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06/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
allgemeinen gesetzlichen Vorschrif-
ten ausgelegt und angewandt als auch
die bisher von der arbeitsgerichtlichen
Rechtsprechung gefällten Urteile aus an-
deren Bereichen herangezogen werden.
Ombudsmann als Schlichter bei Streit
über den Leistungsanspruch
Gelegentlich kommt es zwischen den
Beteiligten zum Streit über die Frage, ob
und in welcher Höhe ein Leistungsan-
spruch gegen den Versicherer besteht.
Hier kann es um die Notwendigkeit wich-
tiger Medikamente gehen oder die Kur
nach einer Operation. Gelegentlich kann
auch Streit über die Höhe der Fahrtkos-
ten zu einem Klinikaufenthalt entstehen.
In aller Regel hat der Arbeitnehmer als
versicherte Person die entsprechenden
Aufwendungen gehabt und verlangt
nun Ersatz von dem Versicherer, der
nicht bereit ist zu zahlen. Die Frage ist,
an wen sich der Arbeitnehmer wenden
kann. Hier ist zunächst zu empfehlen,
den Ombudsmann Private Kranken- und
Pflegeversicherung einzuschalten. Der
Ombudsmann ist der außergerichtliche
Streitschlichter für die private Kranken-
und Pflegeversicherung. Er nimmt zu
Meinungsverschiedenheiten zwischen
Versicherten und ihren Versicherungs-
unternehmen neutral und unabhängig
Stellung. Der Ombudsmann formuliert
eine Empfehlung zur Streitbeilegung.
Allerdings besteht keine Verpflichtung,
die Empfehlung anzunehmen. Ist im
Rahmen des Schlichtungsverfahrens ei-
ne Streitbeilegung nicht möglich, kann
man sich an die Bundesanstalt für Fi-
nanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
wenden, wenn der Versicherer gegen
Gesetze verstoßen hat. In einen Streitfall
mischt sich die BaFin allerdings nicht
ein, sie vermittelt auch nicht und gibt
keine Empfehlungen ab.
Schließlich ist es immer möglich, ge-
richtlich überprüfen zu lassen, ob ein
Versicherer zur Leistung verpflichtet ist
beziehungsweise ob ein Anspruch des
Arbeitnehmers zu Recht besteht. Grund-
sätzlich berechtigt zur Einreichung einer
solchen Klage, ist allerdings lediglich
der Versicherungsnehmer, also der Ar-
beitgeber. Nur er kann die Rechte des
Arbeitnehmers geltend machen. Da ihm
eine mögliche Leistung des Versicherers
nicht zusteht, muss er auf Leistung an die
versicherte Person klagen. Das Kosten-
risiko für das Verfahren trägt er dann
allerdings selbst. Die Möglichkeit, dass
der Arbeitnehmer selbst Klage zu den
ordentlichen Gerichten erhebt, besteht,
wenn es sich bei dem Krankenversiche-
rungsvertrag, den der Arbeitgeber ab-
geschlossen hat, um einen Vertrag „für
fremde Rechnung“ im Sinne von § 44
Abs. 2 VVG handelt. Dazu ist aber erfor-
derlich, dass der Versicherte selbst im
Besitz eines Versicherungsscheins ist
oder dass der Versicherungsnehmer sei-
ne Zustimmung erteilt.
MARKUS KLEFFNER
ist
Rechtsanwalt und Inhaber
der Kanzlei Kleffner Rechts-
anwälte in Markkleeberg.
Bisher existieren so gut wie keine Urteile zur bKV. Um Risiken zu vermeiden, sollte
das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bezug auf die Rechte und
Pflichten zur bKV insbesondere für die folgenden Konstellationen klar geregelt sein:
Gewährt der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss oder
übernimmt er die bKV-Beiträge vollständig, sollte er klar definieren, wer welche Zu-
schüsse erhält. Andernfalls könnten auch Arbeitnehmer, die nicht in den Kreis der Be-
günstigten fallen (sollen), beispielsweise über betriebliche Übung Ansprüche erwerben.
Der Arbeitgeber muss auch konkret festlegen, welche Mitarbeiter eine bKV nicht
erhalten sollen. Macht er das nicht und werden Behandlungsleistungen von Arbeitneh-
mern in Anspruch genommen, für die die Krankenversicherung gar nicht aufkommt,
muss der Arbeitgeber die Kosten eventuell selbst übernehmen.
Im Gruppenversicherungsvertrag ist geregelt, welche Leistungen die versicherte Per-
son in Anspruch nehmen darf und welche Leistungen durch den Versicherer erfolgen. Da
dieser Vertrag aber nur zwischen Arbeitgeber und Versicherer geschlossen wird, müssen
die Verpflichtungen, die den Arbeitnehmer betreffen sollen, auch in das Arbeitsverhältnis
übertragen werden. Der Arbeitgeber hat daher mit dem Arbeitnehmer zu vereinbaren,
welche Leistungen umfasst sein sollen und wie er diese erhalten kann. Der Arbeitneh-
mer muss verpflichtet werden, sich über den Inhalt der bKV genau zu informieren und
bei der Durchführung mitzuwirken. Ohne seine Mitwirkung, zum Beispiel die Entbindung
seiner behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht, kann der Versicherer die Behand-
lungsleistung nicht abrechnen, der Arbeitgeber zur Kostenerstattung verpflichtet sein.
Die Nutzung eines steuerlichen Vorteils (zum Beispiel Vergütung, die nach § 40 EStG
versteuert wird) ist nur sicher möglich, wenn dies arbeitsrechtlich zuvor vereinbart wur-
de. Das gilt in besonderem Maße, seit das Bundesfinanzministerium (BMF) im Schreiben
vom 10.10.2013, Az IV C 5 - S 2334/13/1000 festgelegt hat, dass die Qualifizierung der
bKV-Beiträge als Sachlohn nur noch dann möglich ist, wenn Arbeitgeber und Arbeitneh-
mer nicht einfach nur einen Austausch „Versicherungsschutz gegen Geld“ vereinbaren.
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer darüber informieren, dass er die Behand-
lungsleistungen in aller Regel zunächst verauslagen muss und erst danach eine Erstat-
tung von der Krankenversicherung erhält. Hat der Arbeitnehmer diese Information nicht,
kann der Arbeitgeber für eine „Zwischenfinanzierung“ herangezogen werden, wenn der
Arbeitnehmer nicht über die notwendigen Mittel zur Bezahlung verfügt.
Genaue Absprachen vermeiden Haftung
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