Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 98

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
ENERGETISCHE SANIERUNG
an der Hülle und/oder der technischen
Gebäudeausrüstung förderfähig sind.
Zudem wird auch der Neubau energieef-
fizienter gewerblicher Nichtwohngebäude
gefördert. Darüber hinaus sind auch unter
Denkmalschutz stehende Gebäude sowie
sonstige erhaltenswerte Bausubstanz (§
24 I EnEV) im Zusammenhang mit einer
energetischen Sanierung förderfähig. Die
bereits bestehenden Programme zur ener-
getischen Sanierung von Wohngebäuden
wurden nochmals erheblich ausgeweitet.
Bei der energetischen Bewirtschaftung
vonNeubauten kommt aktuell ein anderer
Brennstoffmix zumEinsatz als bei der En-
ergieversorgung von Bestandsgebäuden.
Besonders deutlich wird dies wiederum
beim Einsatz von leichtem Heizöl. Wäh-
rend gegenwärtig Mineralöl im Neubau-
bereich nahezu bedeutungslos ist, betrug
der Nutzungsanteil dieses Brennstoffs bei
der Beheizungsstruktur desWohnungsbe-
standes auch 2015 noch 26,8 Prozent. Im
Neubau hingegen hat sich beispielsweise
der Einsatz von Fernwärme in den letzten
zehn Jahren mehr als verdreifacht.
EINZELMASSNAHMEN VERSUS KOMPLETT-
SANIERUNG
Im Fokus der öffentlichen
Wahrnehmung stehen regelmäßig
„Leuchtturmprojekte“ mit hervorra-
genden energetischen Kennwerten. Ent-
sprechend finden sich beispielsweise Be-
standsgebäude, die nach einer Komplett-
sanierung zumindest auf dem Papier den
Passivhausstandard erreichen. Diese Ori-
entierung an den Maximalforderungen
des öffentlichen Meinungsklimas führte
in der Vergangenheit oftmals zu einem
„Alles oder nichts“-Ansatz. So wurden
im Portfolio häufig einige wenige Gebäu-
de sehr aufwändig saniert, während der
Großteil des Bestandes nahezu unangeta-
stet blieb. Zeitgemäß hingegen wirkt ein
quartiersbezogener Ansatz. Oftmals wird
es so sein, dass – bezogen auf ein Port-
folio – eine größere Summe aus gering-
investiven Einzelmaßnahmen mehr zur
Energieeinsparung und zumKlimaschutz
beiträgt als die Komplettsanierung einiger
weniger Objekte.
AKZEPTANZ GEFÄHRDET
Die Akzeptanz
von Anforderungen an die energetische
Gebäudequalität wird nur erhalten blei-
ben, wenn die geforderten Maßnahmen
ökonomisch sinnvoll sind. Neben ver-
schiedenen Energiepreisszenarien ist
hierbei zwischen Neubaustandard und
Sanierung zu unterscheiden. Werden
– umweltpolitisch gewünscht – unwirt-
schaftliche Standards favorisiert, ist die
Lücke durch den Einsatz von geeigneten
Fördermitteln zu schließen.
Die Frage nach Umfang und Quali-
tät einer energetischen Sanierung bezie-
hungsweise die freiwillige Übererfüllung
der EnEV im Neubau stellt sich zudem
grundlegend im Rahmen der Portfolio-
betrachtung. Sollen vorzugsweise wenige
Gebäude unter Beachtung des technisch
Möglichen „maximal“ saniert oder sollen
die zur Verfügung stehenden Finanzmittel
auf das Gesamtportfolio gleichmäßig ver-
teilt werden? Die beschriebenenVerschie-
bungen in der eingesetzten Heiztechnik
zeigen, dass es sinnvoll wäre, auch hin-
sichtlich der Wärmeversorgung zwischen
Neubau und Bestand zu differenzieren.
Zudem muss einzelfallbezogen auch die
Frage nach einem ausgewogenen Verhält-
nis zwischen der energetischen Qualität
der Gebäudehülle und der eingesetzten
Haustechnik beantwortet werden.
Investitionen in die Haustechnik, in
Steuerung und Messkonzepte wurden
bei dieser Frage in der Vergangenheit
tendenziell vernachlässigt. So kann es
kaum verwundern, dass nicht einmal die
verbindlichen technischen Nachrüstver-
pflichtungen der EnEV flächendeckend
umgesetzt wurden.
Die eigentlich gelöste – weil selbst-
verständliche – Frage nach der Wirt-
schaftlichkeit von Maßnahmen muss also
offensichtlich neu gestellt werden. Denn
damit verbinden sich heute vielfältige,
anspruchsvolle und neuartige Fragestel-
lungen. Dringend erforderlich ist daher
ein Update auf das „Wirtschaftlichkeits-
gebot 2.0“.
«
Werner Dorß, Rechtsanwalt Frankfurt/M.
„Nichtwohngebäude un-
terliegen immer einem
Wirtschaftlichkeitsgebot.
Investitionshöhe und
Kosteneinsparungen
werden in ihrer Wechsel-
wirkung berücksichtigt.“
Ullrich Brickmann,
Siemens AG,
Siemens Deutschland, Building Tech-
nologies
Wirtschaftlichkeitsgebots nicht erreichen
lässt, dienen unter anderem Fördermittel
der öffentlichen Hand dazu, mögliche Lü-
cken zu schließen. Bei Neubautenwird zu-
demdie freiwillige Übererfüllung der ver-
bindlichen Mindestanforderungen geför-
dert. Daher sollte grundsätzlich zwischen
der Sanierung im Bestand und der Neu-
bauqualität unterschieden werden. Zum
01.07.2015 wurden hierzu die Programme
der Kreditanstalt fürWiederaufbau (KfW)
neu strukturiert und erheblich erweitert.
So erfasst das Energieeffizienzprogramm
276, 277, 278 auch die energetische Sa-
nierung von gewerblichen Nichtwohnge-
bäuden, wobei auch Einzelmaßnahmen
1...,88,89,90,91,92,93,94,95,96,97 99,100,101,102,103,104,105,106,107,108,...116
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