Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 90

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IMMOBILIENMANAGEMENT
I
RECHT
Kann die Mietsache nach den vertrag-
lichen Vereinbarungen sowohl zu Wohn-
zwecken als auch gewerblich genutzt wer-
den, so liegt ein Mischmietverhältnis vor.
Je nach demSchwerpunkt der Nutzung ist
ein solches Mietverhältnis entweder als
Wohnraummietverhältnis oder als Ge-
werbemietverhältnis zu bewerten. Nach
den Feststellungen der Instanzgerichte
liegt der Schwerpunkt der Nutzung vor-
liegend in der Wohnraumnutzung.
Auf ein solches Mietverhältnis ist insge-
samt Wohnraummietrecht anzuwenden.
Dies gilt auch für die Kündigung. Inso-
weit ist zu bedenken, dass ein einheitliches
FAKTEN:
Gegenstand des Mietvertrags ist
ein ehemals landwirtschaftlich genutztes
Anwesen, bestehend aus einem Bauern-
haus nebst Nebengebäuden. Die Mieter
nutzten das Bauernhaus als Wohnung;
in den Nebengebäuden betrieben sie ein
Ladengeschäft zur Raumausstattung. Der
Vermieter kündigte das Mietverhältnis
wegen Eigenbedarfs. Er will das Bauern-
haus seiner Tochter und deren sieben-
jährigem Kind als Wohnung überlassen.
Einen Bedarf für die gewerblich genutzten
Räume hat der Vermieter nicht. Der BGH
hatte zu entscheiden, ob der Vermieter
gleichwohl zur Kündigung berechtigt ist.
Urteil des Monats:
Eigenbedarf bei Mischraum
Bei einem einheitlichen Mischmietverhältnis, das wegen überwiegender Wohnnutzung als Wohnraummietverhältnis
anzusehen ist, braucht sich ein vom Vermieter geltend gemachter Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen.
BGH Urteil vom 01.07.2015 –VIII ZR 14/15
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Die Entscheidung betriffteine Tiefgarage. Die sollte verkauftwerden. Die Kauf-
interessentinmachte den Verkauf von einer Änderung der Pachtbedingungen abhängig.
Das Ergebnis dieser Verhandlungen wurde von den Parteien des Pachtvertrags über-
nommen: Diese schlossen am 27.12.1999 einen neuen Pachtvertrag, der unter anderem
eine Endrenovierungsklausel enthält. Das Gericht hatte über deren Wirksamkeit zu
entscheiden.
Bei der Wohnraummiete sind formularvertraglich vereinbarte Endrenovierungsklau-
seln, nach denen der Mieter unabhängig vom Zustand der Mietsache bei Vertragsende
zur Rückgabe einer renovierten Wohnung verpflichtet ist, grundsätzlich unwirksam.
Nach einer verbreiteten Ansicht gelten für die Geschäftsraummiete dieselben Grund-
sätze. Vorliegend ist allerdings zweifelhaft, ob die Endrenovierungsklausel als AGB zu
bewerten ist. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt ein Stellen von Vertragsbedin-
gungen nicht vor, „wenn die Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen in
einen Vertrag auf der freien Entscheidung desjenigen beruht, der von der anderen Ver-
tragspartei mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird. Dasselbe gilt, wenn, wie
hier, die Aufnahme der Vertragsbedingung auf einen Vorschlag des Kaufinteressenten
erfolgt und die vertragsschließenden Parteien diesenVorschlag gemeinsamakzeptieren.
FAZIT:
Die Klausel ist somit als Individualvertrag zu bewerten. Eine in einemGeschäfts-
raummietvertrag individualvertraglich vereinbarte Endrenovierungsklausel erachtet das
Gericht für wirksam.
ALLGEMEINE
GESCHÄFTSBEDINGUNGEN
Tiefgarage: Wann sind
AGBs „gestellt“?
Handeln Pächter und Verpächter
gemeinsam gegenüber einem po-
tenziellen Erwerber die Bedingungen
des Pachtvertrages aus und schließen
Pächter und Verpächter diesen Vertrag
dann ab, gilt keiner von ihnen als Ver-
wender im Sinne der §§ 305 ff. BGB.
OLG Rostock Urteil vom 19.03.2015 -3 U 15/14
Mietverhältnis nur insgesamt gekündigt
werden kann; eine auf die Wohnräume
beschränkte Kündigung ist damit aus-
geschlossen. Dies führt zu der Frage, ob
der Vermieter auch dann zur Kündigung
berechtigt ist, wenn er lediglich Bedarf
an den Wohnräumen hat. Dies wird vom
BGH bejaht.
FAZIT:
Die Entscheidung beruht auf der
zutreffenden Erwägung, dass Gewer-
beräume keinen Kündigungsbeschrän-
kungen unterliegen. Es wäre deshalb ver-
fehlt, wenn der Bedarf auf die gewerblich
genutzten Teile erstreckt würde.
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
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