Immobilienwirtschaft 3/2019 - page 14

Bezahlbares Wohnen: Lösung aus Frankreich?
D
ie „Loi Pinel“ – das „Gesetz Pinel“ –
ist nach der früheren französischen
Ministerin für Wohnen und Regio-
nalentwicklung benannt. Neu erfunden
hat Sylvia Pinel das Programm 2014 al-
lerdings nicht. Vielmehr wurden frühere
Versionen, wie zum Beispiel Scellier und
Duflot, weiterentwickelt. Das Ziel des Ge-
setzes, mehr bezahlbaren Wohnraum zu
schaffen, wird dadurch erreicht, dass pri-
vate Anleger mittels Steuervorteilen zum
Kauf einer neuen oder neu renovierten
Wohnung motiviert werden, die dann
für eine vereinbarte Laufzeit zu einem
gedeckelten Preis vermietet wird. Das
Programm will Haushalte unterstützen,
die keinen Zugang zu Sozialwohnungen
haben, aber auf dem freienMarkt keine für
sie bezahlbare Wohnung finden.
Wie sieht das Modell konkret aus?
Das
französische Staatsgebiet wurde in fünf
Zonen aufgeteilt. Die Zuteilung von Re-
gionen und Städten zu einer bestimmten
Zone entscheidet zum einen darüber, ob
das Gesetz überhaupt zur Anwendung
kommen kann, und zumanderen über die
Höhe des Mietpreises und des maximalen
Einkommens der Mieter.
Aktuell und gültig noch bis 2021 gibt
es diese Art der Förderung in Paris und
den nahen Vororten (Zone Abis), im
Speckgürtel von Paris, an der Côte d’Azur,
in großen Städten wie Lyon und Marseille
(Zone A) und in Ballungsräumenmit über
250.000 Einwohnern oder in kleineren
Städten mit ungewöhnlich hohen Immo-
bilienpreisen wie in der Küstenstadt St.
Malo oder in der Alpengemeinde Cluses
(Zone B1).
sätzlichen Anreiz für einen Kauf stellt
die Erlaubnis dar, die Immobilie an Ver-
wandte in auf- und absteigender Linie zu
vermieten, sofern diese nicht im gleichen
Steuerhaushalt gemeldet sind. Somit lässt
sich zum Beispiel der Alterswohnsitz der
Eltern finanzieren.
Erreicht das Programm in Frankreich
sein Ziel?
Die Zahlen sind gut. Im Jahr
2017 wurden insgesamt 60.000 Einheiten
verkauft. ImVergleich zumVorgängermo-
dell Duflot, welches 2013 einen Verkauf
von 40.000 Einheiten erreichen konnte,
stellt dies eine signifikante Steigerung
dar. Dem Mietwohnungsmarkt wurde
also eine bedeutende Anzahl an quali-
tätsvollen, modernen Einheiten zuge-
Die Anforderungen an den Wohnraum
beschränken sich darauf, dass die Häu-
ser neu gebaut oder neuwertig sein müs-
sen. Außerdem muss die Zertifizierung
als Niedrigenergiehaus vorhanden sein
oder die Einhaltung der jeweils aktuellen
Energievorschriften. Es gibt also keinerlei
Beschränkungen hinsichtlichWohnform,
Größe oder Einheiten imObjekt. Auch die
Renovierung eines heruntergekommenen
Altbaus oder die Umänderung eines Bü-
ros in ein Loft sind bei Einhaltung der
Qualitätsstandards möglich. Eine weitere
Auflage ist lediglich eine Fertigstellung
binnen 30 Monaten ab Baubeginn. Die
Obergrenzen für die Mietpreise, abhän-
gig von Zone und Größe, werden jährlich
angepasst. Derzeit liegt der Mietpreis pro
Quadratmeter zwischen 10,15 Euro (Zone
B1) und 16,96 Euro (Abis). Ein Koeffizient
bildet je nach Größe der Immobilie Zu-
und Abschläge ab.
Um als Mieter von einer Immobilie
nach Pinel profitieren zu können, dürfen
die steuerpflichtigen Einnahmen oder
das Jahresnettogehalt einen bestimmten
Wert, abhängig von Haushaltsgröße und
Zone, nicht überschreiten. Die Bandbrei-
te liegt für Singles zwischen 30.572 Euro
(Zone B1) und 37.508 Euro (Abis) und bei
Ehepaaren mit zwei Kindern bei maximal
59.270 Euro in Zone B1 und 87.737 Euro
in Zone Abis.
Was die Loi Pinel attraktiver als die
Vorgängermodelle macht, ist die Erhö-
hung des Steuervorteils von früher ma-
ximal 18 Prozent auf nunmehr bis zu
21 Prozent des investierten Betrages. Im
Höchstfall beträgt die Steuerersparnis
63.000 Euro in zwölf Jahren. Einen zu-
Foto: tanialerro.art/shutterstock.com
Das französische Modell Loi Pinel soll die Errichtung von
Wohnraum ankurbeln, ohne dass die öffentliche Hand als
Bauherr und Vermieter auftritt. Könnte dies auch in Deutsch-
land eine Lösung für mehr bezahlbare Wohnungen sein?
Die Loi Pinel kommt in
Frankreich unter anderem
in Paris zur Anwendung.
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POLITIK, WIRTSCHAFT & PERSONAL
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AUSLAND
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