STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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4|2015
Die Angebotslücke bei den altersgerechten Woh-
nungen wird bis 2030 weiter wachsen. In einer
2014 erstellten Potenzialanalyse zur altersgerech-
ten Wohnungsanpassung hat das Bauministerium
(BMUB)modellhaft die finanziellen Einsparpoten-
ziale durchmehr altersgerechtenWohnraum, auch
zur Versorgung Pflegebedürftiger, errechnen las-
sen. Insofern sind Investitionen in altersgerechtes
Wohnen sozial- und fiskalpolitisch richtig.
Zentrale Handlungsebene Quartier
Während allerdings mit der erfreulich stei-
genden Lebenserwartung die Zahl älterer und
hilfsbedürftiger Menschen wächst, stagniert
das informelle Helfer-Potenzial wie pflegende
Verwandte, Freunde, Nachbarn oder Freiwillige.
Daher reicht es nicht aus, lediglich in Gebäude zu
investieren. Neben Wohnraum und Wohnumfeld
sind altersgerechte Mobilität, Nahversorgung,
adäquate Pflege- und Betreuungsangebote so-
wie Gemeinschaftseinrichtungen vor Ort wich-
tig. Zentrale Handlungsebene für eine Bündelung
der notwendigen Angebote ist das Quartier als
gemischter und multifunktionaler Lebens- und
Identifikationsort. Doch diese Aufgabe kann die
Kommuna nicht allein stemmen. Es bedarf der
Verstetigung von Kooperationsmodellen mit der
Wohnungs- und Sozialwirtschaft sowie bürger-
schaftlich Engagierten. Aus den eingegangenen
Partnerschaften und Kooperationen ergeben sich
zudem Kostenvorteile für alle Akteure.
In Deutschland gibt es dazu einige erprobte Ini-
tiativen. Jedoch sind diese noch sehr projektbe-
zogen und pilothaft. Um die Herausforderungen
des demografischenWandelsmeistern zu können,
müssen diese Ansätzeweiter in die Fläche gebracht
werden. In einer Expertengruppe wurden daher
im Rahmen des EU-Projektes HELPS (INTERREG-
Programm Central Europe) erfolgversprechende
Ansätze erörtert und daraus Handlungsempfeh-
lungen entwickelt: Konzeptionelle Überlegungen,
Akteurskonstellationen, Finanzierungsmöglichkei-
ten und die Aufgabe der öffentlichenHand standen
dabei im Mittelpunkt (siehe Kasten auf S. 12).
Alle in einem Boot
Somuss auf den tatsächlichenBedarf der Bewohner
vor Ort eingegangen und durch kleinteilige, mo-
dulare Konzepte die Versorgung älterer Menschen
sichergestellt werden. Dies gelingt z. B. durch die
Erstellung vonQuartierskonzepten. Unter der Ein-
bindung aller vor Ort Beteiligten wird so effizient
das lokale Wissen über tatsächlich vorhandene
Angebote und identifizierte Angebotslücken ge-
neriert. Auch das ThemaWohnenwird künftig nicht
mehr nur durch „Wohnung“ definiert, sondern be-
darf besonders für ältereMenschen der Bereitstel-
lung zusätzlicher haushaltsnaher Dienstleistungen,
Beratungs- oder Betreuungsmöglichkeiten. Ein
Hilfemix mit modularen Serviceleistungen muss
Jonas Scholze
Leiter Büro Brüssel
Deutscher Verband für Wohnungs-
wesen, Städtebau und Raum-
ordnung e. V., Brüssel
Nadja Ritter
Projektleiterin
Deutscher Verband für Wohnungs-
wesen, Städtebau und Raum-
ordnung e. V., Berlin
Gemeinsam im Quartier
Nachhaltige altersgerechte Quartiersentwicklung
bedarf neuer Kooperationsformen vor Ort
Das Wohnen im Alter ist für die Wohnungswirtschaft enorm wichtig, denn die Folgen des demografischen
Wandels stellen das gesellschaftliche Zusammenleben in den Städten und Quartieren vor tiefgreifende
Herausforderungen. Betrachtet man die wachsende Zahl älterer Menschen mit und ohne Mobilitätsein-
schränkungen, werden bereits heute mindestens 2,7 Mio. zusätzliche altersgerechte Wohnungen benötigt
– Tendenz steigend, denn nur 700.000 sind derzeit vorhanden. Doch Wohnungen allein genügen nicht.
Das selbstständige und selbstbestimmte Leben im Alter zu fördern, ist Ziel des vom
Bundesfamilienministerium gemeinsam mit dem Deutschen Verband für Wohnungswesen,
Städtebau und Raumordnung aufgelegten Programms „Anlaufstellen für ältere Menschen“.
Insgesamt sind deutschlandweit rund 300 Projekte zur Förderung ausgewählt worden, um so
Wohnungswirtschaft, soziale Träger und Kommunen dabei zu unterstützen, bestehende Infor-
mations- und Beratungsangebote für ältere Menschen auszubauen. Der Deutsche Verband für
Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung ist die Geschäftsstelle des Programms und un-
terstützt die Projektbeteiligten durch Wissenstransfer, Vernetzung und fachlichen Austausch.
DAS BUNDESPROGRAMM „ANLAUFSTELLEN FÜR ÄLTERE MENSCHEN“
Weitere Informationen unter:
d
Projektbeispiele unter:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung