Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 12

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MARKT & POLITIK
I
HERAUSFORDERUNGEN
individuellen Lebensanforderungen mit
Immobilien Rechnung getragen werden
kann.
TREND INDIVIDUALISIERUNG
Der Trend
zur Individualisierung ist eine Resultan-
te aus verschiedenen gesellschaftlichen
Entwicklungsprozessen. Die Ausprägung
individueller Lebensstile setzt einen ho-
hen materiellen und immateriellen Le-
bensstandard voraus. In hochentwickelten
Volkswirtschaften bestehen die materiel-
len Voraussetzungen aufgrund verfüg-
baren Einkommens und Vermögens und
können die immateriellen Vorausset-
zungen durch die Tolerierung ganz unter-
schiedlicher Lebensstile geschaffen wer-
den. Unterschiedliche Lebensstile finden
in der Priorisierung der Lebensbereiche
und den Formen des Zusammenlebens
ihren Ausdruck.
Die Selbstverwirklichung kann glei-
chermaßen im Beruf wie im Hobby ge-
sehen werden und ebenso in sehr unter-
schiedlichen Formen der Partnerschaft.
Die individuellen Ansprüche an das
Zusammenleben haben sich maßgeblich
geändert, nicht aber das Grundkonzept
der Wohnung, das aus dem Zeitalter
der Industrialisierung stammt und die
klassische Familie als Nutzer unterstellt.
Neben dieser existieren heute Patchwork­
familien, Alleinerziehende, Singlehaus-
halte in allen Altersgruppen, Selbststän-
dige bzw. Zweitjobber, für die Wohnen
und Arbeiten verschmilzt, sowie pflege-
bedürftige Personen.
Die idealen Wohnvorstellungen sind
bei all diesen Zielgruppen differenziert.
Das betrifft gleichermaßen die Wohnung
selbst wie auch das Wohnumfeld. In an-
gespanntenWohnungsmärktenmuss hie-
rauf kaum Rücksicht genommen werden,
lässt sich doch jede verfügbare Wohnung
vermarkten. Die Frage ist nur, wie nach-
haltig in dem Fall die Vermarktung ist.
Wenn sich wissenschaftlich-technische
und gesellschaftliche Entwicklungspro-
zesse immer schneller vollziehen, än-
dern sich damit auch in immer kürzeren
Zeiträumen die funktionalen Anforde-
rungen an die Immobilie.
Diese Entwicklung vollzieht sich dia-
metral zum langlebigen Wirtschafts- und
Sozialgut Wohnimmobilie. Hieraus erge-
ben sich besondere Herausforderungen an
die Investoren. DasThema der so genann-
ten Drittverwendungsfähigkeit, wie sie
von Banken bei langfristiger Darlehensge-
währung schon immer erfragt wird, wird
zum generellen Anspruch. Immobilien
werden also so gestaltet, dass auf verän-
derte Nutzeranforderungen ohne großen
baulichenAufwand reagiert werden kann.
ANFORDERUNGEN AN DIE PLANUNG VON
REGIONEN
Die aufgeführten Trends füh-
ren zu verändertenNutzeranforderungen,
die gleichermaßen Lage- und Objekt
anforderungen beinhalten.
Mit dem Megatrend Digitalisierung
ist die Megaanforderung nach schnellen
Internetverbindungen, das heißt nach ho-
her Datenübertragbarkeit verbunden. So
wie die Erschließung eines Gebietes mit
öffentlichen Straßen, Wasser, Abwasser
und Energie zwingende Voraussetzung für
die Realisierung einer Immobilieninvesti-
tion ist, wird der Zugang zum schnellen
Internet zu einer gleichwertigen Kompo-
nente. Die weitere Entwicklung kleinstäd-
tischer und ländlicher Räume wird ganz
maßgeblich von der Internetversorgung
abhängen.
Die Wohnung wird zum Headquarter
der Kommunikation und Informations­
gewinnung für alle Lebensbereiche. Damit
eröffnen sich gleichberechtigte Chancen
für alle regionalen Lagen und für alle
Zielgruppen. Lerngruppen können über
das Internet gebildet werden, Berufstätige
können teilweise von zu Hause arbeiten,
was Zeit- und Kostenersparnis bringt und
zudemumweltschonend ist. Gesundheits-
daten können an die Arztpraxis über-
29
%
Bevölkerungsrückgang für Leip-
zig wurde 2000 prognostiziert.
Tatsächlich wächst die Bevölke-
rung mit Hauptwohnsitz dort um
17,5 Prozent. Derartige Fehlpro-
gnosen bildeten jahrelang die
Basis für Wohnungspolitik.
Trend: Die Wohnung wird zum
Headquarter von Kommunikation
und Informationsgewinnung
werden. Immobilienbranche und
Politik müssen sich dem stellen.
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