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SPEZIAL RECRUITING
_DIGITALISIERUNG
spezial Recruiting 06/17
E
rinnern Sie sich noch an die
ersten Zeiten des Social-Media-
Booms im Personalmarketing
Ende der 2000er? Mit dem Auf-
kommen von Facebook-Karriere-Fan-
pages, Twitter-Karriere-Channels und
Kununu-Profilen trieb die deutschspra-
chige Employer-Branding-Zunft einen
bestimmten Begriff immer und immer
wieder durch das sprichwörtliche Dorf:
Authentizität. Das Bild, sprich Image, als
Arbeitgeber sollte dem geneigten Bewer-
ber so ehrlich und offen wie nur irgend-
wie möglich nähergebracht werden. Das
Mittel zum Zweck war hierbei der Mit-
arbeiter selbst. Menscheln sollte es also.
Der Personaler als solcher sollte von nun
an stärker in den Vordergrund rücken
und etwaigen Interessenten im Falle von
Facebook-Nachrichten oder Direct Mes-
sages auf Twitter direkt antworten. Bei
der Allianz kam Anfang 2016 zusätzlich
Whatsapp als Kommunikationsmittel
hinzu, bei dem Kandidaten eine Antwort
gar innerhalb von Minuten erwarten.
Immer mehr persönliche Dialoge
Parallel zu einer stetig wachsenden Zahl
zu betreuender Dialogplattformen blieb
die Personalausstattung seitens der Un-
ternehmen meist stabil. Umso größer
war die Freude unter den Tech-affinen
Personalern über den nun allmählich
massentauglich werdenden Einsatz von
(Chat-)Bot-Technologien. Die künstliche
Intelligenz (KI), um menschliches Wis-
sen nachzuahmen oder gar zu übertref-
fen, gibt es schon längst. IBMs Watson
Von
Dominik A. Hahn
besiegte seine humanen Mitstreiter be-
reits Anfang 2011 im TV-Game Jeopardy
und erst kürzlich setzte sich Googles KI
AlphaGo im wohl komplexesten aller
Brettspiele – dem japanischen Go – ge-
gen einen Menschen durch.
Das Imitieren menschlicher Kom-
munikation erfordert jedoch weit mehr
als das Berechnen von Spielzügen oder
Abrufen von erlerntem Wissen. Es war
der britische Mathematiker Alan Turing,
der 1950 davon ausging, dass im Jahr
2000 Computer in der Lage sein würden,
etwa 30 Prozent der Menschen davon
zu überzeugen, am anderen Ende der
Leitung säße ein echter Mensch. Davon
abgesehen, dass es bis heute keinem
empirischen Experiment gelang, diese
Prozentangabe zu erreichen, zeigt die-
se geringe Zahl an sich, wie schwer es
ist, sprachliche Human-Interaktion tech-
nisch abzubilden.
Ein Chatbot übernimmt
Dennoch sehen wir seit Monaten immer
mehr Chatbots im Personalumfeld, spe-
ziell im Bereich der Kandidatenkommu-
nikation. Aber auch diese werden den
Turing-Test nicht bestehen. Egal, ob Sie
sich den Karriere-Chatbot des Perso-
naldienstleisters Trenkwalder oder der
Autovermietung Sixt ansehen: Alle be-
schränken sich auf einen sehr dezidier-
ten Use Case – den der Jobsuche – und
verfügen nur über ein begrenztes Reper-
toire an Antworten.
Das muss nicht schlecht sein. Ganz im
Gegenteil: Je simpler und leichter ver-
ständlich ein Bot ist, desto klarer wird
der Nutzen für den Anwender. Auch die
Allianz wird in den kommenden Wochen
einen Job-Bot für Facebook ins Rennen
schicken. Dessen Ziel ist intern klar um-
rissen: Er soll Kandidaten, die auf der
Suche nach einer offenen Position im
Unternehmen sind, einen oder mehrere
passende Jobs vermitteln. Falls Sie sich
nun fragen, ob das nun tatsächlich ein
relevanter Anwendungsfall ist: Ein Groß-
teil der E-Mails und Nachrichten auf den
Allianz Social-Media-Kanälen besteht in
der Tat in der Nachfrage nach passenden
Vakanzen. Im Grunde reden wir also
davon, einem Stellensucher die Arbeit,
sich selbst auf der Stellenbörse einen Job
herauszusuchen, via Bot abzunehmen.
Nicht mehr und nicht weniger. Einfacher
geht’s wohl kaum, könnte man meinen.
Die Fallstricke oder Fragen, die wäh-
rend der Entwicklung aufkommen, sind
jedoch nicht zu unterschätzen:
Modulares System oder
Einweg-Nutzung?
Die meisten HR-Chatbots, die wir heute
sehen, befinden sich entweder auf der
hauseigenen Webseite oder auf Face-
book im Einsatz. Übergreifende Lösun-
gen sind bislang nicht der Fall. Beides
ist aber möglich: Entwickeln Sie ein
Basis-KI-Modul, dessen Wissen in eigen-
ständige Bot-Lösungen für die Karriere-
Homepage, den Facebook-Messenger,
Whatsapp und Twitter fließt oder lassen
Sie heute das virtuelle Helferlein für
Facebook bauen und morgen dann eines
Kollege Chatbot
TREND.
Früher wurde eine persönliche Bewerberkommunikation gefordert,
nun gibt es immer mehr Chatbots. Diese können durchaus einen Mehrwert bieten.
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