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04/16 PERSONALquarterly
U
nternehmen interessiert die Frage, wie Mitarbei-
ter motiviert werden können, Führungsaufgaben
zu übernehmen. Besonders wenn es sich um eine
Aktivität handelt, die das Wohl der Allgemeinheit
zum Ziel hat, besteht die Gefahr, dass niemand die Initiative er-
greift und Führungsverantwortung übernimmt. Die klassische
Lösung von Ökonomen beim Problem der Unterversorgung ist die
Stärkung der ökonomischen Anreize. Allerdings weiß man, dass
die Einführung ökonomischer extrinsischer Anreize die intrin-
sische Motivation eines Individuums untergraben und zu einem
negativen Gesamteffekt führen kann. Um zu testen, welchen
Einfluss monetäre Anreize auf die Bereitschaft von Mitarbeitern
haben, freiwillig eine Führungsrolle für die Bereitstellung eines
Gemeinguts zu übernehmen, führten die Wissenschaftler ein
Laborexperiment durch. Es gab drei Gruppen mit Viererteams,
die sich lediglich in der Höhe der Kompensation, die ein Grup-
penmitglied für seine freiwillige Führungsaktivität erhielt, un-
terschieden. In der ersten Gruppe wurde dem freiwilligen Leiter
keine über die Grundvergütung hinausgehende Bezahlung zuge-
sagt. In der zweiten Gruppe wurde dem freiwilligen Führer eine
moderate zusätzliche Bezahlung versprochen, während dem Frei-
willigen in der dritten Gruppe eine hohe zusätzliche Zahlung ge-
währt wurde. Die Forscher erfassten, wie häufig sich Teilnehmer
freiwillig für die Führungposition meldeten. Das Ergebnis: Mit
steigender zusätzlicher Bezahlung erhöhte sich die Bereitschaft
der Teilnehmer, eine Führungsrolle zu übernehmen. In Grup-
pe 1 volontierten nur 23%, während es 63,4% in Gruppe 2 und
99,7% in Gruppe 3 waren. Interessanterweise zeigte sich, dass die
Einführung einer Kompensation für das Führungsmitglied auch
den durchschnittlichen Beitrag der anderen Gruppenmitglieder
erhöhte. Es stellte sich als beste Strategie heraus, die Person in
der Führungsrolle moderat zu vergüten. Eine zu hohe zusätzliche
Vergütung erwies sich als kontraproduktiv, da die Bereitschaft
der anderen Gruppenmitglieder, etwas beizutragen, zurückging.
Die Wissenschaftler erklären dies mit dem sog. „social crowding-
out effect“ – in diesem Fall möchten die Teammitglieder keine zu
große Ungleichheit innerhalb der Gruppe. Die Einführung mo-
netärer Kompensation kann also ein effektiver Weg sein, mehr
Mitarbeiter zur Übernahme eine Führungsrolle zu motivieren.
Die Kompensation sollte allerdings nicht zu hoch ausfallen.
Besprochen von
Katharina Laske
, Seminar für ABWL und
Personalwirtschaftslehre, Universität zu Köln
Leadership und Anreize
Alexander W. Cappelen, Bjørn-Atle Remer,
Erik Ø. Sørensen
&
Bertil Tungodden
(NHH Norwegian School of Economics):
Leadership and Incentives. Management Science, 2016, Vol. 62,
No.7, pp. 1944-1953.
V
iele Menschen finden im Laufe ihres Lebens eine
Lebensaufgabe, eine Berufung oder Mission. Auch
immer mehr Unternehmen bekennen sich zu einem
klaren Unternehmensleitbild (Mission Statement).
Dies machen sich die Autoren Jeffrey Carpenter und Erick
Gong zunutze, um eine neue Art der Mitarbeitermotivation zu
untersuchen – das Übereinstimmen zweier Missionen, für die
zum einen der Arbeitgeber und zum anderen der Arbeitneh-
mer einsteht. Mithilfe eines Laborexperiments zeigt die vorlie-
gende Studie, dass eine Übereinstimmung der Missionen von
Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine starke Motivation hervor-
ruft. Zudemwird dargestellt, dass leistungsabhängige Bezahlung
den Arbeitseinsatz in diesem Kontext ebenfalls steigert – jedoch
am stärksten für diejenigen Teilnehmer, deren Mission nicht mit
dem zugeordneten Arbeitgeber übereinstimmt. Für sie ist Geld
ein gutes Substitut für die fehlende Identifikation mit der Missi-
on des Arbeitgebers. Ein starker finanzieller Anreiz kann in die-
sem Fall bis zu zwei Drittel des Produktivitätsverlusts, der durch
abweichende Leitbilder/Missionen zustande kommt, kompen-
sieren. Die Anreizwirkung der übereinstimmenden Missionen
sowie der leistungsabhängigen Bezahlung sind somit gemäß den
aktuellen Befunden der Personalökonomie. Während die Bedeu-
tung des Unternehmensleitbilds vielleicht nicht überraschend
ist, das Ausmaß ist es schon. Laut Studie ist ein Arbeitnehmer
mit übereinstimmendem Leitbild genauso produktiv wie etwa 1,7
Arbeitnehmer mit einer Differenz zum Leitbild des Arbeitgebers.
Die Autoren betonen jedoch, dass für Unternehmen nicht eine
Übereinstimmung der Leitbilder die größte Herausforderung
darstellt, sondern die Differenz. Die Unterschiede in der Produk-
tivität der Teilnehmer des Experiments werden hauptsächlich
von den Teilnehmern getrieben, deren Leitbilder nicht mit denen
der Arbeitgeber übereinstimmten. Es ist somit von Vorteil, wenn
sich Mitarbeiter Unternehmen aussuchen, mit deren Leitbildern
sie sich identifizieren können. Das größere Problem ergibt sich,
wenn Unternehmen nicht durch gute Vorselektion verhindern
können, dass Arbeitnehmer mit stark abweichenden Leitbildern
bei ihnen arbeiten. Unternehmen, denen eine gute Vorselektion
nicht möglich ist, bleibt, nach Ansicht der Autoren, dennoch noch
ein Ausweg: hohe finanzielle Anreize.
Besprochen von
Timo Vogelsang
, Seminar für ABWL und Perso-
nalwirtschaftslehre, Universität zu Köln
Mitarbeitermotivation
durch Mitarbeitermission
Jeffrey Carpenter
&
Erick Gong
(Middlebury College): Motivating
Agents: How Much Does the Mission Matter? Journal of Labor
Economics, 2016, Vol. 34 (1), pp. 211-236.