personalmagazin 1/2016 - page 22

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TITEL
_FLÜCHTLINGE BESCHÄFTIGEN
personalmagazin 01/16
V
iele Betriebe sind grundsätz-
lich bereit, geeigneten Flücht-
lingen einen Arbeits-, Prakti-
kums- oder Ausbildungsplatz
anzubieten. Doch ob ein Drittstaatsange-
höriger arbeiten darf, bestimmt der Auf-
enthaltsstatus. Arbeitgeber können dem
vorzulegenden Aufenthaltstitel entneh-
men, ob ein Drittstaatsangehöriger bereits
aufgrund der Art des Aufenthaltstitels be-
schäftigt werden darf oder eine gesonder-
te Arbeitserlaubnis benötigt wird. Dabei
meint der Begriff „Beschäftigung“ im Auf-
enthaltstitel die abhängige Beschäftigung
im Rahmen eines Arbeits- oder Ausbil-
dungsverhältnisses, der Begriff „Erwerbs-
tätigkeit“ schließt auch die selbstständige
Tätigkeit mit ein. Nebenbestimmungen im
Aufenthaltstitel beziehungsweise einem
Beiblatt treffen gegebenenfalls nähere
Aussagen zu den Voraussetzungen der
Aufnahme einer Beschäftigung.
Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen:
Welche Voraussetzungen gelten?
Zu unterscheiden ist zunächst zwischen
den folgenden drei Gruppen geflüchte-
ter Menschen:
• anerkannten Flüchtlingen mit Auf-
enthaltserlaubnis (positiv beschiedener
Asylantrag oder Aufenthaltserlaubnis
aus völkerrechtlichen, humanitären oder
politischen Gründen),
• Asylsuchenden mit Aufenthaltsgestat-
tung (Personen, die Asyl im weiteren
Sinne beantragt haben und deren Ver-
fahren nicht abgeschlossen ist) und
Von
Jutta Cantauw
und
Isabel Nazari Golpayegani
• Geduldeten (zum Beispiel Personen,
deren Asylantrag abgelehnt wurde, die
aber aus bestimmten Gründen nicht ab-
geschoben werden können).
Für diese drei Gruppen bestehen un-
terschiedliche Voraussetzungen zur Ar-
beitsaufnahme. Anerkannte Flüchtlinge
mit Aufenthaltserlaubnis dürfen ohne
gesonderte Zustimmung ein Arbeitsver-
hältnis aufnehmen.
AsylsuchendeundGeduldetebenötigen
eine Arbeitserlaubnis. Diese Erlaubnis
wird frühestens nach drei Monaten Auf-
enthalt erteilt (Wartefrist). Zuständig ist
die Ausländerbehörde. Die Erteilung der
Erlaubnis steht imErmessender Behörde.
In den ersten vier Jahren desAufenthalts
hat die Ausländerbehörde grundsätzlich
die Zustimmung der Bundesagentur für
Arbeit (BA) einzuholen. Die Zustimmung
wird zu einer konkreten Beschäftigung
erteilt. In dem Antrag sind daher auch
die wesentlichen Beschäftigungsbedin-
gungen anzugeben. Die BA stimmt zu,
wenn erstens die konkret angebotenen
Arbeitsbedingungen nicht ungünstiger
sind als die Bedingungen, zu denen üb-
licherweise inländische Arbeitnehmer
beschäftigt werden (Arbeitsmarktprü-
fung) und zweitens die konkrete Stelle
nicht durch einen EU-Bürger oder einen
Drittstaatsangehörigen mit dauerhaftem
Aufenthaltsstatus besetzt werden kann
(Vorrangprüfung).
Unter bestimmten Voraussetzungen
entfällt die Vorrangprüfung (zum Bei-
spiel nach 15 Monaten ununterbro-
chenem Aufenthalt oder in der Regel
nach einjähriger Vorbeschäftigungszeit
beim selben Arbeitgeber).
Geduldete können einem Beschäfti-
gungsverbot unterliegen, dann ist jede
Arbeitstätigkeit oder Ausbildung unzu-
lässig. Insbesondere betrifft dies nach ei-
ner aktuellen Rechtsänderung Personen
aus sogenannten sicheren Herkunfts-
staaten. Auch das Beschäftigungsverbot
ergibt sich normalerweise aus den Un-
terlagen über den Aufenthaltstitel.
Im Regelfall wird die Zustimmung der
BA zu einer bestimmten Beschäftigung
erteilt. Wird diese beendet, erlischt die
Zustimmung. Die Beschäftigung ist je-
doch nicht ortsgebunden. Die früher
für Asylsuchende geltende sogenannte
Residenzpflicht wurde gelockert. In der
Regel dürfen auch Asylsuchende nach
drei Monaten in ganz Deutschland be-
schäftigt werden.
Was gilt für Berufsausbildungsver-
hältnisse?
Asylsuchende können nach drei Mona-
ten eine betriebliche Berufsausbildung
(duale Ausbildung) beginnen, Geduldete
sogar ohne Wartefrist ab Erteilung der
Duldung. Notwendig ist jedoch die Ge-
nehmigung der Ausländerbehörde, wobei
die Erlaubnis individuell für einen kon-
kreten Ausbildungsplatz zu beantragen
ist. Für Jugendliche und Heranwachsen-
de bis 21 Jahre gilt die Aufnahme einer
qualifizierten Berufsausbildung sogar
als Duldungsgrund, wenn sie nicht aus
einem sogenannten sicheren Herkunfts-
staat kommen (in diesem Fall gilt grund-
sätzlich das Beschäftigungsverbot). Die
Duldung für die Aufnahme einer qualifi-
zierten Berufsausbildung wird allerdings
befristet für nur ein Jahr erteilt und wird
Hürden der Beschäftigung
ÜBERBLICK.
Unter welchen Voraussetzungen können Flüchtlinge beschäftigt werden?
Was gibt es für Besonderheiten? Antworten auf Fragen, die Unternehmen jetzt stellen.
© C. SCHUESSLER
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