CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 33

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Kalkulation von Variantenkosten
Die Selbstkosten werden bei den meisten Her-
stellern auf Basis von Deckungsbeiträgen kalku-
liert. Dem entsprechend werden die Kosten der
Entwicklung (Entwicklungsgemeinkosten) oder
der Materiallogistik (Materialgemeinkosten) ganz
oder teilweise in Form von prozentualen
Zu-
schlagssätzen
kalkuliert und verrechnet. Darü-
ber hinaus wird selbst ein Teil der Fertigungs-
kosten als prozentualer Deckungsbeitrag, dem
sogenannten Fertigungsgemeinkostensatz, kal-
kuliert.
Eine Produktvariante mit hoher Stück-
zahl wird so mit demselben Zuschlagssatz
kalkuliert wie eine Sondervariante.
Häufig werden die
Preise für Sondervarian-
ten mit
geringen Stückzahlen noch einmal mit
einem
Korrekturfaktor beaufschlagt
. „Son-
dermaschinen kalkulieren wir mit 100% Auf-
schlag. Da liegen wir bestimmt auf der sicheren
Seite“, so der Vertriebsleiter bei einem Maschi-
nenbauunternehmen. Die Abbildung 2 verdeut-
licht die Unzulänglichkeiten bei der klassischen
Kalkulation beispielhaft. Hier sind die beiden
Kalkulationsarten, die traditionelle Kostenrech-
nung und die verursachungsgerechte Kosten-
rechnung, gegenübergestellt.
Auf Basis der
traditionellen Kalkulation werden die Kos-
ten für Produkte mit hoher Stückzahl
, die
sogenannten Rennertypen,
meist zu teuer be-
rechnet
. Demgegenüber werden die Kosten für
Produkte
mit geringer Stückzahl deutlich zu
niedrig kalkuliert
. Kostenabweichungen von
weit über 100% sind dabei keine Ausnahme.
Darüber hinaus wirken sich sekundäre Effekte auf
die Basisdaten bei der Kalkulation aus. Dazu ein
Beispiel: Mit zunehmender Anzahl an Produktva-
rianten geht die Arbeitsvorbereitung dazu über,
Arbeitspläne für neue Varianten von bestehenden
Grundtypen zu kopieren und zu überarbeiten. Die
hohe Anzahl an Arbeitsplänen
führt jedoch
häufig dazu, dass die Daten in den Arbeitsplänen
nicht oder nur
unzureichend aktualisiert
und
an sich ändernde Gegebenheiten angepasst wer-
den. Damit weist eine wichtige Grundlage zur
Kalkulation der Fertigungskosten entsprechende
Abweichungen zu den realen Aufwendungen in
der Produktion auf. Das ist häufig eine weitere
Ursache für Abweichungen der Kalkulation ge-
genüber den realen Aufwendungen. Systemati-
sche Auswertungen der Komplexitätsaufwendun-
gen bei produzierenden Herstellern belegen, dass
die
zusätzlichen Kosten für Produktvarianten
zwischen 20% und mehr als 50%
der gesam-
ten Selbstkosten betragen.
Dieser hohe und zu-
meist unterschätzte Kostenblock beeinflusst
die Gewinnsituation eines Unternehmens
maßgeblich.
Gefahr von strategischen
Fehlentwicklungen
Die wirklichen Kosten von Produktvarianten
mit geringen Stückzahlen übersteigen in der
Regel die kalkulierten Kosten ganz erheblich.
Die Ergebnisse der Analyse der realen Gewinne
Abb. 1: Übersicht Variantenkosten
Abb. 2: Vergleich der Kostenrechnungen
CM Juli / August 2015
1...,23,24,25,26,27,28,29,30,31,32 34,35,36,37,38,39,40,41,42,43,...116
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