DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 8/2015 - page 39

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unter demallgemeinenMietniveau in Darmstadt.
Umfangreiche Instandhaltungsarbeiten stehen in
den kommenden zehn Jahren an, umdie Vermiet-
barkeit aufrechtzuerhalten. Für den Gebäudebe-
stand gilt eine Sozialcharta, die die Bauverein AG
mit der Stadt Darmstadt vereinbart hat. Diese
Sozialcharta regelt unter anderem die Warmmie-
tenneutralität der getätigten Investitionen und
das allgemeine Mietniveau.
Aus der Analyse ergab sich, dass in dem betrach-
teten Portfolio aufgrund des baulichen Zustands
bei knapp 50% der Gebäude Vollmodernisierun-
gen erforderlich sind. Bei den restlichenGebäuden
werden in den kommenden 10-15 Jahren lediglich
dieHeizungsanlagen ausgetauscht. DieAnalyse der
ausgewählten, 2014 von der Bauverein AG erwor-
benen, 78 Gebäude hat gezeigt, dass unter den
getroffenen Annahmen 65% warmmietenneutral
und wirtschaftlich auf das Niveau der EnEV 2014
modernisierbar sind. Die CO
2
-Einsparungen liegen
bezogen auf das Gesamtportfolio bei 16%. Strebt
man hingegen das KfW-55-Niveau an, können49%
des Portfolioswarmmietenneutral undwirtschaft-
lich modernisiert werden. Obwohl hier insgesamt
weniger Gebäude saniert werden, sind die CO
2
-
Einsparungen bezogen auf das Gesamtportfolio
wesentlich höher und liegen bei 30%. ProGebäude
können bei Vollsanierung auf KfW-55durchschnitt-
lich 76% der CO
2
-Emissionen eingespart werden.
Dieses durchaus positive Ergebnis ist möglich, da
sowohl die eingesparten Anteile der warmen Be-
triebskosten als auch die prognostizierte Steige-
rung der Heizkosten der Kaltmiete zugeschlagen
werden, dieWarmmiete also faktisch gleich bleibt.
Die Mieter profitieren dabei von einer kostenneu-
tralen Verbesserung des Wohnkomforts. Mit Blick
auf das geltendeMietrecht ist dieses Vorgehen ak-
tuell jedoch nur beimAbschluss neuerMietverträge
umsetzbar. DieseMöglichkeit einer jährlichenMiet-
erhöhung in Höhe der vermiedenen Heizkosten-
steigerung muss gewährleistet sein, um die Wirt-
schaftlichkeit einer energetischenModernisierung
abzusichern. Die Ergebnisse des Projektes dienen
auch für die Diskussion mit der Kommune und den
Gesetzgebern, wie die Verschiebung der Kosten-
einsparung aus denwarmenBetriebskosten hin zur
Kaltmiete zukünftig erreicht werden können.
Fazit
Mit Hilfe des neuenModells gelang es, alternative
Szenarien zu berechnen und darauf aufbauend eine
passende Lösung zu wählen: „Mit der Berechnung
des Sanierungspfads auf einen KfW-55-Standard
haben wir gezeigt, wie ein Immobilienportfolio,
das strengenMietniveaubegrenzungen unterliegt,
wirtschaftlich auf einen Entwicklungspfad ge-
bracht werden kann, der mit den Klimaschutzzie-
len der Bundesregierung kompatibel ist. Mit dem
EnEV-2014-Standard ist das nicht zu erreichen“,
erklärt Tobias Krug, Projektleiter beimWWF.
Bei Sanierungen auf EnEV-2014-Niveau sind die
Eigenkapitalrenditen zwar höher, gleichzeitig
nehmen aber auch die langfristigen Investitions-
risiken deutlich zu. Das liegt einerseits daran, dass
EnEV-2014-Energieeffizienzniveaus nicht aus-
reichend sind, um die Ziele der Bundesregierung
für 2050 zu erreichen. Sollten sich die energeti-
schen Anforderungen in den kommenden Jahren
verschärfen, könnte eine wiederholte Sanierung
vor 2050 erforderlich werden. Ein weiteres wirt-
schaftliches Risiko liegt in der ggf. niedrigeren
Attraktivität des EnEV-2014-Wohnraumes für die
Mieter, weil die Heizkosten imVergleich zu einem
KfW-55-Haus mehr als doppelt so hoch sind.
Im nächsten Schritt wird die Bauverein AG ge-
bäudeindividuelle Handlungsoptionen prüfen und
die energetischenModernisierungen imDialogmit
Mietern und der Kommune vorbereiten.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Die betrachteten technischen Lösungen umfassen alle typischen energetischen
Modernisierungsmaßnahmen mit der Option einer Voll- oder Teilmodernisie-
rung je nach Ausgangslage des Gebäudes. Im Hinblick auf die Modernisierungs-
kosten wurde ein integrierter Vollkostenansatz verfolgt. Dabei wurden drei
Kostenblöcke betrachtet (siehe auch Abbildung 1):
• effizienzrelevante Kosten: Kosten der reinen energetisch wirksamen Maßnah-
me, z. B. Dämmung, Heizungsanlage,
• nicht effizienzrelevante Kosten: Kosten für Maßnahmen, die im Zuge von
energetischen Modernisierungsmaßnahmen zwangsläufig anfallen, z. B.
Dacheindeckung, Gerüststellung,
• Kosten für allgemeine Wohnungsmodernisierungen, z. B. Bäder, Fußböden,
Wände.
Der künftige Anstieg der Energiekosten wurde auf Basis der historischen Werte
mit 5% pro Jahr angenommen. Das Modell berechnet dabei die Kapitalwerte
der Investition, die Eigenkapitalrenditen und die CO
2
-Wirkungen der Maßnah-
men sowohl für Einzelgebäude als auch für das gesamte Portfolio.
ANNAHMEN UND VORGEHEN IM PRAXISPROJEKT
KOSTENBLÖCKE UND EINNAHMEARTEN
Quelle: DENEF
Modernisierung auf EnEV-
2014-Niveau (€/m
2
)
Kosten
Kosten
Einnahmen
Einnahmen
Modernisierung auf KfW-
55-Niveau (€/m
2
)
251
167
249
269
936
594
123
249
385
1.351
155
96
820
1.071
394
228
820
1.442
Zusatzgewinn Wohnungswirtschaft*
KfW-Förderung
Eingesparte Energiekosten
* z. B. durch Mietsteigerung bei Neuvermietung
Andere Kosten (z. B.: Fremdkapitalkosten)
Zusatzkosten Wohnungsrenovierung
Modernisierungskosten (nicht effizienzrelevant)
Modernisierungskosten (effizienzrelevant)
Wirtschaftlichkeitsberechnung, exemplarisch für ein Gebäude; Betrachtungsdauer 25 Jahre
Das Excel-Tool und ein Innovationsleitfaden
mit Praxisideen für die Wohnungswirtschaft
können kostenfrei heruntergeladen werden:
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