CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 46

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Fazit
Auch die chemische Industrie ist vom Trend
der zunehmenden Volatilität betroffen. Neben
Nachfrageschwankungen gefährden insbe-
sondere Energie- und Rohstoffkosten sowie
volatile Wechselkurse die Wettbewerbsfähig-
keit des Chemiestandorts Deutschland. Vor
diesem Hintergrund wird die Etablierung eines
leistungsstarken Volatilitätsmanagements im-
mer bedeutender. Zu diesem Zweck bestehen
zahlreiche Controllinginstrumente, die
Unternehmen der chemischen Industrie
nutzen können, um ihr Potenzial zur Mes-
sung und Beherrschung der Volatilität voll
entfalten zu können.
Derzeit verfügen die
Unternehmen über gut ausgeprägte Basis-
fähigkeiten im Volatilitätsmanagement, die
durch eine gezielte Weiterentwicklung von
relevanten Controllinginstrumenten soweit
ausgebaut werden können, dass die Volatilität
im Umfeld der chemischen Industrie be-
herrschbar wird.
Unter den notwendigen Fähigkeiten zur Be-
herrschung der Volatilität ist bei den Unterneh-
men der deutschen Chemieindustrie die
Anti-
zipationsfähigkeit am besten ausgeprägt.
Die befragten Unternehmen weisen eine hohe
Antizipationsfähigkeit auf und verwenden einen
Großteil der relevanten Controllinginstrumente
in diesem Bereich. Jedoch stehen den Unter-
nehmen mit der Erweiterung der Informations-
lieferkette und der Einführung eines rollieren-
den Forecasts noch weitere essentielle Instru-
mente zur Verfügung, um die Antizipations-
fähigkeit zu erhöhen. Unter den befragten
Unternehmen lässt die
Anpassungsfähigkeit
noch den größten Spielraum zur Verbesse-
rung
im Rahmen des Volatilitätsmanagements.
Derzeit verfügen die Unternehmen nur über
eine geringe Flexibilität bei Kapazitätsanpas-
sungen und beim Einsatz ihrer Mitarbeiter. Auf
die Verwendung einer flexiblen Preisgestaltung
wird aufgrund von strategischen Vorgaben bis-
lang weitestgehend verzichtet, sodass die An-
passungsfähigkeit nicht nur auf Beschaf-
fungs-, sondern auch auf Absatzmärkten
Raum für Verbesserungen lässt. Im Hinblick
auf die Widerstandsfähigkeit ergibt sich ein ge-
mischtes Bild, sodass davon ausgegangen
werden kann, dass die befragten Unternehmen
eine
ausreichende Widerstandsfähigkeit
aufweisen, aber gleichzeitig über Verbesse-
rungspotenziale verfügen. Als Beispiel dafür
kann die Diversifikation der Geschäftsfelder
genannt werden, die bislang aus strategischen
Gründen meist abgelehnt wird.
Aufgrund der für das Volatilitätsmanagement
relevanten Instrumente
empfiehlt es sich,
diese Aufgabe im Funktionsbereich des
Controllings, insbesondere im dortigen Ri-
sikomanagement einzugliedern.
Insbeson-
dere der proaktive Charakter des Risikoma-
nagements im Hinblick auf Aktivitäten zur Mini-
mierung und Kontrolle von Risiken kann bei
Unternehmen der chemischen Industrie ein
Bewusstsein dafür schaffen, dass die bloße
Identifikation ungewollter Veränderungen durch
eine gut ausgeprägte Antizipationsfähigkeit
nicht ausreicht, sondern darüber hinaus durch
konkrete Maßnahmen Flexibilität geschaffen
werden muss, um angemessen auf Volatilität
reagieren zu können. Derzeit wirken sich insbe-
sondere die geringe Flexibilität in Bezug auf die
kurzfristigen Produktionskapazitäten und der
hohe Spezialisierungsgrad der Mitarbeiter ne-
gativ auf die Antizipationsfähigkeit von Chemie-
unternehmen aus. Um diesen Problemberei-
chen entgegenzuwirken und somit die Antizipa-
tionsfähigkeit von Chemieunternehmen nach-
haltig zu verbessern, empfehlen sich einerseits
eine bedarfsgerechte Anpassung der Produkti-
onsanalagen und andererseits die Etablierung
von Multi-Skilling und Job-Rotation-Ansätzen.
Literatur
Horváth, P. (2012). Volatilität als Effizienztrei-
ber des Controllings, in: Zeitschrift für Control-
ling & Management, Jahrgang 56, Sonderheft
3, S. 31-36.
Internationaler Controller Verein (2014). Vor-
sprung vor Boom und Krise. Das Controlling
volatilitätsfest gestalten!
Schäffer, U./Botta, J. (2012). Hilfe, die Welt ist
volatiler geworden! Implikationen für das Cont-
rolling, in: Zeitschrift für Controlling & Manage-
ment, Jahrgang 56, Sonderheft 2, S. 8-12.
Verband der Chemischen Industrie e.V.
(2014). Der Chemiestandort Deutschland ver-
liert Wettbewerbsfähigkeit, Pressemitteilung
vom 26.09.2014, Frankfurt.
Fußnoten
1
Verband der Chemischen Industrie, 2014, S. 1f.
2
Internationaler Controller Verein, 2013, S. 4.
3
Horváth, 2012, S. 33.;
4
Schäffer/Botta, 2012,
S. 9f.
Autoren
Prof. Dr. Christof Schimank
ist Partner und Mitglied des Vorstands bei Horváth & Partners
Management Consultants in Stuttgart. Zusätzlich ist er Hono-
rarprofessor für Controlling & Innovation am Strascheg Insti-
tute for Innovation and Entrepreneurship (SIIE) der EBS Uni-
versität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel.
Philipp Thiele
ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand im For-
schungsschwerpunkt Controlling & Innovation am Strascheg
Institute for Innovation and Entrepreneurship (SIIE) der EBS
Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel.
Christian Briem
ist Consultant im Competence Center Controlling & Finance bei
Horváth & Partners Management Consultants in Frankfurt/Main.
Zusätzlich ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand
im Forschungsschwerpunkt Controlling & Innovation am
Strascheg Institute for Innovation and Entrepreneurship (SIIE)
der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel.
Ist Volatilität beherrschbar?
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