REGION_REPORT_RHEIN_NECKAR 06/2016 - page 9

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KONVERSION
Im ehemaligen US-Quartier
Franklin Village startet die
Stadt Mannheim mit der
Konversion des gut 144 Hektar
großen Areals. Dr. Konrad Hum-
mel erläutert die Vorgehens-
weise und die Herausforde-
rungen auf dem Weg zu einem
lebendigen Stadtquartier.
Herr Dr. Hummel, die Stadt
Mannheim hat Franklin Village
inzwischen von der Bundesan-
stalt für Immobilienaufgaben
(BImA) erworben. Wie geht
es nun weiter?
Das Franklin-
Gelände ist in fünf Quartiere mit
unterschiedlichen Konzepten und
Entwicklungsschienen unterteilt.
Das Investitionsvolumen beträgt
rund eine Milliarde Euro. Für die
Areale Franklin-Mitte und die
Offizierssiedlung ist der Start-
schuss für den Baubeginn im April
gefallen. Die Erschließungs- und
Abrissarbeiten – immerhin 1,3
Millionen Kubikmeter – werden
voraussichtlich 14 Monate dauern.
Die Bestandsbauten stehen jedoch
schon früher zur Verfügung. Für
Sullivan ist ein Baubeginn Ende
2016, für das Gewerbe-Quartier
Columbus 2018 vorgesehen. Für
die Funari-Kasernen haben wir
einen städtebaulichen Wettbe-
werb mit einem Schwerpunkt auf
schnell umsetzbare und kosten-
günstige Wohnformen in serieller
Bauweise ausgeschrieben. Um das
Gebiet auch schon während der
Bauphase öffentlich zugänglich zu
machen und mit Leben zu füllen,
sind neben Outdoor- und Indoor-
Sportflächen auch Spielplätze und
Grünflächen mit Gastronomie
geplant.
Stehen schon Investoren bereit
und welche Anforderungen
stellen Sie an diese?
Ja, bisher
sind elf Investoren mit konkreten
Bauvorhaben an Bord, die Flächen
in Franklin-Mitte sind fast ver-
geben. Der Verkauf der Grund-
stücke erfolgt auf der Basis einer
Konzeptvergabe, die neben dem
Preis auch die Konzeptqualität,
die Auswirkungen der Investoren-
planung im städtischen Gesamt-
kontext und das Zueinander der
Einzelplanungen berücksichtigt.
Hierzu wurde auf Initiative der
MWSP ein Qualitätsteam gebildet
und ein spezifisches Franklin-Qua-
litäts-Zertifikat erarbeitet. Das neue
Franklin Village soll als inklusives
Stadtquartier die Vielfalt der Le-
bensstile aufgreifen und Jung und
Alt, Mieter und Eigentümer, Gesun-
de und Behinderte, Ruhebedürftige
und Fans urbaner Lebendigkeit
unter dem Dach einer gemein-
samen Franklin-Identität vereinen.
Diese Bandbreite spiegelt sich
auch in der Architektur wider.
Pfiffig gestaltete Reihenhäuser mit
eigenem Garten und Townhäuser
werden ebenso vertreten sein
wie Loft-Wohnungen, Wohnungen
für Pflege-Wohngemeinschaften,
seriell erstellte preiswerte
Wohngebäude oder vier in der
Höhe differierende Hochpunkte.
Für anerkannte Flüchtlingsfami-
lien mit mehreren Kindern sollen
200 große Wohnungen in den
Bestandsgebäuden freigehalten
werden. Hohe Aufmerksamkeit
widmen wir zudem der qualitäts-
vollen Gestaltung des öffentlichen
Raums und innovativen Ansätzen
aus den Bereichen Ökologie, Mobi-
lität und Energie.
Wie sehen Ihre Erfahrungen
als Leiter der städtischen Task
Force für Konversion aus?
Die
MWS Projektentwicklungsge-
sellschaft hat sich bewährt. Die
Konversion militärischer Flächen
gestaltet sich als Querschnittsauf-
gabe mit zahlreichen Schnittstel-
len. Dabei gilt es, die Interessen
und Anforderungen zahlreicher
Stakeholder zu berücksichtigen
und eine Balance zwischen deren
Eigeninteressen und den Interes-
sen der heutigen und künftigen
Stadtgesellschaft zu finden. Die
MWSP steht dabei im Spannungs-
feld zwischen Zeit, Ökonomie und
Bürgerbeteiligung. Viele Aufgaben
wie die Verkaufsverhandlungen
mit der BImA, die Bürgerbetei-
ligung, die Verhandlungen mit
interessierten Investoren oder die
Koordinierung der verschiedenen
Fachbereiche der Verwaltung
müssen parallel organisiert
werden. Die Vorschriften für die
Ausschreibung und Auftragsver-
gabe durch die öffentliche Hand
gelten dabei auch für uns. Zudem
gilt es, Ausgaben durch Einnahmen
zu kompensieren und das für den
Zeitraum von 20 Jahren vorgege-
bene Entwicklungs-Budget von
220 Millionen Euro einzuhalten.
Die Bewältigung dieser Komple-
xität gelingt als eigenständige
Gesellschaft mit ökonomischer
Verantwortlichkeit besser als in
einem Fachbereich der Stadt-
verwaltung im engeren Sinne.
Dennoch unterliegen auch wir der
Kontrolle des Gemeinderats.
Vielfalt einen Raum schenken
INTERVIEW
MIT DR. KONRAD HUMMEL
Dr. Konrad Hummel ist Geschäfts-
führer der städtischen MWS
Projektentwicklungsgesellschaft
in Mannheim. Diese ist seit 2012
für Kauf, Entwicklung und Ver-
marktung der Flächen in Franklin
Village zuständig.
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