Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 91

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0.2015
FAKTEN:
Der Vermieter hat die Kündigung damit begründet, dass er die Wohnung für
den neuenHausmeister benötige. Beide schlossen einen Räumungsvergleich. Nach dem
Auszug des Mieters wurde die Wohnung anderweitig vermietet. Der Mieter nimmt
den Vermieter nunmehr auf Schadensersatz wegen eines vorgetäuschten Bedarfs in
Anspruch. Das Berufungsgericht wies die Klage ab: Dem Räumungsvergleich sei ein
Verzicht des Mieters auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Bedarfs zu
entnehmen. Der BGH hat dem Mieter Recht gegeben. Maßgeblich ist allein, dass der
Mieter das Räumungsverlangen für gerechtfertigt ansieht.
FAZIT:
Eine andere Rechtslage ist anzunehmen, wenn der Mieter auf jeden Fall – ohne
Rücksicht auf das Bestehen des Eigenbedarfs – ausziehenwill. An denWillen desMieters
zum Verzicht auf eventuelle Schadensersatzansprüche sind strenge Anforderungen zu
stellen. Ein Indiz hierfür kann sein, dass der Vermieter eine substanzielle Gegenleistung
erbringt, etwa eine Abstandszahlung leistet oder auf Schönheitsreparaturen verzichtet.
VORGETÄUSCHTER BETRIEBSBEDARF
Schadensersatz trotz
Räumungsvergleich?
Der Vermieter ist im Falle der Vor-
täuschung von (Eigen-)Bedarf – wie
auch sonst bei einer schuldhaften
(materiell) unberechtigten Kündigung
eines Dauerschuldverhältnisses – dem
Mieter gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum
Schadensersatz verpflichtet.
BGH, Urteil v. 10.06.2015, VIII ZR 99/14
FAKTEN:
Ein langjährigerMieter zahlte abMärz 2009 keine oder nur einen Teil derMiete.
Im Juni 2010 wurde über das Vermögen desMieters das Verbraucherinsolvenzverfahren
eröffnet. Die Treuhänderin erklärte am01.07.2010 die Freigabe desMietverhältnisses. Im
Januar 2012 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Die Vermieterin hat das Miet-
verhältnis wegen der Mietrückstände mehrfach gekündigt. Das Berufungsgericht wies
die Räumungsklage ab. Die Revision der Vermieterin hatte Erfolg. Ist Gegenstand des
Mietverhältnisses die Wohnung des Schuldners, kann der Insolvenzverwalter erklären,
dass Ansprüche, die nach Ablauf der Drei-Monats-Frist fällig werden, nicht im Insol-
venzverfahren geltend gemacht werden können. Die Erklärung hat zur Folge, dass die
Verwaltungsbefugnis betreffend dieWohnung vomTreuhänder auf denMieter übergeht.
Dieser muss die Miete aus dem ihm verbleibenden Vermögen bezahlen.
FAZIT:
Nach dem Wortlaut des § 112 InsO wirkt die Kündigungssperre nicht über die
Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus, mit der weiteren Folge, dass der Vermieter nach
der Aufhebung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsverzug kündigen kann.
ZAHLUNGSVERZUG
Kündigung gegenüber insol-
ventem Wohnungsmieter
Die Kündigungssperre des § 112 InsO
gilt nach Wirksamwerden der Ent-
haftungserklärung des Insolvenzver-
walters weder im Insolvenzverfahren
noch in dem sich daran anschlie-
ßenden Restschuldbefreiungsverfah-
ren. Der Verzug des Mieters mit der
Entrichtung der Miete endet nicht mit
der Insolvenzeröffnung.
BGH Urteil vom 17.06.2015 –VIII ZR 19/14
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Mietrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Der Eigentümer eines Gebäudes errichtete im Jahre 2010 in etwa 20 Meter
Entfernung von der Gebäudeterrasse einenmit einemMetallzaun versehenen Bolzplatz,
der nach Nutzungszeiten genutzt wird. Die Mieter minderten die Miete um 20 Prozent.
Der Vermieter hat wegen derMietrückstände Zahlungsklage erhoben. Der BGHhat ihm
in letzter Instanz Recht gegeben. Es ist umstritten, welche Rechtsfolge gilt, wenn sich die
beim Vertragsschluss bestehenden Umwelteinflüsse während der Mietzeit nachträglich
verändern. Laut BGH sind nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen grundsätzlich
nicht als Mangel zu bewerten, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- oder
Entschädigungsmöglichkeit als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss.
FAZIT:
Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen
und ähnlichen Einrichtungen, wie beispielsweise Ballspielplätzen, durch Kinder hervor-
gerufen werden, haben im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung mit der Folge,
dass bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen Immissionsgrenz- und -richtwerte
nicht herangezogen werden dürfen.
LÄRM
Grundsatzentscheidung zur
Mietminderung
Nachträglich erhöhte Geräuschimmis-
sionen von einem Nachbargrundstück
begründen grundsätzlich keinen zur
Mietminderung berechtigenden Man-
gel der Mietwohnung, wenn auch der
Vermieter sie ohne eigene Abwehr-
oder Entschädigungsmöglichkeit als
unwesentlich oder ortsüblich hinneh-
men muss.
BGH, Urteil v. 29.04.2015, VIII ZR 197/14
1...,81,82,83,84,85,86,87,88,89,90 92,93,94,95,96,97,98,99,100,101,...116
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