personalmagazin 06/2016 - page 62

SPEZIAL
_ÖFFENTLICHER DIENST
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personalmagazin 06/16
D
ie öffentliche Verwaltung wird
mit der Implementierung der
Arbeitswelt 4.0 radikal verän-
dert werden. Der öffentliche
ienst wird stärker schrumpfen als die
Privatwirtschaft, weil die Tätigkeiten
normgebunden sind und eine einheit-
liche Ausführung ermöglichen. Die fol-
genden Szenarien sollen einen Blick in
die Zukunft der Verwaltung gestatten.
Das „Datenumtopfen” beenden
Lokale IT-Lösungen, der kreative Wettbe-
werb des Föderalismus, Amtsegoismen
und datenrechtliche Hürden lassen den
öffentlichen Dienst bisher oft als Groß-
gärtnerei erscheinen, dessen Kernge-
schäft im Umtopfen von Daten besteht.
Das bindet Kräfte, behindert Produktivi-
tätsfortschritte und kostet den Steuerzah-
ler Milliarden. Das Datenumtopfen muss
mit der Einführung der Verwaltung 4.0
ein Ende haben. Vorzuschlagen ist ein
Bundesdatenamt, das in die Kernberei-
che „IT-Standards“, „Entwicklung generi-
scher Datenprozesse“, „Datensicherheit“
und „Föderale Kooperation“ gegliedert
sein könnte. Die Standardisierung der
Datenverfügbarkeit, der Datennutzung,
der Preisgestaltung öffentlicher Cloud
Services wird dabei durch zwei Aspekte
erleichtert: Zum einen wird mit der Ein-
führung der Verwaltung 4.0 der Bürger
Von
Manfred Becker
in weit größerem Maße als gegenwärtig
als „inoffizieller Mitarbeiter“ in die Er-
fassung von Daten und die Bearbeitung
von Vorgängen einbezogen werden. Diese
Verlagerung senkt die Produktionskosten
der öffentlichen Verwaltung enorm. Kon-
servativ geschätzt könnten die Bürger auf
diese Weise ein Drittel der Verwaltungs-
arbeiten übernehmen.
Ein zweiter Aspekt tritt hinzu. Das Han-
deln der öffentlichen Verwaltung ist an
gesetzliche Vorgaben geknüpft. Die ge-
setzlichen Vorgaben können als formal-
rechtliche Algorithmen viel leichter mit
IT-technischen Algorithmen abgebildet
werden als dies in der Privatwirtschaft
der Fall ist. Die Standardisierung durch
gesetzliche Vorgaben erhöht den Anteil
der auf cyber-physische Systeme über-
tragbaren Arbeit im öffentlichen Dienst.
Wenn sich Deutschland auf eine natio-
nale Plattform der Digitalisierung eini-
gen könnte, würde der Programmierauf-
wand, der Service der Systeme et cetera
schrumpfen und damit die Produktivität
steigen. Das Verfassungsgebot der fö-
deralen Eigenständigkeit würde nicht
beschädigt, weil die passgenaue anfor-
derungsspezifische Adaption der digita-
lisierten Arbeitsprozesse in Kommunen,
Ländern, dem Bund und allen Ämtern
uneingeschränkt möglich bliebe.
Auswirkungen auf die Beschäftigung
Addiert man die Auswirkungen der Ar-
beitswelt 4.0 auf die Beschäftigung im
öffentlichen Dienst, denn summieren
sich die Vorteile aus der Harmonisie-
rung, die „Gesetzesalgorithmen“, der
Einbezug der Bürger und die Verlage-
Verwaltungsszenarien 4.0
THESEN.
Welche Verwaltungsmitarbeiter könnten von Maschinen ersetzt werden? Und
welche Aufgaben werden im öffentlichen Dienst zunehmen? Ein Blick in die Zukunft.
Standardisierte Aufgaben
werden künftig wohl häufig
von Maschinen übernommen.
© 13/ANDREW BRET WALLIS/OCEAN/CORBIS
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