Immobilienwirtschaft 05/2015 - page 12

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Markt & Politik
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Ausgewählte Gesetzesvorhaben
Als ein Instrument für
langfristige Investitionen in
Unternehmen und Infrastruk-
turprojekte propagiert die
Europäische Kommission den
neugeschaffenen Europäischen
Langfristigen Investmentfonds
(ELTIF). Noch ist nicht klar, wie
er ausgestaltet werden wird …
Eines der wesentlichen politischen
Ziele der neuen EU-Kommission
ist die Schaffung einer Kapital-
marktunion, mit der der Kapital-
marktzugang auch kleiner und
mittelständischer Unternehmen
verbessert und die Finanzierungs-
kosten der Wirtschaft insgesamt
reduziert werden sollen. Zu diesem
Zweck hat die Kommission am 18.
Februar 2015 ihr „Grünbuch Kapi-
talmarktunion“ vorgelegt, dessen
wesentliche Bausteine bis 2019
umgesetzt sein sollen.
Ziel der Maßnahmen ist in erster
Linie eine Diversifizierung der
Finanzierungsquellen für Unterneh-
men, die künftig auch grenzüber-
schreitend verstärkt auf Alterna-
tiven zum klassischen Bankkredit
zurückgreifen können, gerade
wenn die Kreditproduktion der
Banken den Investitionsbedarf der
Wirtschaft nicht decken kann.
Funktionierende Kapitalmärkte
und langfristige Finanzierungs-
möglichkeiten spielen für die
Immobilienwirtschaft eine
besondere Rolle. Wichtig ist dabei,
dass neben der Schaffung neuer
Finanzierungsinstrumente auch
lang bewährte und funktionieren-
de Instrumente als solche erkannt
und gewürdigt werden, damit
sie weiterhin genutzt und ihre
Bedeutung keinesfalls durch neue
Regulierungen reduziert wird. Der
langfristige Bankkredit muss daher
auch in Zukunft eine wichtige
Rolle spielen. Wir freuen uns, dass
die EU-Kommission sich hierzu
zwischenzeitlich explizit bekannt
hat, und werden im weiteren
Verlauf des Gesetzgebungspro-
zesses darauf achten, dass dies
gewährleistet ist.
Deutschland kann in vielen der
von der Kommission ins Auge ge-
fassten Bereiche eine Vorbildrolle
einnehmen, beispielsweise bei der
Gestaltung eines funktionierenden
Marktes für Privatplatzierungen,
bei der Schaffung eines qualitativ
hochwertigen Covered-Bond-
Rahmenwerkes oder auch in der
traditionellen langfristigen und
bankbasierten Immobilienfinan-
zierung, die – über den Pfandbrief
refinanziert – eine besonders
kostengünstige Alternative für
Immobilieninvestoren ist.
Als mögliches Instrument für lang-
fristige Investitionen in Unterneh-
men und Infrastrukturprojekte pro-
pagiert die Europäische Kommissi-
on den Europäischen Langfristigen
Investmentfonds (ELTIF). Das neue
Instrument könnte durchaus als
Ergänzung zu bewährten Formen
der langfristigen Refinanzierung
dienen. Dies setzt allerdings vo-
raus, dass ein solches Instrument
praxisgerecht ausgestaltet ist,
denn ansonsten besteht die akute
Gefahr, dass es ungenutzt bleibt
und seine intendierte Rolle nicht
wahrnehmen kann.
Positiv zu werten ist, dass die
Kommission bei der Verfolgung
ihres Ziels, die Langfristfinan-
zierung als wichtige Säule der
Finanzindustrie zu stärken, nicht
davor zurückscheut, bereits
bestehende Regulierungsinhalte
zu hinterfragen und bedarfsweise
zu verändern. Sie folgt damit der
langjährigen Forderung der Finanz-
industrie, Regelungsinhalte auf
ihre Wirkung und Wechselwirkung
zu prüfen, anstatt immer neue
Regulierungsvorhaben zu initiieren,
ohne sich wirklich Klarheit über
deren Wirkungsweise verschafft
zu haben. Als Beispiele mögen
Überlegungen dienen, Kredite an
KMU und Infrastrukturinvestitionen
in den aufsichtlichen Regelwerken
besser zu behandeln, als dies
gegenwärtig der Fall ist.
Jan Bettink
Grünbuch: Hauptsache praxisgerecht
Die Reform des Wohngeld-
rechts ist ein längst überfäl-
liger Schritt. Aber sie hält nur
zum Teil das, was sich viele
angesichts der gestiegenen
Wohnnebenkosten von ihr
versprechen.
Ein positiver Schritt – so kann
man die Reform des Wohn-
geldrechts bezeichnen, die die
Bundesregierung vor wenigen
Wochen beschlossen hat. Die
letzte Anpassung des Wohngeldes
liegt immerhin über sechs Jahre
zurück. Mit dem nun vorgelegten
Gesetzentwurf setzt die Bundesre-
gierung ihre Ankündigung aus dem
Koalitionsvertrag um: Sie plant, die
Leistungshöhe und Miethöchstbe-
träge beim Wohngeld zum 1. Juni
2016 an die Bestandsmieten- und
Einkommensentwicklung anzupas-
sen. Doch hält diese Reform wirk-
lich das, was sich viele angesichts
der gestiegenen Wohnnebenkos-
ten von ihr versprechen?
Die Antwort lautet: zum Teil.
Mit der Reform sollen die
Tabellenwerte des Wohngeldes
so angepasst werden, dass
gestiegene Bruttowarmmieten
bei der Leistungserhöhung durch
eine entsprechende Erhöhung der
Tabellenwerte mit einbezogen
sind. So wird ein Großteil der Stei-
gerung der warmen Nebenkosten
abgedeckt werden. Der Gesetzes-
Axel Gedaschko
Wohngeld – eine Reform, aber kein großer Wurf
Jan Bettink, Vizepräsident ZIA und Vor-
standsvorsitzender der Berlin Hyp AG
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