kienbaum
fand dieses Jahr bereits zum 15.
Mal statt. Veranstaltungsort ist die
Malteser Kommende in Ehresho-
ven bei Köln. Der wohl berühmteste
Programmpunkt der Tagung ist die
„Rede zur Lage der HR-Nation“, die
Kienbaum-Geschäftsführer Walter
Jochmann traditionell zu Beginn
hält. In diesem Jahr haben sich
die Berater ganz dem Wandel ver-
schrieben – sowohl bei den Forma-
ten als auch Inhalten.
Über die Kienbaum
Jahrestagung
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