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6|2018
Ein neues Leitbild für den „Wohnungsbau auf der grünen Wiese“
Gartenstadt reloaded?
In vielen Kommunen stößt der Wohnungsbau flächenmäßig an seine Grenzen. Konversionsflächen gibt es
kaum noch, die Innenverdichtung allein wird den fehlenden Baugrund nicht ersetzen. Also wird wieder am
Stadtrand gebaut – auf der grünen Wiese. Eigentlich ein Tabubruch, der sich nur rechtfertigen lässt, wenn
die Fehler der Vergangenheit vermieden und an die neuen Siedlungen besondere städtebauliche Qualitäts-
maßstäbe angelegt werden. Immer mehr Siedlungen werden deshalb als Gartenstädte geplant.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie Generati-
onen von Stadtplanern Gutes gewollt, aber häufig
Problematisches geschaffen haben. Ihre Fixierung
auf das 1933 formulierte städtebauliche Leitbild
der Charta vonAthenmit seinermonofunktionalen
Ausrichtung hat zumBau von Zeilenhaus-Siedlun-
gen mit „Sozialgrün“ (Betreten des Rasens verbo-
ten!) sowie von Trabanten- und Schlafsiedlungen
geführt, in denen Grünflächen eher ein gestalteri-
sches Feigenblatt waren. Inzwischen haben Grün-
flächen bei der Planung neuer Siedlungen einen
besonderen Stellenwert als Freizeit-, Erholungs-
und Kommunikationsflächen erhalten.
Oft wird dabei auf den Begriff „Gartenstadt“ zu-
rückgegriffen, auch wenn dieser in Deutschland
das heimelige Bild der vor und nach dem Ersten
Weltkrieg gebauten, meist sozial- und funktional
monostrukturierten historischen Gartenstadt-
siedlungen mit Doppel- und Reihenhäusern he-
raufbeschwört. Zu diesen Doppel- und Reihen-
haussiedlungen gehörten ausgedehnte individuell
genutzte Hausgärten – daher der Name Garten-
stadt. Das neue städtebauliche Bild der neuen Gar-
Visualisierungen der im Südwesten Hamburgs geplanten Siedlung „Fischbeker Reethen“
Quelle:
KCAP/Kunst+Herbert
Dr. Holmer Stahncke
Freier Journalist
Hamburg
STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG