DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2015 Sonderheft - page 21

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Sonderheft Finanzierung |2015
forderung. Im April 2014 hat Londons Bürger-
meister Boris Johnson „Homes for London: Lon-
don Housing Strategy 2014“ veröffentlicht.
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In
diesem Strategiepapier wird dargelegt, wie die
jährliche Produktion von Wohnungen auf 42.000
verdoppelt werden soll. Mit den jährlichen Wert-
steigerungen im Immobilienmarkt und z. T. noch
höheren Steigerungen im privaten Mietmarkt ist
Wohnen in London zu einemLuxus geworden, den
sich immer weniger Londoner leisten können. Der
durchschnittliche Ersterwerb einer Wohnimmobi-
lie in London ist mittlerweile den obersten 20% in
der Haushaltseinkommensverteilung vorbehalten,
also längst schon außerhalb der finanziellenMög-
lichkeiten der Mittelschicht.
Wohnen: Essentielle Infrastruktur
Von einer Wohnungsmarktkrise wird schon länger
gesprochen, aber mittlerweile hat auch die gene-
ration rent in London schon keine Zukunft mehr.
Die Unbezahlbarkeit von Wohnraum wirkt sich
zunehmend auf die wirtschaftlicheWettbewerbs-
stellung Londons im internationalen Kontext aus;
wenngleich Personen in höheren und höchsten
Einkommensschichten weiterhin in London
wohnen können, werden mittlerweile nicht nur
die unteren, sondern auch schon mittleren Ein-
kommensschichten aus London verdrängt. Dies
führt insbesondere zu Problemen, da viele der ein-
kommensstarkenWirtschaftssektoren (Finanzen,
Versicherungen, Quartärsektor) auf Dienstleis-
tungen vor Ort angewiesen sind (z. B. Rezeption,
Sicherheits- und Reinigungskräfte), als auch die
in diesen gut bezahlten Sektoren Erwerbstätigen
personengebundene Dienstleistungen erwarten
(z. B. Friseure, Gastwirte, Gärtner, Haushälter,
Chauffeure). Bezahlbarer Wohnraumwird daher in
der Londoner Wohnungsstrategie als „essentielle
Infrastruktur“ für die Stadt ausgewiesen.
In der Londoner Wohnungsstrategie wird ein be-
sonderes Augenmerk auf intermediate housing
(Wohnraum, der zwischen Sozial- und Marktmie-
te angeboten wird) gelegt. Dieses relativ neue
Produkt im englischen Wohnungsmarkt wird
überwiegend von housing associations (sozialen
Wohnbaugesellschaften) zur Verfügung gestellt;
letztlich auch, weil sich deren Finanzierungs-
modell mit deutlich rückläufigen öffentlichen
Fördermitteln sehr viel stärker am Markt orien-
tieren muss (es verbleibt die Frage, wer dann in
Zukunft soziale Mieten anbieten wird). Interme-
diate housing liegt zwischen 80 und 100% des
jeweiligen Marktwertes der Immobilie (sowohl
für Miete als auch Kauf) und richtet sich an Haus-
halte, die ein eigenes Einkommen haben (d. h.
kein Wohngeld beziehen), sich aber trotzdem
keine Immobilie im freien Markt leisten können.
Zunehmend werden diese Immobilien auch in
shared ownership (Mietkauf) angeboten, um die
Bewohner an der zu erwartenden, positiven Wer-
tentwicklung der Immobilie teilhaben zu lassen
(und um den Investoren eine zumindest anteilig
schnellere Refinanzierung zu bieten).
Ausblick
Es bleibt abzuwarten, ob diese Strategie den ge-
wünschten Erfolg bringen wird. Im Unterschied
zu Deutschland ist herauszustellen, dass die freie
Marktwirtschaft in England einen grundsätzlich
verschiedenenWohnungsmarkt bedingt: markt-
regulierende Maßnahmen sind nicht nur poli-
tisch unbeliebt, sondern haben auch, sofern sie
in der Vergangenheit Anwendung fanden, nicht
die Wirkung gehabt, die man erwartet hatte; so
führte z. B. die Aufhebung der Mietkontrolle
(rent control, vergleichbar demdeutschenMiet-
spiegel verbunden mit Mieterschutzrecht) für
den privaten Mietmarkt im Jahr 1988 zu einem
deutlichen Anstieg an Wohnungen, die zur Mie-
te nach einen langen Stagnation auf den Markt
kamen. Der englische Ansatz zielt sehr viel mehr
auf financial engineering ab, d. h. strukturierte
Finanzprodukte, wie z. B. Wohnbauanleihen an
den Kapitalmärkten, die mehr Investitionsvo-
lumen in den Wohnungsmarkt bringen sollen.
Ein immer öfter genutztes Instrument sind auch
staatliche Garantiefonds, die über eine eingetra-
gene, variable Grundschuld an der Wertentwick-
lung der Immobilie beteiligt sind; d. h. bei einer
Wertsteigerung der Immobilie umbeispielsweise
10%, erhöht sich auch der Rückzahlungsbetrag
entsprechend. Andere Modelle sind Real Esta-
te Investment Trusts (REITs) für institutionelle
Anleger und Self-Invested Personal Pensions
(SIPPs) für private Anleger, verbunden jeweils
mit entsprechenden steuerlichen Anreizen. So
bleibt sich London als Finanzmetropole der Welt
eben treu!
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Greater London konstituiert sich als die City of London und 32 Boroughs (Gemeinden). Inner London hat 3,3 Mio. Ein-
wohner (39,6%) in Camden, City of London, Hackney, Hammersmith und Fulham, Haringey, Islington, Kensington und
Chelsea, Lambeth, Lewisham, Newham, Southwark, Tower Hamlets, Wandsworth und Westminster. Outer London hat
etwas über 5 Millionen Einwohner (60,4%) in Barking und Dagenham, Barnet, Bexley, Brent, Bromley, Croydon, Ealing,
Enfield, Greenwich, Harrow, Havering, Hillingdon, Hounslow, Kingston upon Thames, Merton, Redbridge, Richmond
upon Thames, Sutton und Waltham Forest.
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Hier definiert als Nettohaushaltseinkommen weniger als 60% des nationalen Durchschnitts.
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Office for National Statistics (ONS) Sub-national Population Projections. 2012-based Subnational Population Projec-
tions. Published May 2014.
ons#tab-data-tables
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Department for Communities and Local Government (DCLG) Live Tables on Dwelling Stock. Table 100 number of
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Housing associations (Wohnbaugesellschaften) in England sind private Unternehmen, die als gemeinnützige Gesell-
schaften Wohnraum erstellen und bewirtschaften. Staatliche Förderung für Neubauten ist auf ca. 14% der Baukosten
reduziert worden; die verbleibenden 86% werden von den Wohnbaugesellschaften privat durch Kredite und Marktanlei-
hen sowie die zu erzielenden Mieteinnahmen finanziert.
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Von den ca. 1,5 Mio. im Eigenbesitz genutzten Wohnungen sind nach Angaben des CENSUS 2011 etwas über 56% noch
kreditfinanziert, während knapp 44% hypothekenfrei sind.
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Die Zahl bezieht sich auf „net additional dwellings“, d. h. Wohnungen, die aus dem Bestand herausfallen, sind von den
neu entstandenen Wohnungen abgezogen.
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Department for Communities and Local Government (DCLG) and Land Registry. Average house prices median annual
(2013). Published August 2014.
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National Housing Federation (NHF): Home Truths 2012/13 und Home Truths 2014/15.
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Valuation Office Agency (VAO): Private Rental Market Statistics. Published June 2014.
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Hierbei kann es sich zum einen um Zweitwohnungen (second homes) als auch nur sehr kurzzeitig genutzten Wohnraum
handeln.
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Abbildung aus: Housing in London 2014: The evidence base for the Mayor’s Housing Strategy. Published April 2014.
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Homes for London: The London Housing Strategy. Published April 2014.
Draft%20London%20Housing%20Strategy%20April%202014_0.pdf
Leben in London
1...,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20 22,23,24
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