wirtschaft und weiterbildung 3/2016 - page 64

grundls grundgesetz
Boris Grundl
64
wirtschaft + weiterbildung
03_2016
„Vertrauen ist ja ganz nett. Doch bevor wir uns
darum kümmern, muss zuerst der Laden laufen!“
Diese Aussage kennen Sie vermutlich. Sie trans-
portiert, was viele denken: Vertrauen ist ein Nice-
to-have, um das man sich bestenfalls bemüht,
nachdem die Hard Skills im Unternehmen zu 100
Prozent laufen. Hard Skills, wie Fachkompetenz
oder Sprachkenntnisse, sind greifbar und messbar.
Soft Skills, wie Selbstwertgefühl oder Menschen-
kenntnis, sind schwieriger zu erlernen und schwerer
zu messen.
Was wichtiger ist? Sie ahnen es sicher: Natürlich
sind beide gleichbedeutend. Doch die „harten
Fähigkeiten“ haben einen weit akzeptierteren Ruf.
Als berufstypische Qualifikationen werden sie durch
Studium, Ausbildung und Praxiserfahrung erwor-
ben. Sie sind durch Zeugnisse und Leistungstests
belegbar. Die Verstecktheit der „weichen Fähigkei-
ten“ bringt „harte Typen“ schnell zum Schmunzeln.
Wer will schon „weich sein“, wo doch „hart sein“ so
in Mode ist?
Das aber ist verstaubtes Denken. Fachkompetenz
ist Eingang, Auffahrt und Beschleunigungsstreifen
der Berufskarriere. Ihre permanente Weiterent-
wicklung ist existenziell. Doch die Soft Skills wie
persönliche Kompetenz (Umgang mit sich selbst)
und soziale Kompetenz (Umgang mit anderen)
bestimmen die Höchstgeschwindigkeit und damit
das Karrierelimit – wie weit jemand kommen kann.
Hier spielt Vertrauen eine riesige Rolle.
Damit ist Vertrauen einer der großen Erfolgsfak-
toren und eine der härtesten Realitäten in der Wirt-
schaft überhaupt.
Nach außen wird Kundenvertrauen durch Informa-
tionen belohnt, mit dem Sie Bedürfnisse besser
bedienen können. Lieferantenvertrauen sorgt für
wertvolle Informationen über Markt und Mitbewer-
ber, die nicht im Branchenblatt stehen. Innerhalb
des Unternehmens gewähren vertrauensvolle Mitar-
beiter vertrauenswürdigen Führungskräf-
ten Einblicke, die eine erfolgreichere Füh-
rung zum Wohl aller ermöglichen. Dabei
kommt informellem Flurfunk manchmal
mehr Bedeutung zu als offiziellen Ver-
lautbarungen. Wer seinem Mitarbeiter
Schwieriges „zutraut“ und ihn bei der
Zielerreichung unterstützt, erhöht dessen
Selbstvertrauen. Dieses wächst weiter, je besser
die Ergebnisse werden. Vertrauen ist ein mächtiges
Werkzeug in klugen Händen, ein starkes Wertschöp-
fungsinstrument.
Oder kurz: Vertrauen ist Geld! Doch kein Vertrauen
ohne Enttäuschung: Enttäuscht zu werden, gehört
dazu. Wer nur enttäuschungssicher Vertrauen
schenken will, strebt eigentlich Kontrolle an. Wer
seine Enttäuschungen nicht verarbeitet, mutiert
zum Kontrollmonster. Am Anfang der Vertrauens-
kette steht Selbstvertrauen. Denn wer sich selbst
enttäuscht, zerschlägt es. Das geschieht öfter als
gedacht. Achten Sie auf sich. Ohne Selbstvertrauen
wächst wenig Vertrauen in andere und Ihr Bezie-
hungs- und Gesellschaftsvertrauen leidet ebenso.
Vertrauen ist das Verbindungselement, das unser
Leben zusammenhält. Deswegen wird Vertrauen
viel öfter zu Geld als gedacht. Lernen Sie deshalb
sich selbst und anderen immer wieder zu verzeihen,
wenn Sie enttäuscht werden. Das zeichnet eine
große Persönlichkeit aus.
Paragraf 43
Lerne zu verzeihen,
wenn Du enttäuscht
wurdest
Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber der Grundl Leadership Akademie, die Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden.
Grundl gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein neues Buch heißt: „Mach mich glücklich. Wie Sie das bekommen,
was jeder haben will“ (Econ Verlag 2014, 246 Seiten, 18 Euro). Boris Grundl beweist, wie leicht und schnell das Verschieben von Verantwortung in eine
zerstörerische Sackgasse führt und die persönliche Weiterentwicklung und damit Glück verhindert.
Wer seine Enttäuschungen nicht
verarbeitet, mutiert zum Kontroll­
monster. Am Anfang der Vertrauens­
kette steht Selbstvertrauen.
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