DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2017 - page 11

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Maßvolle Dichte – maßvolle Mischung:
Das in den 1960er Jahren als Kontrapunkt zum
bis dahin gültigen Leitbild der aufgelockerten
Stadtlandschaft propagierte städtebauliche Leit-
bild „Urbanität durch Dichte“ hat sich als prob-
lematisch erwiesen. Dichte allein erzeugt mit-
nichten Urbanität, sondern nachbarschaftliche
Probleme. Neue Wohnsiedlungen und Stadtteile
können und sollen nicht die Funktionsdichte und
-mischung innerstädtischer Gründerzeitgebiete
erreichen. Gleichwohl sind lebendige gemischte
Quartiere mit vielfältigen Wohn- und Nutzungs-
formen zu schaffen, wobei die zentrumsnahen
Erdgeschosszonen von besonderer Bedeutung
sind.
Hohe Gestaltqualität – Quartiere „mit eigenen
Gesichtern“:
Große Wohnungsbauvorhaben haben das Pro-
blem der Masse. Im Interesse überschaubarer
Nachbarschaften lohnt es deshalb, beim Bauen
über Gestaltungsregeln für Quartiere „mit ei-
genen Gesichtern“ mit nicht mehr als ca. 500
Wohnungen nachzudenken, die den jeweiligen
neuen Stadtteil nachbarschaftsfreundlich und
gestalterisch ansprechend strukturieren.
Vielfältige Mobilität:
Je peripherer einWohngebiet, umso entscheiden-
der wird seine Attraktivität von der verkehrlichen
Anbindung an das Zentrumund die anderen Stadt-
teile abhängen. Dabei geht es um alle Formen des
Verkehrsverbundes: zu Fuß, per Rad, per ÖPNV
und per PKW. Umein neues Mobilitätsverhalten zu
fördern, kommt der Anbindung an den ÖPNV und
der attraktiven Gestaltung des Fahrradverkehrs
ebenso besondere Bedeutung zuwie neuen Ange-
boten des Carsharing oder der Elektromobilität.
Öffentliche Räume sollen fußgängerfreundlich
und barrierefrei gestaltet sein.
sich in vier Kategorienmit insgesamt 17 Prinzipi-
en, die hier zusammengefasst dargestellt werden.
Städtebauliche Prinzipien
Verträgliche Einbindung in Stadt und Landschaft:
Neue Quartiere müssen auf Basis integrierter
Stadtentwicklungskonzepte mit klar definiertem
Bezug zum Umfeld entwickelt werden. Zu klären
ist: Welche Leistungen kann die neue Siedlung für
die Nachbarschaft übernehmen? Welcher Mehr-
wert kann geschaffen werden, damit Akzeptanz
für das neue Bauen entsteht? Wie fügt sich die
Neubebauung in die Landschaft ein?
Wohnen im Grünen – hohe Freiraumqualität:
Ruhiges und sicheres Wohnen im Grünen ist ein
zentrales Bedürfnis, das sich seit Jahrzehnten un-
verändert durch die Umfragen zuWohnwünschen
zieht. Bewährt hat sich einWohnumfeldmit subtil
abgestuften privaten, gemeinschaftlichen und öf-
fentlichen Aufenthaltsqualitäten.
Die Gartenstadt Drewitz in Potsdam: Der
Stadtteil Drewitz ist ein Beispiel dafür, wie ein
industriell errichtetes Wohngebiet in Anlehnung
an die 1920er Jahre umgebaut werden kann.
Mit der Umgestaltung der Hauptverkehrsstraße
zur „Grünen Achse“ und der Aufwertung des
Wohnumfeldes erhält das Gebiet den Charakter
einer durchgrünten Gartenstadt (siehe hierzu
auch S. 12-15 in dieser DW)
Quelle: Ulf Böttcher
Quelle: Adam Sevens
Urbanes Wohnen – gute soziale Infrastruktur:
Menschen möchten am liebsten ruhig im Grünen
und gleichzeitig gut versorgt und urban leben. Da-
her rührt die starke Nachfrage nach Wohnungen
in zentrumsnahen durchgrüntenWohnsiedlungen.
Je peripherer einWohngebiet, umso notwendiger
ist seine Ergänzung durch eine lebendige soziale
Infrastruktur.
Die komplexe Ausstattung mit Gemeinbedarfs-
einrichtungen – von der Schule über die Kita
bis zum Nachbarschaftstreff – und die deshalb
gute Eignung für Familien mit Kindern ebenso
wie die Anpassungsfähigkeit an gewandelte Be-
dürfnisse, z. B. für seniorengerechtes Wohnen,
ist ein Vorteil vieler großer Wohngebiete des
20. Jahrhunderts, der bei neuen Bauvorhaben
nicht aufgegeben werden darf. Je größer der
neue Stadtteil, umso wichtiger ist ein abgestuf-
tes Zentrensystem, das dem Standort gemäße
urbane Ansprüche erfüllt.
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