Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 85

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Handelns. Der Fachkundenachweis kann
nur ein erster Schritt sein.
Was hat sich in der letzten Zeit für den
Verwalter besonders verändert?
Kaßler:
Der Gesetzgeber will bis zum Jahr
2050 einen klimaneutralen Gebäudebe-
stand erreichen. Der klassische Verwalter
ist hier überfordert. Dies spricht für einen
eigenen Ausbildungsberuf und eben auch
für eine Weiterbildungsverpflichtung.
Haase:
Gerade beimThemaGebäudetech-
nik tut sich besonders viel. Dies ist auch
ein Ausbildungsblock, der beim klas-
sischen Immobilienkaufmann sehr stark
vernachlässigt wird. Hinzu kommen die
Anforderungen bei der energetischen Sa-
nierung und beimaltersgerechtenUmbau.
Der Verwalter wandelt sich zum immobi-
lienwirtschaftlichen Berater.
Wen berät er denn?
Haase:
Den Eigentümer. Dieser kommt
mit Halbwissen zumVerwalter undmöch-
te etwas umgesetzt sehen. Der Verwalter
muss reagieren. Auch Beschlüsse müssen
entsprechend vorbereitet werden.
Der Eigentümer, der sich von seinem
Verwalter schlecht beraten fühlt, geht
halt zum nächsten ...
Haase:
Die Möglichkeit hat er nur alle
paar Jahre. Und mit der Zeit schwinden
manchmal auch die Erinnerungen …
Heckeler:
Die Grundausbildungmuss uns
wichtig sein. Später sind in puncto Fortbil-
dung Verbände und Akademien gefragt,
und wir tun hier unser Möglichstes, um
unsere Mitglieder fit zu machen.
Kaßler:
Man kann auch nicht davon aus-
gehen, dass immer jederWohnungseigen-
tümer weiß, was in seiner Gemeinschaft
passiert. Er bekommt es oft erst dann mit,
wenn es zu spät ist. Deshalb ist es unsere
Aufgabe, die Eigentümer darauf aufmerk-
sam zu machen, nach welchen Kritierien
ein Verwalter bestellt wird.
Gehen Sie mit Ihrer Informationspolitik
direkt an den Eigentümer heran?
Kaßler:
Ja. 130 Millionen Leser erreichen
wir jährlich in Print- und Onlinemedien.
Die Botschaft ist zumeist: Nehmen Sie
einen qualifizierten Verwalter, möglichst
einen aus unseren Regionalverbänden.
Wenn mehr Wohnungseigentum ent-
steht, wächst auch der Markt?
Heckeler:
Es wirdmehr gebaut, mehr pri-
vatisiert. Wir haben aufgrund der Zuwan-
derung einen erhöhten Bedarf an preis-
wertemWohnraum. Deswegen sehen wir
die Entwicklung in den nächsten Jahren
für den Verwalter positiv.
Kaßler:
Es wird aber zu Konzentrations-
bewegungen kommen. Eine Frage ist, wie
Verwalter künftig auskömmliche Preise
am Markt erzielen können.
Haase:
Nicht zu vergessen die neuen
Chancen durch das Bestellerprinzip.
Worin liegen sie?
Haase:
Es ist eine zusätzlicheMöglichkeit,
Einnahmen zu generieren. Bisher war es
für Mietverwalter schwierig, das zu tun.
Jetzt kann er es gleich machen, da er so-
wieso alle relevanten Daten hat.
Rechnen Sie damit, dass jetzt verstärkt
Makler auf den Verwaltermarkt drän-
gen werden?
Haase:
Das gab es in der Vergangenheit
immer wieder. Das Gros der Makler wird
damit aber Schiffbruch erleiden.
Heckeler:
Mir ist nicht bange davor, denn
sobald der Maklermarkt wieder anzieht,
haben diese Makler oft auch das Verwal-
tersegment wieder verlassen.
Hat Ihre Branche eigentlich Nachwuchs-
sorgen?
Kaßler:
Ja, große. Das wird eine Haupt-
aufgabe der Zukunft sein.
Haase:
Der Durchschnittsverwalter hat
etwa sieben Mitarbeiter. Nur 25 Prozent
unserer Verwaltungen bilden aus. Dies
betrifft den Kaufmann für Büromanage-
ment und den klassischen Immobilien-
kaufmann. Die Jugendlichen sehen den
Makler mit seinen vermeintlich hohen
Provisionen; sie sehen spannende Tätig-
keiten beim Bauträger oder Projektent-
wickler. Wir müssen uns strecken, um
mithalten zu können.
Heckeler:
Das Verwaltergeschäft ist nach-
haltig, was sich am Anfang einer Berufs-
wahl aber nicht gut vermitteln lässt.
Das Problem ist doch auch, dass Eigen-
tümerversammlungen immer abends
stattfinden.
Heckeler:
Wir sind dabei, die Eigentümer
immer mehr davon zu überzeugen, Ver-
sammlungen auch mal am späten Nach-
mittag abzuhalten. Je später die Versamm-
lung, umso höher die Gebühr.
Haase:
Ich bin mir sicher, dass sich auch
digital einiges ändern wird. Vielleicht gibt
es in absehbarer Zeit die virtuelle Eigentü-
merversammlung.
Gibt es besondere Projekte für die näch-
sten Jahre?
Heckeler:
Wir werden verstärkt die Aus-
wirkungen prüfen müssen, die Gesetzes-
vorhaben in der Praxis haben.Wirmüssen
dafür sorgen, dass Verwalter ihr Geschäft
praktikabel verrichten können.
Können sie das nicht?
Heckeler:
Nehmen Sie die Trinkwasser-
Novellierung. Noch immer sind 60 Pro-
zent der Bestände nicht erstbeprobt. Ab
und zu sind Übergangsfristen einfach zu
kurz, der Gesetzgeber verlangt zu viel.
Und wir werden darauf achten, dass das
Wohnungseigentum als größtes Segment
der Wohnungswirtschaft bei der Gesetz-
gebung stärker beachtet wird. Auch wird
uns das Verwalter-Image beschäftigen.
Foto: DDIV
ZUR DEN PERSONEN
Wolfgang Heckeler
ist Präsident des DDIV,
Steffen Haase
Vizepäsident,
Martin Kaßler
ist Geschäftsführer des DDIV.
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