CONTROLLER Magazin 4/2015 - page 25

23
Biel:
Können wir daraus mit aller Vorsicht einen
Schluss ziehen?
Amann/Geissbühler:
Die in diesem Zusam-
menhang im elektronischen Bundesanzeiger
nach § 37q Abs. 2 Satz 1 WpHG veröffentlich-
ten Fehlerfeststellungen deuten tatsächlich in
einem nicht unwesentlichen Umfang eher dar-
auf hin, dass die relevanten Entscheidungsträ-
ger
diese Informationen tendenziell eher
nicht machen wollten
1
, als dass diese Er-
kenntnisse zum Zeitpunkt der Erstellung des
(Konzern-) Lageberichts nicht vorlagen bzw.
schlicht und ergreifend versehentlich verges-
sen wurden.
Biel:
Haben wir hier ein Wollensproblem oder
eher eine Komplexitätsfalle?
Amann/Geissbühler:
Wir haben ein Problem,
denn nach vielfacher Auffassung sollte eigent-
lich auch die Sicherstellung der Vollständigkeit
der Angaben im (Konzern-) Anhang von der Pra-
xis durch im Internet von jeder Big Four Wirt-
schaftsprüfungsgesellschaft kostenlos zum
Download zur Verfügung gestellten Checklisten
und Musterkonzernabschlüssen gut zu bewälti-
gen sein. Oftmals stellt sich hier aus unserer
Sicht aber die Frage, welchen Nutzen Checklis-
ten im Umfang von zwischenzeitlich nahezu 200
Seiten (mit steigender Tendenz) stiften,
wenn
man die Hälfte der Fragen nicht versteht
oder zumindest nicht umfassend in den Ge-
samtkontext der Standards und der dahin-
ter stehenden Ratio einordnen kann
.
2
Exem-
plarisch seien hierbei die opulenten Angaben zu
Finanzinstrumenten nach IFRS 7 genannt.
Biel:
Könnte es möglicherweise ein Kalkül
geben? Können Sie uns dies augenzwinkernd
kommentieren?
Amann/Geissbühler:
Ja, wir haben bereits
weiter oben erwähnt: „More rules, more fees“
oder „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“
passt auch hier.
Biel:
Sollten wir in diesem Zusammenhang auch
einen Blick auf die
ESMA
(Europäische Wert-
papier- und Marktaufsichtsbehörde) werfen?
Amann/Geissbühler:
Eindeutig „Ja.“ So
wurden doch im Herbst 2014 von der ESMA
erstmals europaweit einheitliche Prüfungs-
schwerpunkte festgelegt, die von den nationa-
len Enforcementeinrichtungen, in Deutschland
Rechnungslegung nach IAS/IFRS – besser
oder anders?
Interview mit Thomas Amann, WP, StB, CPA und Prof. Beat Daniel
Geissbühler, Berner Fachhochschule
Von Alfred Biel
Teil – 2 –
CM Juli / August 2015
1...,15,16,17,18,19,20,21,22,23,24 26,27,28,29,30,31,32,33,34,35,...116
Powered by FlippingBook