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2-01.2017
es sehr wichtig zu wissen, welche Ange-
bote das Unternehmen zu diesem Thema
macht“, erzählt Claudia Scheele, Projekt-
leitung „Beruf und Familie“ bei ECE. So
gibt es bei ECE die Zusammenarbeit mit
demexternen Familiendienstleister „pme“
in den Bereichen Kinderbetreuung und
Eldercare. Hier können die Mitarbeiter
sich kostenlos beraten lassen und erhalten
Unterstützung bei der Suche nach Fach-
personal. „Darüber hinaus haben wir ei-
nen speziellen ECE-Kinderbetreuungszu-
schuss für die Phase bis zur Einschulung.
Unsere Mitarbeiter können in Notsituati-
onen ihre Kinder mit an den Arbeitsplatz
bringen. In unserer Zentrale steht dafür
ein Eltern-Kind-Büro zur Verfügung.
In den Shopping Centern gibt es außer-
dem für diese Gelegenheiten eine Kids@
Office-Boxmit einer Spielzeugsammlung“,
erzählt Scheele. Zudem gebe es flexible
Arbeitszeitmodelle mit der Möglichkeit,
mobil oder zeitweise im Home Office zu
arbeiten. „Für die Zukunft konzentrieren
wir uns vor allem darauf, noch individu-
eller auf die Bedürfnisse derMitarbeiter in
verschiedenen Lebensphasen einzugehen,
so zum Beispiel Grundsätze für altersge-
rechte Qualifizierung zu entwickeln, Teil-
zeit speziell bei Führungskräften zu för-
dern und unterschiedliche Karrierewege
je nach Lebensphase zu erarbeiten.“
ENTSCHEIDEND BEIM RECRUITING
Auch Si-
mone Wipplinger, Sprecherin der Patrizia
Immobilien AG, stellt immer wieder fest,
dass gerade in einem so engen Arbeits-
markt wie in der Immobilienbranche eine
familienfreundliche Unternehmenskultur
beim Recruiting oft das entscheidende
Zünglein an der Waage ist. Sie beobach-
tet, dass Bewerbungen von Fachkräften
gezielt deshalb kommen, „weil bekannt
ist, dass Familienfreundlichkeit bei Pa-
trizia gelebt wird“. Auch Patrizia arbeitet
mit dem externen „pme“-Familienservice
zusammen. Außerdem seien im Unter-
nehmen Teilzeitangebote verbreitet und
Sabbaticals, die auch eine längere Auszeit
ermöglichen. „Für die Zukunft wollen wir
das Jobsharing nochweiter ausbauen“, sagt
Simone Wipplinger.
Natürlich sei es für Immobilienunter-
nehmen nicht immer einfach, familien-
freundlich zu sein: „Niemand sagt, dass es
leicht ist, eine Abteilung mit Teilzeitkräf-
ten zu führen. Und ehrlicherweise wird
eine Führungskraft bei freierWahl immer
liebermit Vollzeitkräften arbeiten, daDin-
ge wie Kind abholen, die Mutter pflegen
oder eine Drei-Tage-Woche dann kein
relevantes Thema sind. Andererseits gibt
es viele positive Beispiele, wie erfolgreich
Teilzeitarbeit gemeistert werden kann“,
so die Patrizia-Sprecherin. „Nimmt man
die Bedürfnisse eines Mitarbeiters ernst,
spiegelt sich das unter anderem in einer
niedrigen Fluktuation und einem kollegi-
alen, positiven Arbeitsklima.“ Die Mühe
lohne sich also allemal.
FLEXIBEL AUF BEDÜRFNISSE REAGIEREN
Auch Iris Schönbeck, Director HR bei der
Corpus SireoHolding GmbH, betont, dass
eine familienfreundliche Personalpolitik
eine Win-win-Situation für Beschäftigte
und Arbeitgeber schafft. Corpus Sireo
will bei Mitarbeitern besonders dadurch
punkten, dass die Personalabteilung sehr
flexibel auf die jeweiligen Bedürfnisse
der Mitarbeiter reagiert, etwa durch eine
kurzfristige oder vorübergehende Verkür-
zung der Arbeitszeiten, durch Teilung des
Arbeitsplatzes oder durch Home-Office-
Lösungen. „Die Möglichkeit, innerhalb
kürzester Zeit die Arbeitszeit zu reduzie-
ren und dies vor allem befristet, ist eine
große Anforderung an den Arbeitgeber“,
sagt Iris Schönbeck: „In der Regel gelingt
uns dies aber sehr gut und wird von den
Mitarbeitern als absolut positiv wahrge-
nommen. Wir sind keine Paragrafenreiter,
sondern reagieren schnell und sehr indi-
viduell.“
Eine Patentlösung für eine erfolgreiche
Familienpolitik gibt es dennoch nicht.
Soll die familienfreundliche Unterneh-
menspolitik von Erfolg gekrönt sein,
muss die Geschäftsleitung mit der Perso-
nalabteilung an einem Strang ziehen, die
Führungskräfte einbinden und diese ent-
sprechend schulen. Der Organisationsauf-
wand scheint am Anfang zwar erheblich,
aber er lohnt sich allemal, auch um sich
einen klaren Wettbewerbsvorteil im „War
for Talents“ zu sichern.
SUMMARY
»
Mehr als 90 Prozent aller jungen Berufstätigen mit Kindern
ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf inzwischen ebenso
wichtig oder sogar wichtiger als das Gehalt. Auch bei männlichen Mitarbeitern rückt dieser Aspekt immer mehr in den Fokus.
»
Für eine erfolg-
reiche Familienpolitik reichen einzelne Maßnahmen jedoch nicht aus,
das Unternehmen muss die Familienfreundlichkeit fest in der Unterneh-
menskultur verankern.
»
Eine Patentlösung gibt es nicht,
aber der Aufwand lohnt sich, auch als Wettbewerbsvorteil im „War for Talents“.
«
Irene Winter, Berlin
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