den, was sie mit dem Interview in Erfah-
rung bringen wollen, ob sie beispielsweise
(job-)spezifische und / oder generische
(für viele Berufe bedeutsame) Eignungs-
merkmale erfassen wollen. Sie müssen
dann überlegen, wie sie vorgehen. Das
trifft formale und inhaltliche Faktoren.
Formale Faktoren sind die Art des Inter-
views (zum Beispiel am Telefon oder per
Video, jeweils synchron oder asynchron,
oder als Face-to-Face-Gespräch), die Dau-
er des / der Interviews, der Ort (der eine
störungsfreie Durchführung ermöglicht)
und die Anzahl der Interviewer sowie de-
ren Zusammenwirken.
Geregelt werden muss auch, ob, wann
und wie weitere Informationen einbe-
zogen werden. Erhalten die Interviewer
beispielsweise (vor oder nach?) dem In-
terview Einsicht in die Ergebnisse an-
derer Verfahren (Referenzen, Ergebnis-
se aus Assessment Centern, Tests oder
Fragebogen)? Und, falls ja, wie sollen
sie damit umgehen? Inhaltlich ist zu
klären, welche Fragetypen (zum Bei-
spiel biographische und situative Fra-
gen) und Fragetechniken (zum Beispiel
sokratischer Dialog, These-Antithese)
geeignet sind, Aussagen und Antworten
der Interviewten zu erhalten, die sich
den vorab bestimmten Eignungsmerk-
malen zuordnen lassen. Dabei müssen
die Fragen – mehrere pro Eignungs-
merkmal – einerseits so eindeutig sein,
dass das Gespräch in die gewünschte
Richtung geht (so genannte „Trait-Ak-
tivierung“), und andererseits so offen,
dass nicht alle Interviewten die gleiche
Antwort geben.
Entscheidender Knackpunkt:
eine gute Vorbereitung
Die Vorbereitung eines Interviews ist
aufwändig und umfassend. Neben den
Fragen an die interviewten Personen
muss geklärt werden, wie interaktiv das
Interview gestaltet werden soll. Stellt
man Nachfragen? Darf der Interviewte
(Nach-)Fragen stellen? Soll es neben
dem diagnostischen Teil des Interviews
auch Abschnitte geben, die die dazu
dienen, eine gute Beziehung herzustel-
len (Small Talk), oder der interviewten
Person Informationen über die in Frage
stehende Stelle zu vermitteln?
Vor allem muss man sich nicht nur
Fragen überlegen, sondern auch über-
legen, wie man die Antworten proto-
kollieren und bewerten will. Bezüglich
der Bewertung ist es sinnvoll, nicht nur
eine einzige Gesamtbewertung im An-
schluss an das Interview vorzunehmen,
sondern mehrere Einzelurteile. Dazu
bewertet man die einzelnen Antworten
beziehungsweise Beiträge anhand von
vorbereiteten Bewertungsregeln, sodass
zu einem Interview von einem Intervie-
wer über die verschiedenen Interview-
abschnitte hinweg mehrere Bewertun-
gen vorliegen. Dann muss man auch
regeln, wie man von der Vielzahl der
Bewertungen zu einem Urteil pro Eig-
nungsmerkmal sowie gegebenenfalls
Wenn wir robuste
Erkenntnisse
über Bewerber
gewinnen wollen,
müssen wir das
Interview als
hochkomplexe
Methode
begreifen,
deren Erfolg
zahlreichen
Einflussfaktoren
unterliegt.
Eignungsdiagnostik
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