CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 34

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Gefährlich wird es, wenn der Vertrieb zuneh-
mend Sonderprodukte verkauft, die dem Unter-
nehmen reale Verluste einbringen.
Ausweg aus dem Dilemma
Eine wichtige Basis, um unternehmerische
Entscheidungen zu treffen,
ist die Transpa-
renz über die Kosten
. Der erste Schritt aus
dem Dilemma der fehlerhaften Kalkulation
besteht in der Analyse der realen Kosten für
Produktvarianten. Hier ist eine einfache, praxis-
orientierte Vorgehensweise nach der 80-20-
Regel zu empfehlen. Ich kenne einige Unter-
nehmen, die versucht haben, die Variantenkos-
ten akribisch mit Hilfe der Prozesskostenrech-
nung zu ermitteln. Diese Projekte sind in aller
Regel an der hohen Komplexität und dem damit
verbundenen Ressourcenaufwand gescheitert.
Aus diesem Grund hat die I
&
R vor mehr als 10
Jahren einen einfachen, praxisnahen Ansatz
zur systematischen Erfassung der Kosten für
Produktvarianten entwickelt. In der Regel
ver-
teilen sich die wesentlichen Kostentreiber für
Produktvarianten auf einige wichtige Einfluss-
größen
, die dann zwar systematisch, aber mit
geringem Aufwand erfasst werden können. Die
Herausforderung besteht darin, das Wissen der
Beteiligten im Unternehmen zu erfassen, die
Zusammenhänge zu verstehen, die Aufwen-
dungen zu quantifizieren und zu plausibilisieren.
Das Vorgehensmodell von der Erfassung der
Variantenaufwendungen bis zur Einführung der
verursachungsgerechten Kalkulation umfasst
fünf Schritte:
1. Zielfestlegung und Projektdefinition
2. Analyse der Variantenaufwendungen
3. Plausibilisierung und Korrektur
4. Erarbeitung des Kalkulationsmodells
5. Einführung der verursachungsgerechten
Kalkulation
6. Systematische Steigerung der Wett-
bewerbsfähigkeit
Anschließend kann die Wettbewerbsfähigkeit
systematisch und auf Basis von fundierten
Kostenzahlen gesteigert werden. In Abbildung
4 sind die konkrete Vorgehensweise sowie die
wichtigsten Einzelschritte stichwortartig er-
läutert.
blaue Kurve stellt die realen Gewinne und Ver-
luste für die einzelnen Produktvarianten, ku-
muliert über ein Jahr dar. Hier sehen wir deut-
lich, dass die Produktvarianten
auf der rech-
ten Seite
(Verlustzone)
zu Unternehmens-
verlusten beitragen
. Das Tückische daran
ist, dass mit hohem Aufwand Varianten mit
geringen Stückzahlen entwickelt und produ-
ziert werden, die wichtige Ressourcen im Un-
ternehmen binden und zudem noch Verlustan-
teile erwirtschaften. Andere strategisch wich-
tige Projekte, wie die Entwicklung von Innova-
tionen, müssen gebremst werden, weil nicht
genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Mir sind Unternehmen mit vollen Auftragsbü-
chern bekannt, die dennoch rote Zahlen schrei-
ben und nicht genau wissen, welche Produkte
und Produktgruppen die wesentlichen Verlust-
anteile erwirtschaften.
Die unzureichende
Transparenz über die wirkliche Verteilung
der Kosten öffnet Tür und Tor für strategi-
sche Fehleinschätzungen im Unternehmen.
und Verluste von einzelnen Varianten sind in
Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3 stellt die kalkulierten Gewinne und
Verluste von einem Hersteller mit mehr als 900
Produktvarianten auf Basis der traditionellen
Deckungsbeitragsrechnung und einer verursa-
chungsgerechten Kalkulation gegenüber. Die
lila Kurve bildet die kumulierten Gewinne der
einzelnen Produktvarianten über ein Jahr kal-
kuliert nach Deckungsbeitragsrechnung ab.
Rechts von der 490. Produktvariante weist die
traditionelle Kalkulation keinen Anstieg mehr
auf. Das heißt, selbst nach traditioneller Kalku-
lation erwirtschaften diese Produktvarianten
keine Gewinne.
Die orangene Kurve zeigt die realen Aufwen-
dungen für Produktvarianten kumuliert über
ein Jahr. Dabei zeigt sich eindeutig, dass die
Varianten
auf der rechten Seite der Abbil-
dung erheblich höhere Kostenanteile ver-
ursachen
als die auf der linken Seite. Die
Abb. 3: Gewinnverteilung mit Variantenkosten
Analyse der Kosten für Produktvarianten
Autor
Dipl.-Ing. Uwe Metzger
ist Geschäftsführer der I
&
R Innovation & Results, die er im Jahr
2000 gründete. Der Firmenschwerpunkt liegt in der Optimie-
rung von komplexen Produkten und Plattformen sowie in der
Erarbeitung von innovativen Produktlösungen.
E-Mail:
Tel.: +49 8092 8533660
1...,24,25,26,27,28,29,30,31,32,33 35,36,37,38,39,40,41,42,43,44,...116
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