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SERVICE
_FORSCHERPORTRÄT
PERSONALquarterly 04 /16
Gesunde Arbeit gestalten
Arbeitspsychologin Annekatrin Hoppe erforscht, wie Arbeitsbedingungen und
persönliche Ressourcen auf die Gesundheit von Beschäftigten wirken.
Ruth Lemmer,
Freie Wirtschaftsjournalistin, Düsseldorf
A
nnekatrin Hoppe hat es mit 36 Jahren geschafft: Die
Psychologin wurde 2015 an die Humboldt-Universi-
tät zu Berlin berufen. Die Wissenschaftlerin lehrte
dort schon zuvor Arbeitspsychologie – ihre Stelle
wurde von der Juniorprofessur in eine Professur umgewidmet.
Die Gestaltung von Arbeit in der Weise, dass Gesundheit und
Leistungsfähigkeit von Beschäftigten erhalten bleiben sowie
Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet werden, das
werden ihre Themen bleiben. Migranten in der Arbeitswelt und
niedrig bezahlte Beschäftigte sind Schwerpunkte. Mit der Ein-
wanderungswelle aus Spanien haben die Arbeitspsychologin
und ihr Team sich bereits auseinandergesetzt. Dabei ging es um
die Folgen von Arbeitsmigration auf die psychische Gesundheit
und Arbeitsmarktintegration von Professionals. Derzeit erforscht
ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Maria Wassermann in dem
dreijährigen Projekt „Europe meets in Germany“, wie sich die
oftmals prekäre Arbeitssituation von Südeuropäern, die infolge
der Finanzkrise nach Deutschland gezogen sind, auf deren Ar-
beitszufriedenheit und Depression auswirkt. Dies eruieren die
Arbeitspsychologinnen mit muttersprachlichen Fragebögen. Von
Interventionen im Betrieb ist da im ersten Schritt noch gar nicht
die Rede. „Die Arbeits- und Gesundheitsforschung mit dieser
Zielgruppe ist sehr kleinschrittig“, sagt Professorin Hoppe. Aber
davon lässt sie sich keineswegs abschrecken. Immerhin haben
so Masterstudierende, Doktoranden und Doktorandinnen gute
Chancen auf jede Menge relevante Fragestellungen.
Arbeitswelt und Wohlbefinden
Annekatrin Hoppe ist in Hamburg geboren, ging im Schles-
wig-Holsteinischen Pinneberg sowie auf die Deutsche Schule
in Washington in den USA zur Schule und kehrte zum Psy-
chologiestudium in die Hafenstadt zurück, wo sie 2008 auch
promovierte. Und zwar zu dem Thema, das bis heute einer
ihrer drei Forschungsstränge ist, weil es durchgehend Bedeu-
tung und nun mit der Zuwanderung der Flüchtlinge erneute
Brisanz bekommen hat: Arbeitsbedingungen und Gesundheit
von Beschäftigten mit Migrationshintergrund. Die Verbindung
von Arbeitswelt und Wohlbefinden – nach der WHO-Definition
weit mehr als körperliche Gesundheit – hat Hoppe schon vor
der Promotion fasziniert. Während des Erasmus-Jahres an der
Universität im italienischen Padua und als DAAD-Stipendiatin
an der US-amerikanischen Universität Stanford untersuchte
sie die Wirkung unterschiedlicher Beschäftigungsverhältnisse
auf Arbeitnehmer. In ihrer Postdoc-Zeit in Stanford beteiligte
sich die junge Wissenschaftlerin an einem Projekt zu gesund-
heitsbezogenen Interventionen bei häuslichen Pflegekräften
PROF. DR. ANNEKATRIN HOPPE
Occupational Health Psychology
Institut für Psychologie
Lebenswissenschaftliche Fakultät
Humboldt-Universität zu Berlin