CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 28

26
sich mit Bilanzierungsfragen beschäftigen und
die Ergebnisse des externen Rechnungswe-
sens in den Reporting- und Steuerungsprozess
einfließen lassen muss. Dazu wurde der
IFRS-
Fach-Arbeitskreis des Internationalen
Controller Vereins ICV
in 2004 gegründet. Er
befasst sich mit den praktischen Herausforde-
rungen, Chancen und Schwierigkeiten, die sich
aus der Internationalen Rechnungslegung für
Controller ergeben. Die Controller Akademie
hat ihre Arbeit ausgeweitet und gründete die
iaf bzw. genauer gesagt das CA institute for
accounting & finance. Wo stehen die Controller
aus Ihrer Sicht heute bei der Bewältigung der
IFRS-Rechnungslegung?
Amann/Geissbühler:
Wahrscheinlich zu gro-
ßen Teilen eher
noch „in den Kinderschu-
hen“.
Allerdings merken wir auf unseren Se-
minaren auch, dass sich die
Controller mit
dem Erlernen der IFRS-Regelungen oft-
mals sehr viel einfacher tun
als die Buch-
halter oder neudeutsch vielleicht korrekter die
„Accountants“. Dies ist aus unserer Sicht aber
ebenfalls durchaus verständlich und nachvoll-
ziehbar, da viele der Standards vorrangig auf
Informationen aus dem internen Rechnungs-
wesen aufsetzen.
Biel:
Können Sie uns hierzu einige Beispiele
vermitteln?
Amann/Geissbühler:
Beispielhaft
und ohne
Anspruch auf Vollständigkeit seien hier folgen-
de Sachverhalte genannt:
·
die schwierigen Regelungen zum Impair-
menttest nach IAS 36,
·
die Aktivierung von Entwicklungskosten
nach IAS 38,
·
Regelungen zur Umsatzrealisierung nach der
Percentage-of-Completion-Methode ent-
sprechend den Vorgaben des derzeit noch
gültigen IAS 11,
·
Ausweisfragen nach der international übli-
chen Darstellung der Gewinn- und Verlust-
rechnung nach dem Umsatzkostenverfahren
sowie
·
die Überlegungen zur Darstellung der Seg-
mentberichterstattung entsprechend dem
Management-Approach des IFRS 8.
Biel:
Es gibt auch Diskussionen um neue Funk-
tionsformen, etwa den „Biltroller“ und auch den
„Acctroller“. Wie schätzen Sie diese möglichen
Weiterentwicklungen ein?
Amann/Geissbühler:
Ja, in diesem Zusam-
menhang sehen wir auch noch erheblichen
Spielraum für die individuelle Weiterentwick-
lung vieler Controller hin zum immer wieder dis-
kutierten „Biltroller“ oder umgekehrt vielleicht
auch die Entwicklung einiger Accountants zum
„Acctroller“. In welche Richtung auch immer
die weitere Entwicklung vorrangig gehen mag,
besteht aus unserer Sicht hier insbesondere
auch für viele Unternehmen eine große Chance,
die internen Prozesse sowie die Abstimmung
zwischen Controlling und Accounting ggf. sogar
bei gleichem Ressourceneinsatz an Personal zu
verbessern.
Biel:
Nimmt man noch einmal ältere Lehrbü-
cher zur Hand, so finden sich dort vielfältige
Gründe für die Rechnungslegung nach IFRS.
Ein Argument bezieht sich beispielsweise auf
die „besseren Informationen“. Beispielsweise
besagt die „IFRS-Kapitalkostenhypothese“,
dass die Anwendung der IFRS zu geringeren
Kapitalkosten führt.
Haben uns die IFRS
„bessere Informationen“ gebracht?
Amann/Geissbühler:
Aus unserer Sicht ist die
Antwort eindeutig „Ja“!
Das Problem in der
Praxis liegt vielfach eher darin, dass sich die
Adressaten der Rechnungslegung mit der Inter-
pretation der IFRS-Abschlüsse oftmals noch
schwer tun.
Biel:
Es beeindruckt, wie schön Sie Sach-
verhalte bildlich zum Ausdruck bringen
können. Ist die Erwartung richtig, dass Sie uns
einen weiteren bildlichen Ausdruck anbieten
können?
Amann/Geissbühler:
Gerne.
Die Abschlüsse
sind generell vergleichbar einem Arbeits-
zeugnis.
In der Bilanz und GuV steht oftmals
nur die „halbe Wahrheit“. Im Zusammenspiel
mit Kapitalflussrechnung, Gesamtergebnis-
rechnung sowie den umfassenden Erläuterun-
gen im (Konzern-) Anhang entsteht dann aller-
dings ein „rundes“ Bild, mit dem eine umfas-
sende Interpretation des gesamten Abschlusses
(erst) möglich wird. In diesem Gesamtkontext
erlauben IFRS-Abschlüsse unserer Auffas-
sung nach einen sehr viel besseren Einblick
in die gesamte Vermögens-, Finanz- und
Ertragslage als ein Abschluss nach deut-
schem HGB.
Biel:
Und wo sehen Sie die tieferen Probleme
oder auch Schwierigkeiten im Umgang mit
diesem
„Unternehmenszeugnis“?
Amann/Geissbühler:
Nun wie gesagt, das
Kernproblem besteht in aller Regel darin, dass
erst
eine fundierte Kenntnis
der Regelungen
der Standards eine sachgerechte Interpretation
zulässt. An sich ist das aber eine Selbstver-
ständlichkeit.
Biel:
Was meinen Sie damit? Dürfen wir zur Ver-
deutlichung wieder um einen Vergleich bitten?
Amann/Geissbühler:
Es würde ja auch nie-
mand auf die Idee kommen, ein Buch in engli-
scher Sprache zu lesen, wenn er keine oder
über nicht hinreichende Englischkenntnisse
verfügt.
Biel:
Da wir dieses
Interview für das Control-
ler Magazin führen
, zum Abschluss noch eine
typische Controllerfrage: Welchen Einfluss übt
die IFRS-Rechnungslegung auf die Steuerung
des Unternehmens aus? Wieweit ist die Konver-
genz bereits fortgeschritten?
Amann/Geissbühler:
Dies ist in der Praxis
nach unserer Erfahrung sehr heterogen. In vie-
len Fällen ist die
Konvergenz zwischen inter-
nem und externem Rechnungswesen
,
sprich Controlling und Accounting, bereits sehr
weit fortgeschritten. Insbesondere Gründe der
Kommunikation zu verschiedenen Stakeholdern
(Management, Kapitalmarkt, Aktionäre, Auf-
sichtsrat, Mitarbeiter, letztere oftmals vertreten
durch Gewerkschaften und/oder Betriebsrat)
machen es in der Praxis vielfach nahezu un-
möglich, verschiedene Zahlen, insbesondere
Ergebniszahlen, zu kommunizieren.
Biel:
Eine gängige Praxiserfahrung ist die, dass
beim Vorliegen verschiedener Zahlen – wie be-
rechtigt diese auch immer sein mögen – sofort
eine Diskussion einsetzt, welche Zahl nun tat-
sächlich stimmt.
Amann/Geissbühler:
Ja, wenn dann irgend-
wann drei oder noch mehr Ergebniszahlen im
Interview zum Thema: Rechnungslegung nach IAS/IFRS – besser oder anders?
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36,37,38,...116
Powered by FlippingBook