Controller Magazin 6/2016 - page 6

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Digitale Transformation
ohne Controlling?
Die digitale Wirtschaft ist allgegenwärtig und
wird unter den Stichworten Digitalisierung, In-
dustrie 4.0 oder digitale Transformation als
Drohkulisse und Allheilmittel zur Steigerung der
operativen Effizienz und Zukunftssicherheit be-
nutzt (Kreutzer & Land, 2015). Über die gesam-
te Wertschöpfungskette werden gegenwärtig
digitale Projekte angestoßen. Die Digitalisie-
rung im Einkauf, die vor über 15 Jahren be-
gann, wird heute kontinuierlich perfektioniert,
um die Beschaffungskosten weiter zu optimie-
ren. Mit dem Internet of Things (IoT) erlebt die
«Disintermediation» eine neue Ausbaustufe und
schafft weitere Effizienzgewinne und Erlösstei-
gerungen durch die Ausschaltung von Zwi-
schenhändlern auf der Einkaufs- und Verkaufs-
seite. Mit dem Schlagwort Industrie 4.0 wird
eine noch effizientere Produktion angestrebt
und auch 3D-Drucker werden in der Flugzeug-,
Automobil-, Nahrungsmittel- oder Medizintech-
nikbranche verstärkt eingesetzt, um Produk-
tions- und Prozessschritte zu optimieren.
Neben einer stark risikobehafteten finanziellen
Ressourcensteuerung im Bereich der Unterneh-
menszukäufe und Investitionen in immaterielle
Güter (nicht nur Goodwill) kommt hinzu, dass
die Managementsysteme funktions- oder pro-
zessorientiert an die digitalen Ziele angepasst
werden müssen. Mit neuen Leistungsindikato-
ren muss früh gemessen und analysiert werden,
um die Effektivität und Effizienz der eingeleite-
ten strategischen Digitalinitiativen steuern zu
können. Oftmals fehlt es an realistischen Busi-
ness Cases, die fundiert die Kosten, Nutzen und
Risiken der digitalen Transformation erfassen,
analysieren und bewerten.
Der Controller ist in
dieser Situation gefordert, die Rolle des Na-
vigators durch die digitale Transformation
zu übernehmen, wenn er seiner Rolle im
Unternehmen als Managementpartner ge-
recht werden will.
Auf der Grundlage rationa-
ler Betrachtungen und Analysen sind deshalb
durch das Controlling die Chancen und Risiken
der Digitalisierung für Geschäftsprozesse und
das Geschäftsmodell zu prüfen.
Gleichzeitig
müssen die Controller sich fragen lassen,
ob sie die richtigen Fähigkeiten und ein ad-
äquates Instrumentarium für diese Aufgaben
haben.
Das digitale Wissen muss im Controlling
ausgebaut werden, um die digitalen Projekte ob-
jektiv zu beurteilen. Das ist die Basis zur Sicher-
stellung und Verbesserung der Datenqualität
als Entscheidungsgrundlage für die Geschäfts-
leitung. Dazu müssen kreative Controllinginstru-
mente für das operative und strategische
Digitalcontrolling entwickelt und implementiert
werden. Das bedarf der Konzeption aussage-
kräftiger digitaler Kennzahlen als Grundlage für
das Reporting. Mit Kostenarten-, Kostenstellen-
und Kostenträgerrechnungslogik allein kommt
man nicht weit in Geschäftsmodellen, die ver-
nachlässigbare Grenzkosten haben.
Jenseits der analytischen und instrumentellen
Herausforderungen kommt mit der digitalen
Digitale Transformation
Der Controller als Navigator durch die
digitale Transformation
von Avo Schönbohm und Ulrich Egle
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