Wirtschaft und Weiterbildung 1/2018 - page 14

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wirtschaft + weiterbildung
01_2018
PERSPEKTIVENWECHSEL.
Die drei Freunde Bart
Bouman, David Stumpp und Jakob von Gizycki aus
Überlingen trampten vom Bodensee an die französische
Atlantikküste. Abwechselnd hatte immer einer die Augen
verklebt, die Ohren verstopft oder durfte nicht sprechen.
Herausgekommen ist der mehrfach ausgezeichnete
Dokumentarfilm „Drei von Sinnen“.
Die „Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft“, die eben-
falls in Überlingen ansässig ist, lud zwei der drei Hauptdarstel-
ler des Films „Drei von Sinnen“ ein, auf ihrem diesjährigen
Symposium
fzu-
treten. Die Botschaften, die die beiden Extremurlauber verkün-
deten, drehten sich um
• das Verlassen der Komfortzone (Man muss mutig sein, um
die Welt der Sinne zu entdecken.)
• die Kunst der Improvisation (Man braucht neue Ideen,
damit Kommunikation, Führung und Konfliktlösung unter
erschwerten Bedingungen gelingen.)
• den Mut zum Experimentieren (Eine spontane Idee wurde
schließlich zum erfolgreichen Kinofilm.)
Lucia Sauer Al-Subaey, Geschäftsführerin der Akademie, inter-
viewte Bart Bouman und David Stumpp und entdeckte viele
Parallelen zur modernen Führungskräfteentwicklung.
Ihr habt Euren Film ja schon oft in Kinos und auf Festivals
gezeigt. Heute standet Ihr vor einem besonderen Publikum:
Vor Personalentwicklern, Trainern und Coachs. War das etwas
Besonderes für Euch?
Bart Bouman:
Ja, ganz gewiss. Und ganz ehrlich: Wir waren
auch sehr nervös. Wir waren uns nicht ganz sicher, ob und
wie interessant unser Experiment und unsere Erfahrungen für
Menschen mit Fokus auf Unternehmen und Organisation sein
können.
Foto: Filmplakat
Ein Dokumentar­
film als Inspiration
für Trainer
Führungskräfte kennen aus ihren Seminaren den „Blind Walk“
als besonders intensive Übung: Jeder Teilnehmer führt eine
andere Person, die die Augen verbunden hat, für ein paar
Minuten durch den Raum. Da kann man viel erleben und
spüren. Ihr habt dieses Erlebnis immens gesteigert: Jeder von
Euch hatte ein Handicap …
David Stumpp:
Ja, inspiriert durch das fernöstliche Bild der drei
Affen: Nichts sagen, nichts hören, nichts sehen. Wir wollten
herausfinden, was die eingeschränkte Wahrnehmung mit uns
macht. Wie gehe ich damit um, auf andere angewiesen zu
sein? Zu helfen, obwohl ich selbst Hilfe brauche?
Euer Film zeigt ungeschminkt, wie sehr Eure Freundschaft
durch die Extremsituation außerhalb der Komfortzone
belastet wurde. Die schwierige Kommunikation führte immer
wieder zu Missverständnissen und schließlich zum handfesten
Streit ...
Bouman:
Meistens ging es dabei ums Essen. Wenn man eine
Zeit lang nichts sehen kann, wird Essen viel, viel wichtiger.
Und weil ich nicht sehen konnte, wie viel auf dem Teller lag,
war ich nie richtig satt. Mit wachsendem Hunger wurde eine
Frage lauter: Bekomme ich wirklich den Anteil, der mir zu-
steht?“ Vor der Reise hätte ich nicht gedacht, wie schnell man
zu Verschwörungstheorien neigen kann. Meine Freunde, die
sehen konnten, konnten dieses Problem nicht nachvollziehen.
Schließlich haben sie mir ja immer die größte Portion gegeben.
„Drei von Sinnen“.
Bart Bouman, Jakob von
Gizycky und David Stumpp (von links) zeigen
auf diesem Foto die wesentlichen
Einschränkungen, mit denen sie sich
abwechselnd herumschlagen mussten.
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