Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 15

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Foto: DV
Wohneigentum jetzt fördern
T
rotz der vielerorts gestiegenen Immobilienpreise könnten heute weit mehrMenschen
Wohneigentum finanzieren als noch vor einigen Jahren. Die Raten für Zins und
Tilgung sind durch das niedrige Zinsniveau günstig. Allerdings fehlt vielenHaushal-
ten das notwendige Eigenkapital. Familien und Einzelpersonen mit Durchschnittsein-
kommen tun sich deshalb gerade in Wachstumsregionen schwer. Die im EU-Vergleich
niedrige deutsche Wohneigentumsquote von etwa 45 Prozent stagniert. Sie droht sogar
zu sinken. Bei den unter 55 -Jährigen ging sie seit 2010 bereits zurück.
Dabei entspricht Wohneigentum nach wie vor demWunsch der meistenMenschen.
Auch für die Vermögensbildung breiter Schichten hat das Wohneigentum eine hohe
Bedeutung. So habenWohneigentümer der gleichen Einkommensgruppe imAlter neben
ihrer Immobilie auch deutlich mehr Geldvermögen angespart als Mieter. Dadurch ist
Wohneigentumauch für die Alterssicherung unverzichtbar. Zudem trägtWohneigentum
zur Stabilisierung von Stadtquartieren bei. Denn wer dauerhaft imQuartier bleibt, dem
liegt die Quartiersentwicklung besonders am Herzen. Schließlich entlastet der Bau von
Eigentumswohnungen und Eigenheimen auch die Mietwohnungsmärkte.
Deshalb sollte die neue Bundesregierung sich dringend auf eine wirkungsvolle
Wohneigentumspolitik rückbesinnen und bald eine ins Gewicht fallende Eigentums-
förderung auf den Weg bringen. Vor allem junge Familien mit durchschnittlichen Ein-
kommen sollten beimZugang zu einer günstigen, sicherenWohneigentumsfinanzierung
unterstützt werden. Denn außer der Wohnungsbauprämie und der Arbeitnehmerspar-
zulage, die seit Jahren nicht mehr angepasst wurden, gibt es keine Bundesunterstützung
mehr. Und auch dieWohnraumförderung der Länder ist für das selbst genutzteWohnei-
gentum rückläufig. Damit setzt im gesamten OECD-Raum kein einziges Land so wenig
staatliche Mittel für die Wohneigentumsbildung ein wie Deutschland. Befürchtungen,
man könnte die Menschen in exorbitante Verschuldungen treiben, entbehren jeder
Grundlage. Die Deutschen finanzieren ihr Wohneigentum extrem verantwortungsvoll.
Seit einiger Zeit diskutieren Politik und Fachwelt verschiedene Modelle der Eigen-
tumsförderung: einen einmaligen Eigenkapitalzuschuss, ein jährliches Baukindergeld
oder staatlich garantierte Nachrangdarlehen. Wegen des Zinsniveaus und der Breiten-
wirkung muss aktuell die Unterstützung bei der Eigenkapitalbildung durch einmalige
oder auf mehrere Jahre verteilte Investitionszuschüsse – gestaffelt nach Kinderanzahl
– im Vordergrund stehen. Für bestimmte Fallkonstellationen könnten aber ergänzend
einzelne Bausteine zu flexiblen Programmen mit Wahlmöglichkeiten kombiniert wer-
den. So könnte gerade für einkommensschwächere Haushalte ein Nachrangdarlehen
mit langfristig günstigen Zinsen mit jährlichen Sondertilgungszuschüssen ausgestaltet
werden. Oder aber Haushalte könnenwählen, ob ein Eigenkapitalzuschuss, ein jährliches
Baukindergeld oder ein Nachrangdarlehen für ihre Situation günstiger ist. Hierfür kann
auf Erfahrungen aus verschiedenen KfW-Programmen aufgebaut werden, bei denen die
KfW bewiesen hat, dass sie mit flexiblen Modellen arbeiten kann.
Entscheidend ist es, dass die Bedingungen der Wohneigentumsförderung so ausge-
staltet werden, dass möglichst viele Haushalte von den günstigen Finanzierungskonditi-
onen profitieren können und dieWohneigentumsquote wieder erhöht werden kann. Dies
steht nicht in Konkurrenz zur weiterhin notwendigen Stärkung desMietwohnungsbaus,
sondern garantiert den ausgewogenenMix von qualitativ hochwertigenMietwohnungen
und selbst genutztem Wohneigentum.
Oda Scheibelhuber, Ministerialdirektorin
a.D., Leiterin der Arbeitsgruppe „ifs Wohnei-
gentum“ des Deutschen Verbandes für Woh-
nungswesen, Städtebau und Raumordnung
Deutscher Verband
Politik
und Fachwelt fordern schon
länger eine Wiederbelebung
der Eigentumsförderung. So
auch der Deutsche Verband.
Er hat verschiedene Modelle
erörtert und plädiert für mög-
lichst flexible Förderansätze.
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Oda Scheibelhuber, Berlin
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