Personalmagazin 6/2017 - page 73

06/17 personalmagazin
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RECHT
_BESCHÄFTIGTENDATENSCHUTZ
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D
as „neue“ Beschäftigtendatenschutzgesetz liegt auf
dem Tisch. Ende April hat der Bundestag das soge-
nannte Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungs-
gesetz EU (DSAnpUG-EU) verabschiedet. Es handelt
sich dabei um ein neues erweitertes Bundesdatenschutzgesetz
(BDSG), das das bisherige Gesetz ersetzen wird. Damit setzt
Deutschland die auf europäischer Ebene erlassene Da-
tenschutzgrundverordnung (DSGVO) in nationa-
les Recht um. Von zentraler Bedeutung für
HR ist der neue § 26 DSAnpUG-EU, der den
bisherigen § 32 BDSG ersetzen wird. An-
gesichts der dynamischen Entwicklung
in der Arbeitswelt, stellt sich jedoch
die Frage: Erfasst diese Vorschrift die
Herausforderungen von Digitalisie-
rung und Arbeit 4.0?
Zunächst ist festzustellen: Für
den Gesetzgeber stellt es eine große
Aufgabe dar, den Datenschutz als
einen zentralen Aspekt von Arbeiten
4.0 allgemein und zeitlos zu gestalten –
zu unklar sind die Herausforderungen an
den Arbeitnehmerdatenschutz angesichts ei-
ner sich ständig wandelnden Arbeitsumgebung
und angesichts stets neuer, heute teils unbekannter
Entwicklungen. In den Gesetzesmaterialien bringt die Regie-
rung daher folgerichtig zum Ausdruck, dass sämtliche Grund-
sätze des Datenschutzes in Beschäftigungsverhältnissen erst
in Zukunft identifiziert und konkretisiert werden können. Be-
wusst ungeregelt bleiben viele Fragen, etwa zu Kontrollen in
Beschäftigungsverhältnissen, zur Lokalisierung von Beschäf-
tigten etwa durch den Einsatz von „GPS Tracker“, zum Einsatz
von biometrischen Daten zu Autorisierungszwecken, zur Da-
tenüberwachung oder zum Erfassen von Bewegungsprofilen.
Ausdrücklich behält sich der Gesetzgeber vor, zu diesen und
weiteren Themen künftig aktiv zu werden.
Dennoch trägt § 26 DSAnpUG-EU zum Datenschutz beim
Thema „Arbeiten 4.0“ bei und löst bislang offene Rechtsfra-
Von
Manteo Eisenlohr
gen. Die bislang weitgehend unklare Antwort darauf, ob die
Einwilligung der Arbeitnehmer eine ausreichende Rechts-
grundlage für die Verarbeitung von Daten darstellt, beantwor-
tet das Gesetz mit einem klaren „Ja, aber“: Nur dann, wenn
die Einwilligung freiwillig geschah, ist sie ausreichend für
die Datenverarbeitung durch den Arbeitgeber. Freiwilligkeit
ist gegeben, wenn infolge der Datenverarbeitung die Beschäf-
tigten einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil erlangen
oder Arbeitgeber und Beschäftigte gleich gerichtete
Interessen verfolgen. Die Gesetzesmaterialien
nennen hierfür Beispielsfälle, etwa beim be-
trieblichen Gesundheitsmanagement oder
bei der Privatnutzung von IT-Systemen.
Einige harte Nüsse, die sich in der
Praxis beim Thema „Arbeiten 4.0“
zeigen, knacken die Gesetzesmate-
rialien aber auch nicht. Nicht an-
gesprochen wird beispielsweise,
ob – im Falle von Homeoffice – in
die Überwachung von Teilen des pri-
vaten Haushalts freiwillig eingewil­
ligt werden kann oder ob es hierfür
rechtliche oder wirtschaftliche Vorteile
nicht geben kann. Hilfreich für Arbeiten
4.0 ist indes die Klarstellung, dass nach §
26 DSAnpUG-EU betriebliche Regelungen, vor-
nehmlich Betriebsvereinbarungen, eine hinreichende
rechtliche Grundlage darstellen, um die Verarbeitung von Da-
ten vorzusehen.
Der neue § 26 DSAnpUG-EU ist – jedenfalls gegenwärtig
– geeignet, die durch das Thema „Arbeit 4.0“ entstehenden
datenschutzrechtlichen Herausforderungen zu erfassen. Wir
werden jedoch Ergänzungen der Vorschrift mit der Entwick-
lung der Industrie 4.0 erwarten dürfen.
KOLUMNE.
Die neuen Datenschutzvorschriften sollen auch die Herausforderungen
einer neuen Arbeitswelt erfassen. Dies kann jedoch nur teilweise gelingen.
Kein finaler Datenschutz 4.0
DR. MANTEO EISENLOHR,
Rechtsanwalt und
Partner bei K&L Gates LLP, äußert sich regelmäßig an
dieser Stelle zu den aktuellen Entwicklungen in der
digitalen Arbeitswelt.
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