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06/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
gesucht und ich möchte Sie gern darü-
ber informieren. Wann haben Sie eine
Stunde Zeit dafür?“ Die Führungskraft
wird Sie fragen, worum es geht. Nun
zeigen Sie, dass Sie nicht der Ankläger
sind, sondern beratend an der Seite der
Führungskraft stehen: „Es gibt offen-
sichtlich ein paar Störungen in der Zu-
sammenarbeit. Ich möchte das aufzeigen
und mit Ihnen gemeinsam überlegen,
wie wir damit umgehen.“
Nehmen Sie Ihrer Aussage den Schre-
cken: „Herr Maier/Frau Müller, es ist
nicht ungewöhnlich, dass es zwischen
Mitarbeitern und Führungskraft zu Pro-
blemen in der Zusammenarbeit kommt.
Wichtig ist nur, dass man solche The-
men aufgreift und ernst nimmt, damit
sie nicht im Verborgenen schwelen und
irgendwann größeren Schaden anrich-
ten.“ Machen Sie der Person Mut: „Wir
haben gute Erfahrungen gemacht, wie
man solche Themen gut lösen kann.“
Im Gespräch gewinnen Sie die Füh-
rungskraft dafür, ihren eigenenVorgesetz-
ten darüber zu informieren: „Inwieweit
ist Ihr Vorgesetzter über dieses Thema
informiert? Ich fände es wichtig, dass er
das von Ihnen erfährt und nicht über die
Gerüchteküche. Außerdem sollten Sie sei-
ne Unterstützung in dem Thema einholen.
Was meinen Sie dazu?“
Wie bleibe ich am Thema dran?
Ursprünglich sind Sie unfreiwillig zum
Anwalt der Mitarbeiteranliegen gewor-
den. Nun können Sie sich als Berater
der Führungskräfte profilieren, indem
Sie zum Beispiel einen erfahrenen Kon-
fliktexperten vermitteln. Mit dessen Hil-
fe wird ein gemeinsamer Lösungsweg
bestimmt und beschritten. Holen Sie
sich nach einiger Zeit Rückmeldung ein,
inwieweit das Problem bewältigt ist und
steuern bei Bedarf nach.
mentieren, nehmen Sie die Aussagen
der Mitarbeiter neutral zur Kenntnis,
stellen ausschließlich Verständnisfra-
gen und machen sich umfangreiche No-
tizen. Damit signalisieren Sie, dass Sie
sich der Sache professionell annehmen.
Zu diesem Zeitpunkt brauchen Sie
noch keine Lösungsidee. Stattdessen
würdigen Sie das Engagement der Mitar-
beiter und bestätigen ihnen, ohne Partei
zu nehmen, dass aus Ihrer Sicht drin-
gender Handlungsbedarf besteht. Bitten
Sie die Gruppe um Geduld und zeigen
Sie auf, dass Sie sich zunächst Gedanken
darüber machen werden, wie Sie die Sa-
che angehen. Klären Sie außerdem, über
welchen Ansprechpartner Sie mit der
Gruppe kommunizieren können.
Die Mitarbeiter konnten ihr Problem
platzieren. Sie fühlen sich ernst genom-
men und wertgeschätzt. Die Emotionen
beruhigen sich. Es entsteht die Hoffnung,
aber auch die Erwartung, dass sich nun
etwas ändern wird. Nun ist zügiges Han-
deln angesagt. Zunächst stehen einige
vertrauliche Gespräche auf der Liste. Bis
diese terminiert sind und stattfinden,
geht Zeit ins Land. Bei den Mitarbeitern
entsteht dann schnell der falsche Ein-
druck, dass sich „wie immer“ nichts tut.
Wo gehört das Problem hin?
Im Augenblick liegt das Problem wie ein
Päckchen, das Sie für jemand anderen
entgegengenommen haben, auf Ihrem
Tisch. Nun gilt es herauszufinden, wer
der richtige Adressat ist. Geben Sie das
Päckchen bei der betroffenen Führungs-
kraft ab, besteht die Gefahr, dass der
Konflikt nicht gelöst wird. Das Päckchen
muss an jemanden übergeben werden,
der sich zuverlässig und verantwor-
tungsvoll der Sache annimmt und eine
nachhaltige Lösung sicherstellt. Grund-
sätzlich ist das der Vorgesetzte der be-
troffenen Führungskraft. Häufig liegt je-
doch auch dort eine Führungsschwäche
vor. Dann ist es ratsam, den nächsthöhe-
ren Vorgesetzten miteinzubeziehen.
Wie übergebe ich das Problem?
Sie werden zum Überbringer einer
schlechten Nachricht und benötigen nun
Fingerspitzengefühl, Rollenklarheit und
den richtigen Ton. Würden Sie sich gleich
an den Adressaten wenden, würde die
betroffene Führungskraft sich nicht nur
von den Mitarbeitern, sondern auch von
Ihnen hintergangen fühlen. Das ist eine
schlechte Basis für Ihre beratende Rol-
le. Wie können Sie das Vertrauen dieser
Führungskraft erhalten, während Sie
trotzdem das Päckchen an ihr vorbei zur
höheren Führungskraft tragen?
Der Kniff ist, das Päckchen bei der
betroffenen Führungskraft abzugeben
und dafür zu sorgen, dass diese es selbst
nach oben weiterleitet. Hierfür nehmen
Sie Kontakt mit der Führungskraft auf:
„Herr Maier/Frau Müller, einige Ihrer
Mitarbeiter haben das Gespräch mit mir
URSULA WAWRZINEK
ist
Unternehmensberaterin und
Expertin für strategische
Konfliktlösung
Wenn Mitarbeiter sich bei Ihnen
beschweren, gilt es zu handeln.
© CLARISSA LEAHY/CULTURA/CORBIS