Immobilienwirtschaft 3/2015 - page 53

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3.2015
rungen des Eigentümers nach Auffassung
der Richter noch nicht der Fall.
Fazit:
Die Entscheidung ist richtig, wenn
auch aus Verwaltersicht fast eine Zumu-
tung. Soweit aber unterschiedliche Auffas-
sungen zwischen den einzelnen Eigentü-
mern und demVerwalter über bestimmte
Verwaltungsmaßnahmen oder die Ausle-
gung von Bestimmungen bestehen und
letztlich in diesem Zusammenhang ab-
wertende Äußerungen über den Verwal-
ter getätigt werden, ist dies noch von der
Meinungsfreiheit der Eigentümer umfasst.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass
es sich um Äußerungen innerhalb einer
Eigentümergemeinschaft über Angele-
genheiten der Gemeinschaft handelt. In
vielen Fällen jedenfalls wenden sich Ei-
Fakten:
Die Eigentumsanlage wird durch
ein hauseigenes Kraftwerk versorgt. Ein
Eigentümer drängte auf eine andere Art
der Energieversorgung. In diesemZusam-
menhang behauptete er, die Verwalterin
habe durch Täuschung, Fehlinformati-
onen und Einschaltung eines Gutachtens
ein Heizmonopol eingeführt. Die Verwal-
terin verklagte den Eigentümer auf Unter-
lassung. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Die Behauptung des Eigentümers ist
eine Meinungsäußerung und stellt eine
Schlussfolgerung vorheriger Geschehens-
abläufe dar. Im Rahmen von Meinungs-
äußerungen sei auch abwertende Kritik
erlaubt, die scharf sein kann, solange sie
sachbezogen ist und keine Schmähkritik
oder bloße Formalbeleidigung darstellt.
Letzteres ist bei den beanstandeten Äuße-
Urteil des Monats:
Verwalter muss sich einiges gefallen lassen
Meinungsäußerungen und wahre Tatsachenbehauptungen sind durch Art. 5 Abs. 1 GG grundsätzlich geschützt. Dabei ist
im Rahmen von Meinungsäußerungen auch abwertende Kritik erlaubt, die scharf und schonungslos sein kann, solange sie
sachbezogen ist und keine Schmähkritik oder bloße Formalbeleidigung darstellt.
LG München I, Beschluss v. 28.11.2013, 1 S 13798/13 WEG
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
Fakten:
Das Recht, sich auf die fehlende Erstellung der Jahresabrechnungen zu berufen,
kann verwirkt sein. Insoweit wird grundsätzlich eine Höchstfrist zwischen zwei und
sechs Monaten als angemessen angesehen. Selbst wenn innerhalb einer Gemeinschaft
eine längere Höchstfrist von sechs Monaten anzusetzen wäre, rechtfertigte dies keine
abweichende Entscheidung. Der Abberufungsgrund ist von den Eigentümern nicht
innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht worden. Die Gemeinschaft hat durch
ihre Untätigkeit zum Ausdruck gebracht, dass es ihr nicht unzumutbar ist, mit dem
Verwalter weiterhin zusammenzuarbeiten.
Fazit:
Die Eigentümer können ihr Recht auf Abberufung des Verwalters aus wichtigem
Grund verwirken. Es dürfte hier ein Sechs-Monats-Zeitraum angemessen sein. So je-
denfalls nach Kenntnisnahme eines zur Abberufung berechtigenden wichtigen Grunds
mehr als sechsMonate zugewartet wird, bis überhaupt das Verlangen auf Abberufung an
den Verwalter gerichtet wird, dürfte das erforderliche Vertrauensverhältnis tatsächlich
nicht derart zerstört sein, dass eine weitere Tätigkeit des Verwalters unzumutbar wäre.
Sechs-Monats-Frist
Verwirkung des Rechts auf
Verwalterabberufung
Das Recht zur Verwalterabberufung
kann in entsprechender Anwendung
des § 314 BGB verwirkt sein. Dies ist
dann der Fall, wenn die Eigentümer
in Kenntnis eines Abberufungsgrunds
acht Monate bis zur Abberufung des
Verwalters zuwarten.
LG Dortmund, Urteil v. 01.04.2014, 1 S 178/13
gentümer an ihre Miteigentümer mit dem
Ziel, den ihnen unliebsamenVerwalter ab-
zuberufen. Unter drastischer Darstellung
etwaiger Rechtfertigungsgründe versu-
chen derartige Eigentümer, die anderen
Eigentümer für sich zu gewinnen. Um
die Mitgliedschaftsrechte des einzelnen
Eigentümers zu gewährleisten und eine
freieWillensbildung innerhalb der Eigen-
tümergemeinschaft zu ermöglichen, muss
es dem einzelnen Eigentümer aber auch
erlaubt sein, sich umfassend zu den unter-
schiedlichenVerwaltungsangelegenheiten
gegenüber den anderen Eigentümern zu
äußern und auch – mitunter scharfe –
Kritik, insbesondere an der Verwaltung,
zu üben. Andernfalls wären die Mitwir-
kungsrechte des einzelnen Eigentümers
unverhältnismäßig eingeschränkt.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
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