CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 43

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Die Volatilität im Unternehmensumfeld hat in
den vergangenen Jahren deutlich zugenom-
men. Von diesem Trend ist auch die chemische
Industrie betroffen. Unternehmen der chemi-
schen Industrie mussten nicht nur während der
Finanzkrise Absatzrückgänge verkraften, son-
dern auch in der jüngsten Vergangenheit mit
negativen Auswirkungen volatiler Märkte um-
gehen. Dabei führen insbesondere
schwan-
kende Energie- und Rohstoffkosten sowie
volatile Wechselkurse
zu einer Beeinträchti-
gung der Wettbewerbsfähigkeit des Chemie-
standorts Deutschland.
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Volatilität – Ein zunehmendes
Problem für die chemische
Industrie
In Übereinstimmung mit der
Definition
des ICV
verstehen wir unter Volatilität im Unterneh-
menskontext „die eingetretene und erwartete
Schwankungsbreite und -häufigkeit der für Un-
ternehmen relevanten externen und internen
wirtschaftlichen Parameter, deren Ablaufmus-
ter schwer prognostizierbar sein können.“
2
Da-
rauf aufbauend umfasst das Volatilitätsma-
nagement alle strategischen und operativen
Ziele und Maßnahmen, die ein Unternehmen
gegen Schwankungen von relevanten wirt-
schaftlichen Parametern auf Absatz- und Be-
schaffungsmärkten in der Form wappnen, dass
der wirtschaftliche Erfolg nachhaltig gewähr-
leistet bleibt. Maßnahmen des Volatilitätsma-
nagements dienen somit beispielsweise zur Ab-
sicherung von negativen Effekten aus Schwan-
kungen in Zusammenhang mit der Konjunktur
oder Rohstoffpreisen.
Vor dem Hintergrund der erheblichen Heraus-
forderungen
der zunehmenden Volatilität
für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher
Chemieunternehmen
stellt sich die Frage,
wie das Management die wahrgenommene
Volatilität messen, beherrschen und vermei-
den kann?
Strategien für ein effektives
Volatilitätsmanagement
Um diese Fragen zu beantworten, wurde von
den Autoren ein Konzept zum Management von
Volatilität entwickelt, das an einer praxisorien-
tierten Studie in der chemischen Industrie er-
probt wurde. Das
Konzept zum Manage-
ment der Volatilität basiert auf
den drei
grundlegenden Kompetenzen,
Volatilität
frühzeitig zu erkennen, schnell auf sie zu
reagieren und langfristig gegen sie resis-
tent sein zu können
. Diese Fähigkeiten sind
eng mit dem effektiven und effizienten Einsatz
von unterschiedlichen Controllinginstrumen-
ten verknüpft und verfolgen die Zielstellung
die Antizipations-, Anpassungs- und Wider-
standsfähigkeit zu erhöhen. Die Ergebnisse
der Studie weisen darauf hin, dass sich deut-
sche Chemieunternehmen in Bezug auf ihre
Ausprägung der Antizipations-, Anpassungs-
und Widerstandsfähigkeit teilweise deutlich
voneinander unterscheiden.
Die
übergeordnete Zielstellung des Volatili-
tätsmanagements besteht in der Beherr-
schung von Schwankungen relevanter wirt-
schaftlicher Parameter
, um negative Konse-
quenzen aus deren Veränderungen vom Unter-
nehmen fernzuhalten. Um dieser Anforderung
gerecht zu werden, reicht das frühzeitige Erken-
nen von Volatilität nicht aus. Zusätzlich müssen
deutsche Chemieunternehmen proaktiv gegen
ungewollte Schwankungen auf den Beschaf-
fungs- und Absatzmärkten vorgehen, indem in
relevanten Bereichen, wie beispielsweise den
Energie- und Rohstoffkosten, Vorkehrungen zur
Absicherung gegen die Volatilität getroffen wer-
den. Zur Erhöhung der Resistenz gegen Volatili-
tät besteht für deutsche Chemieunternehmen
die Möglichkeit, Risiken in Zusammenhang mit
der Volatilität langfristig durch strategische Initi-
ativen zu verringern. Hierbei können Diversifika-
tionsstrategien oder Kooperationsmodelle als
geeignete Instrumente dienen, um die Unab-
hängigkeit in Bezug auf besonders volatile wirt-
schaftliche Parameter zu verringern.
Um das übergeordnete Ziel des Volatilitätsma-
nagements zu erreichen, baut das Konzept
zum Management der Volatilität darauf auf, die
dafür benötigten Fähigkeiten des Unterneh-
mens in drei Bereichen zu optimieren (siehe
Abbildung 1).
Zu den
relevanten Fähigkeiten zählen die
Antizipations-, Anpassungs- und Wider-
standsfähigkeit
, welche die folgenden Eigen-
schaften aufweisen:
·
Antizipationsfähigkeit: Identifikation
und Messen der Volatilität
·
Anpassungsfähigkeit: Flexibilität,
angemessen auf Volatilität zu reagieren
·
Widerstandsfähigkeit: Unempfindlichkeit
gegenüber Volatilität
Die
zunehmende Volatilität im Unterneh-
menskontext hat weitreichende Auswir-
kungen auf das Controlling.
Um Manager
im volatilen Umfeld mit relevanten Informatio-
nen zu versorgen, muss eine verstärkte Kon-
zentration auf entscheidungsrelevante Infor-
mationen erfolgen, eine Vereinfachung des
Steuerungssystems vorgenommen, eine Be-
schleunigung der Informationsversorgung
vollzogen und die Flexibilität in der Berichter-
stattung erhöht werden. Damit das Controlling
diesen vielfältigen Anforderungen gerecht
werden kann, bedarf es einer Effektivitäts-
und Effizienzsteigerung.
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Neben den prozess- und organisationsbezoge-
nen Veränderungen, die mit der Effektivitäts-
und Effizienzsteigerung im Controlling einher-
gehen, dient die Notwendigkeit Volatilität zu be-
herrschen auch als treibende Kraft zur Weiter-
entwicklung der Controllinginstrumente. So
kommen bei Unternehmen in einem volatilen
Eine Praxisstudie zur Effektivität
des Volatilitätsmanagements
von Christof Schimank, Christian Briem und Philipp Thiele
CM Juli / August 2015
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