personalmagazin 1/2016 - page 51

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01/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Das Interview führte
Hans-Walter Neunzig.
als auch die Unterstützung der betroffe-
nen Mitarbeiter für eine zügige Platzie-
rung.
personalmagazin:
Manchmal hat man den
Eindruck, die Digitalisierung jagt den
Markt vor sich her. In den USA gibt es
jetzt schon Firmen, die das sogenannte E-
Placement betreiben. Erwarten Sie, dass
die Face-to-Face-Beratung durch solche
Entwicklungen abgelöst wird?
Mühlenhoff:
Die Grundhaltung in der Per-
sonalarbeit ist in den USA eine ganz an-
dere als bei uns. Ich bin im internatio-
nalen Verband der Outplacementberater
engagiert und erlebe unterschiedliche
Reaktionen. Während hier Auftraggeber
fragen, wie hoch die Platzierungsquoten
sind, sind die Beratungsangebote in den
USA mittlerweile so schlank, dass von
einer ganzheitlichen Beratung bis hin
zur Neuplatzierung keine Rede mehr
sein kann. Das, was dort angeboten
wird, unterscheidet sich sehr deutlich
von unseren Dienstleistungen.
personalmagazin:
Was die Frage nicht
beantwortet, ob eine solche Entwicklung
auch in Deutschland vorstellbar sein
könnte …
Mühlenhoff:
Daran glaube ich nicht, denn
wir haben deutliche kulturelle Unter-
schiede zu den USA. Die Art des Um-
gangs mit Menschen und Mitarbeitern,
wie sie in den USA praktiziert wird,
hat bei uns keine Tradition. Natürlich
muss man diese Entwicklung in den
USA verfolgen. In Gesprächen mit in-
ternationalen Unternehmen, auch ame-
rikanischen, höre ich immer wieder die
Auffassung, dass sich Outplacement-
Beratungen, die in Europa angeboten
werden, deutlich von denen in den USA
unterscheiden müssen.
personalmagazin:
Einmal umgekehrt
gefragt: Sie müssen sich von solchen
Outplacement-Angeboten deutlich ab-
grenzen. Was zeichnet nach Ihrer Ansicht
eigentlich eine gute Outplacement-Bera-
tung aus?
Mühlenhoff:
Der Mensch macht den Unter-
schied. Die Frage ist nicht mehr: Kann
der Outplacementberater Informationen
geben, an die ich als Klient sonst nicht
komme? Es geht vielmehr um die Be-
wertung und Beurteilung von Optionen
für den Klienten. In den 70er-Jahren, als
die Outplacement-Beratung als zartes
Pflänzchen entstand, ging es vorwie-
gend um „Trauerarbeit“. Dann kam eine
Phase, in der im Mittelpunkt stand: Wie
komme ich am schnellsten von A nach
B? Das hat sich mit der Digitalisierung
in weiten Teilen erübrigt. Heute stehen
ganz andere Fragen im Vordergrund der
Klienten: Was will ich eigentlich? Und
wo liegen in Zukunft meine Optionen?
Und mit dieser Fragestellung hat sich
das Berufsbild der Branche auch grund-
sätzlich verändert. Mittlerweile geht es
in weniger als 50 Prozent der Fälle, bei
denen wir gerufen werden, umMitarbei-
ter, die eine Kündigung erhalten. Beim
weitaus größeren Teil der Beratungen
überlassen Unternehmen Mitarbeitern
die eigenverantwortliche Entscheidung,
wie und wo sie ihre Karriere fortsetzen
wollen. Ob sie ein Abfindungsangebot
annehmen würden oder ob sie sich ei-
nen weiteren Verbleib im Konzern un-
ter veränderten Rahmenbedingungen
vorstellen können. Bei der neutralen,
fundierten Entscheidungsfindung un-
terstützen Outplacement-Berater die
Mitarbeiter.
personalmagazin:
Ein Blick auf die Struktur
der Branche: Die Mühlenhoff-Manage-
mentberatung ist ein inhabergeführtes
Unternehmen, die Branche ist mittelstän-
disch geprägt. Rechnen Sie damit, dass
in der Zukunft internationale Unter-
nehmen wie Lee Hecht Harrison mehr
Marktmacht erringen?
Mühlenhoff:
Das sind natürlich etablierte
Unternehmen, die Synergien aus der
Kombination Zeitarbeit und Outplace-
mentberatung ziehen. Aber diese Un-
ternehmen arbeiten von ihrer Struktur
her deutlich stärker im Projektgeschäft,
während wir neben dem Projektgeschäft
mehr in der individuellen Beratung en-
gagiert sind. Außerdem bindet uns HR
vermehrt in seine Aufgaben ein – vor
allem in Fragen von Change-Prozessen.
Mittlerweile werden wir als klassische
Unternehmensberater wahrgenommen.
personalmagazin:
Die Digitalisierung wird
große Umbrüche bei der Ausbildung
und am Arbeitsmarkt mit sich bringen,
inklusive des Wegfalls vieler Jobs, die in
Zukunft ganz einfach durch Roboter oder
Rechner erledigt werden. Könnte die Out-
placementberatung in dieser Situation zu
den Gewinnerbranchen zählen?
Mühlenhoff:
Das sehe ich nicht. Man
wird sicherlich unterscheiden müssen,
ob durch Industrie 4.0 ungelernte und
angelernte Arbeitskräfte ihren Arbeits-
platz verlieren oder qualifizierte Mitar-
beiter. Industrieunternehmen müssen
jetzt schon gegensteuern, umHelferkräf-
te auf anspruchsvollere Aufgaben vorzu-
bereiten. Hier sind auch die staatlichen
Weiterbildungsinstitutionen
gefragt,
die in Kooperation mit Unternehmen
passende
Umschulungsmaßnahmen
anbieten sollten. Die Politik kann nicht
wollen, dass durch die Digitalisierung in
der Industrie ein Heer von Arbeitslosen
entsteht. Wenn beispielsweise Sachbe-
arbeiter oder andere verwaltende Posi-
tionen durch Computer ersetzt werden,
können Outplacement-Berater sinnvoll
unterstützen, wenn die Arbeitgeber den
Personalabbau über Outplacement ge-
stalten. Mittel- und langfristig müssen
die Folgen der Digitalisierung aber über
neue Aus- und Weiterbildungswege ab-
gefangen werden.
„Soziale Netzwerke wie
Xing bedrohen unser
Geschäftsmodell nicht.
Dafür bedarf es mehr
als nur das Wissen über
die in Datenbanken hin-
terlegten Profile.“
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