CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 39

37
Unternehmen beobachten bereits seit mehre-
ren Jahren eine stete Veränderung in der
Kostenstruktur: Während der Anteil der Her-
stellkosten an den Gesamtkosten eines Un-
ternehmens relativ abnimmt, steigt dagegen
der Anteil der Gemeinkosten überproportional
an. Der unablässig zunehmende Wettbewerb
im internationalen Umfeld zwingt die Unter-
nehmen nach Möglichkeiten zu suchen, sich
ihren Handlungsspielraum zu erhalten, sei es
durch Variantenvielfalt im Produktportfolio,
der Implementierung eines integrierten
„Enterprise Ressource Planning System“
(ERP) oder durch höhere Ausgaben für Pro-
duktverbesserungen und Innovationen, um
nur einige Möglichkeiten zu nennen. All diese
Bemühungen
schlagen sich in steigenden
Gemeinkosten nieder
.
Fixe und variable Gemeinkosten werden vielfach
mittels eines einzigen Zuschlagssatzes undiffe-
renziert im Verhältnis zu einer Bezugsgrösse auf
alle Kostenträger (= Produkte) gleichmäßig ver-
teilt. Solange die beschäftigungsunabhängigen
Gemeinkosten nur einen geringen Anteil an den
Gesamtkosten ausmachen, ist diese Art der
Verrechnung vertretbar und liefert befriedigen-
de Ergebnisse. Anders jedoch, wenn der Anteil
der beschäftigungsunabhängigen Gemeinkos-
ten einen signifikanten Anteil an den Gesamt-
kosten ausmacht:
Hohe Zuschlagssätze ver-
fälschen das Profitabilitätsbild der Kosten-
träger,
was zu operativen und strategi-
schen Fehlentscheidungen führen kann
.
Die nachstehend beschriebene Methode des
Activity Based Costing hilft den Gemeinkosten-
block im Unternehmen zu „durchleuchten“ (Ka-
plan/Cooper 1998, S. 79-322). Das Ergebnis
ist eine bessere Transparenz über die Entste-
hung der Gemeinkosten, wodurch
die Aussa-
gefähigkeit einer bestehenden Deckungs-
beitragsrechnung gewinnbringend erwei-
tert werden kann
.
Zielsetzungen des Activity Based
Costing (ABC)
Ein wichtiges Ziel des ABC ist eine transparen-
te und beanspruchungsgerechte Verrechnung
von Gemeinkosten auf die Kostenträger. Dies
ermöglicht in Folge eine wahrheitsgetreuere
Beurteilung der Produkte in der Deckungs-
beitragsrechnung. ABC ist die amerikanische
Vorversion der von Prof. Horváth etablierten
Prozesskostenrechnung. Im Gegensatz zur Pro-
zesskostenrechnung findet ABC auch Anwen-
dung im Fertigungsbereich.
Methode des Activity Based Costing
Das Activity Based Costing untersucht die
Akti-
vitäten
, die für
das Entstehen von Gemein-
kosten
verantwortlich sind. Vorzugsweise wer-
den die Gemeinkosten auf dem Niveau von Kos-
tenstellen untersucht, weil dort die Aktivitäten
eines betrieblichen Teilprozesses zusammenge-
fasst und ausgeführt werden, die zur Erreichung
der Unternehmensziele erforderlich sind. Typi-
sche Beispiele sind der Einkauf mit Orderaktivi-
täten, die Buchhaltung mit Kontierungsaktivitä-
ten oder der Vertriebsinnendienst mit Kunden-
betreuungsaktivitäten. Diese Aktivitäten sind
die Ursache für die Kostenentstehung. Sie sind
die treibenden Faktoren für die Kostenentwick-
lung; die sogenannten Kostentreiber.
Nach der Analyse der Aktivitäten auf Kosten-
stellenebene wird ein Maß gesucht, das pro
Kostenträger Aufschluss gibt über dessen Inan-
spruchnahme der betrieblichen Aktivitäten. Aus
diesen Maßzahlen ergibt sich ein Verteilschlüs-
sel, der für die bezugsgerechte Aufteilung
der Gemeinkosten auf die Produkte verwendet
werden kann.
Praxisfall
Die Firma „BIRO“ stellt drei unterschiedliche
Füllfederhalter her, den Typ „Plastik“, den Typ
„Stahl“ und den versilberten Typ „Silber“. Der
Controller des Unternehmens hat aufgrund der
vorliegenden Ist-Daten die in Abbildung 1 dar-
gestellte Deckungsbeitragsrechnung erstellt.
Interpretation des Ergebnisses aus
Abbildung 1
Ein guter Controller sollte der Aussagekraft der
in Abbildung 1 dargestellten Deckungsbeitrags-
rechnung aus ökonomischer Sicht misstrauen.
Der Füllfederhalter Typ „Silber“ wird mit rund
€ 7,5 Mio. Gemeinkosten belastet, wodurch der
Füllfederhalter Typ „Silber“ einen Verlust von
rund € 1,7 Mio. ausweist. Wesentlichen Anteil
an diesem schlechten Ergebnis haben die pau-
schal angelasteten Gemeinkosten. Sinn einer
Deckungsbeitragsrechnung ist es, die De-
ckungsbeiträge nur bis zu jener Zwischensum-
me zu ermitteln, bis zu welcher die Kosten auch
Activity Based Costing
Methoden für eine wettbewerbsorientierte
Deckungsbeitragsrechnung
von Clemens Becher
CM Juli / August 2015
1...,29,30,31,32,33,34,35,36,37,38 40,41,42,43,44,45,46,47,48,49,...116
Powered by FlippingBook